Die 5 wichtigsten Technologietrends

5G, Plattformökonomie, Blockchain, Logistik 4.0 und Künstliche Intelligenz: Warum Sie jetzt handeln müssen.

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Die 5 wichtigsten Technologietrends
Lesezeit: 16 Min.
Von
  • Bernd Müller
Inhaltsverzeichnis

5G ist der erste Mobilfunkstandard, der eigens auf die Bedürfnisse der Industrie zugeschnitten ist. Doch erst müssen die Netze aufgebaut werden.

Am 19. März hat die Bundesnetzagentur den Startschuss für die Versteigerung der Frequenzen des neuen Mobilfunkstandards 5G gegeben. Während Anbieter von 5G-Technologie in Asien vor allem auf Endkunden als Nutzer setzen und in den USA als Alternative zu Festnetzanschlüssen, wartet in Deutschland vor allem die Industrie ungeduldig auf den neuen Standard. Die schnelle Datenkommunikation mittels 5G wird zum zentralen Hebel für die immer stärkere Automatisierung und effizientere Produktionsprozesse. "Fahrerlose Transportsysteme, mobile Werkzeuge, Roboter oder auch die Mensch-Maschine-Kollaboration funktionieren nur mit einer hochleistungsfähigen Funktechnologie", erläutert Klaus Fuest, Chefanalyst bei Roland Berger.

"Wenn wir nicht schnell genug sind, verlieren wir bei Industrie 4.0 einen wichtigen Technologiebereich", warnt auch Prof. Detlef Zühlke, Vorstandsvorsitzender der SmartFactoryKL. Die Forschungsfabrik hat bereits einige Anwendungen basierend auf 5G gezeigt. Unter anderem eine Sicherheitsabschaltung für einen fahrbaren Roboter oder die perfekte Zeitsynchronisation von zwei Motoren auch wenn das Funknetz überlastet ist. Eine konkrete neue Anwendung sieht Prof. Hans Schotten von der TU Kaiserslautern in Augmented-Reality-Anwendungen. Damit bekommt ein Servicetechniker Informationen in seine Brille eingespiegelt, die ihm genau die Handgriffe zeigen. "Er muss nicht 1000 Seiten starke Handbücher wälzen, sondern findet sich schnell in komplexen Szenarien zurecht", so Schotten.

Eine wichtige Neuerung von 5G gegenüber bisherigen Mobilfunkstandards ist die Option für Unternehmen, Gemeinden oder kleine Telko-Anbieter, eigene lokal begrenzte Netze zu installieren, zum Beispiel auf einem Uni-Campus oder in einer Fabrik, um Sensoren und Aktoren zu vernetzen. Dazu wird die Bundesnetzagentur zusätzliche Frequenzen bei 3,7 bis 3,8 GHz sowie 26 GHz bereitstellen. Ob dies reichen wird, ist jetzt schon umstritten. Interessant ist diese Option für die Landwirtschaft (Smart Farming). Nutztiere erhalten Sensoren, die mit Melk- und Futtersystemen verbunden sind. Oder autonome Feldroboter bekommen Anweisungen in Abhängigkeit von Wetter- und Umweltparametern.

Empfehlung: Im Moment ist der Handlungsdruck gering. Unternehmen sollten sich aber bereits Gedanken machen, wie sie 5G nutzen können, denn schnell wird es neue Services rund um 5G geben.

(Bild: Quelle: Roland Berger)

Nicht alles selbst machen, sondern mit Partnern – das ist die Idee der Plattformökonomie. Marktplätze und vor allem IoT-Plattformen sind die Grundlage für neue Geschäftsmodelle.

Die Veranstaltungen des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau sind so etwas wie ein Gradmesser für die Themen, die die Branche umtreiben. Der Verband stellt mehrere Themen zur Auswahl und die Mitglieder können entscheiden, zu welchen sie Referenten einladen möchten. In letzter Zeit immer ganz oben auf der Wunschliste: Plattformökonomie. Für Plattformen wie Uber oder AirBnB interessiert sich zunehmend auch der Maschinenbau. Denn deren Idee ist bestechend: Uber hat keine Autos, AirBnB keine Hotelzimmer und trotzdem vermitteln diese Plattformen Mitfahrgelegenheiten und Übernachtungen. So etwas müsste auch im Maschinenbau möglich sein, glaubt der Verband. Und tatsächlich gibt es bereits gute Beispiele, wie so etwas funktionieren könnte.

