Handelsstreit: Hängen die USA sich selbst ab?

Handelsschiff (im Hamburger Hafen) Bild: Julius Silver/CC0

Die Vereinigten Staaten könnten sich mit ihrer kurzsichtigen Handelspolitik vom neuen Gravitationszentrum der Weltwirtschaft abkoppeln

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Die Meinungsverschiedenheiten zwischen den USA und China über Fragen des Marktzugangs, des Technologietransfers und der unausgeglichenen Handelsbilanz halten an. Die USA haben bereits im vergangenen Jahr Zölle auf einen Teil der chinesischen Importe verhängt und drohen eine Ausweitung an, China hat seinerseits mit beschränkten Vergeltungsmaßnahmen geantwortet. In den nächsten Monaten soll in Gesprächen eine Lösung gesucht werden. Einfach wird es nicht werden.

Derweil sieht der singapurische Autor und Gründer der Beraterfirma FutureMap Parag Khanna den Handelskonflikt zwischen den beiden Schwergewichten als Ergebnis einer sich verändernden Dynamik in den internationalen Beziehungen. Von dem Streit würden vermutlich vor allem die ASEAN-Staaten und die EU profitieren. Er sei Ausdruck der Verlagerung des Schwerpunkts der Weltwirtschaft nach Asien, meint Khanna in der in Hongkong erscheinenden South China Morning Post.

In der Summe seien Chinas Nachbarn bereits dessen größter Handelspartner. Wie Japan und Südkorea würde die Volksrepublik einen Teil seiner verarbeitenden Industrie nach Südostasien verlagern. Motive seien verbesserter Marktzugang und die steigenden Löhne im Inland.

Diese Entwicklung ist relativ neu. Noch um die Jahrtausendwende lebten die südostasiatischen Staaten vor allem vom Handel mit den USA, Westeuropa und Japan. Die wirtschaftliche Integration sowohl untereinander als auch mit dem großen Nachbarn im Norden war dagegen minimal. Nach der großen Asienkrise kamen die Länder nur daher so schnell wieder hoch, weil in den alten Industriestaaten die Konjunktur brummte und die Nachfrage nach Importen aus Asien groß war.

Doch inzwischen haben sich die Gewichte erheblich verschoben. Bis 2015 hatte sich der Handel der ASEAN-Staaten deutlich diversifiziert. An erster Stelle stand mit 24 Prozent der Warenaustausch innerhalb der zehn Mitglieder umfassenden südostasiatischen Staatengruppe, gefolgt von China (15,2 Prozent), Japan (10,5 Prozent) und der EU (10 Prozent). Erst an fünfter Stelle folgt die USA mit 9,4 Prozent.

Künftig könnte diese sogar noch weiter zurück fallen, so Khanna. Durch den Rückzug aus dem transpazifischen Freihandelsabkommen TPP drohe die USA sich vom neuen eurasischen Zentrum der Weltwirtschaft abzukoppeln. Ein Sieg in der Geopolitik sei eben nicht gleichbedeutend mit einem Sieg in der weltweiten Handelspolitik.