Noch herrscht aber vielerorts Verwirrung, was eine Plattform überhaupt ist. Grundsätzlich gibt es zwei Ausprägungen: Handelsplattformen wie Mercateo, Wer-liefert-was, Amazon Business, Alibaba oder Branchenplattformen wie Tapio für die holzverarbeitende Industrie, über die Unternehmen Produkte und Services wie Logistik oder Finanzierung anbieten und einkaufen können. "Diese Marktplätze werden unterschätzt", findet Volker Schnittler, Experte für Plattformökonomie beim VDMA. Der Grund: Themen wie Industrie 4.0 oder Plattformökonomie seien von den Automatisierern gekapert worden. Dabei hätten diese Themen so viel mehr zu bieten.

Zum Beispiel die zweite Ausprägung, die Internet-der-Dinge-(IoT)Plattformen wie Siemens Mindsphere oder Adamos. Vor allem dort werden neue Geschäftsmodelle entstehen, zuerst rund um die Killeranwendung Predictive Maintenance. Manche Unternehmen beschäftigen sich damit schon seit Jahren, etwa Kaeser, das in seine Kompressoren Module einbaut, die Betriebsdaten übermitteln. Durch den Vergleich dieser Daten mit Reparaturfällen hat das Unternehmen gelernt, Ausfälle vorherzusagen. So kann das Unternehmen die Wartung eines Druckluftkompressors in einer Klinik auf das Wochenende planen, wenn die Operationssäle seltener belegt sind. Damit hat sich auch das Geschäftsmodell geändert. Statt Kompressoren verkauft Kaeser seinen Kunden heute das Produkt Luft.

Das geht auch auf offenen Plattformen wie Mindsphere, die eine gute Basis für neue Geschäftsmodelle sind. Volker Schnittler vergleicht sie mit einem Haus: "Man mietet sich eine Wohnung und hat Strom, Heizung und den Lift dabei." Und man kann sich mit anderen Mietern austauschen. Zum Beispiel über neue Betreibermodelle. Statt eine Fräsmaschine zu kaufen, bezahlt der Kunde nur noch die darauf produzierten Teile, die Maschine bleibt im Besitz des Herstellers, der dazu unterschiedliche Preismodelle anbietet. So kann der Maschinenhersteller eine Fünfachs-Fräsmaschine installieren, der Kunde bucht aber nur die Funktionen einer Dreiachs-Maschine und bezahlt entsprechend weniger. Kommt doch mal ein Auftrag herein, der eine Fünfachs-Bearbeitung erfordert, kann der Kunde diese Funktion für eine definierte Zahl von Teilen gegen einen Aufpreis freischalten lassen. Eine Hürde ist, dass die Kunden ungern Informationen über Produktionsprozesse an einen Dienstleister geben wollen. "Die Anbieter müssen Vertrauen schaffen", rät Schnittler, aber wenn der Nutzen deutlich werde, würden sich die Unternehmen darauf einlassen.

Der beste Zeitpunkt, die Plattformökonomie auszuprobieren, sei jetzt, empfiehlt Schnittler. "Es gibt aber keinen Anlass zur Eile, im Maschinenbau ist die Disruptionsgefahr nicht so hoch." Eine Herausforderung sieht der VDMA-Experte in der Unternehmenskultur. Die eigene Ingenieurskunst werde weniger wichtig, dagegen steige die Bedeutung von Kooperationen. Schnittler zieht Parallelen zur Automobilindustrie. Wer Autos baut, muss nicht auch Tankstellen betreiben oder Straßen asphaltieren. Auch in der Plattformökonomie ergibt sich der Mehrwert für den Kunden aus einem Kanon an Leistungsmerkmalen, die von Partnern kollegial erbracht werden. Auch wenn die Branche sehr wertkonservativ sei, so Volker Schnittler, "die Bereitschaft ist da und es gibt bei unseren Mitgliedsunternehmen viele Ideen".

Empfehlung: Mit B2B-Marktplätzen sollten sich Unternehmen zügig befassen. Auch IoT-Plattformen sind ausgereift und erlauben den Einstieg in überschaubare Geschäftsmodelle wie vorausschauende Wartung.

(Bild: Quelle: IZA)