Linux-Entwickler Christoph Hellwig beendet GPL-Rechtsstreit gegen VMWare

Nach über vier Jahren erfolglosen Prozessierens gegen VMWare wegen GPLv2-Lizenzverstößen wirft Hellwig das Handtuch. Als Verlierer geht er aber nicht.

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Linux-Entwickler Christoph Hellwig beendet Rechtsstreit gegen VMWare

(Bild: succo)

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Der langjährige Linux-Kernel-Entwickler Christoph Hellwig hat angekündigt, seinen Rechtsstreit gegen VMWare zu beenden. Das Oberlandesgericht Hamburg hatte seine Klage gegen das US-amerikanische Softwareunternehmen im Berufungsverfahren als unbegründet abgewiesen.

Nun teilte Hellwig mit, keine weiteren Rechtsmittel einlegen zu wollen. Er habe sich über diese Entscheidung zuvor mit seinem Rechtsbeistand und mit der Software Freedom Conservancy (SFC) beraten – einer gemeinnützigen US-Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Rechte der Kernel-Entwickler zu schützen. In diesem Zusammenhang bedankte sich Hellwig auch für die finanzielle und technische Unterstützung der SFC sowie den Zuspruch von Linux-Entwicklern und weiteren Organisationen wie etwa der Free Software Foundation (FSF) und der Free Software Foundation Europe (FSFE).

Damit geht ein Rechtsstreit zuende, der bereits seit März 2015 lief: Damals hatte Hellwig VMWare zunächst vor dem Hamburger Landgericht verklagt. Hellwig besitzt für Teile des Kernel-Codes die Urheberrechte. Er forderte von VMWare die Offenlegung des Quellcodes des VMKernel-Moduls (vmkernel) seines Typ-1-Hypervisors vSphere ESXi 5.5.0. vmkernel ermöglicht über die ESXi -Komponente vmklinux die Verwendung von Linux-Treibern. vmklinux wiederum enthält Linux-Kernelcode und wird von VMware gemäß den Bestimmungen der General Public License 2 (GPLv2) zusammen mit dem Quellcode ausgeliefert.

Hellwig argumentierte, dass vmkernel und vmklinux nicht unabhängig voneinander nutzbar seien und deshalb auch erstere (Closed-Source-)Komponente unter GPLv2 lizensiert und somit offengelegt werden müsse. Alternativ müsse VMWare den Linux-Code aus dem Hypervisor entfernen, da aktuell ein Urheberrechtsverstoß vorliege.

VMWare widersprach Hellwigs Ausführungen: vmkernel sei ein eigenständiges Werk, das auch ohne vmklinux-Modul nutzbar sei, und enthalte keinen Code des Linux-Kernels. Daher bestehe keine Verpflichtung, dieses Kernprodukt des Unternehmens unter GPL offenzulegen. Im August 2016 wies das Landgericht Hellwigs Klage zurück.

Er ging daraufhin vor dem OLG Hamburg in Revison. Aber auch das OLG wies die Klage Ende Februar dieses Jahres zurück: Hellwig habe nicht ausreichend nachweisen können, dass der Linux-Code, an dem Hellwig ein Bearbeiterurheberrecht geltend machte, auch wirklich in das vmkernel-Modul eingeflossen sei. Der Richter des OLG hatte bei dieser Gelegenheit eine außergerichtliche Einigung angeregt, zu der es jedoch nicht kam.

Als Verlierer sieht sich Hellwig trotzdem nicht – denn VMWare macht tatsächlich Anstalten, die GPL-Verstöße künftig zu unterlassen. Am 4. März 2019 kündigte VMWare an, vmklinux aus kommenden Versionen seines Hypervisors zu entfernen. Diese Entscheidung habe, so VMWare, nichts mit den Rechtsstreitigkeiten zu tun; im Gegenteil werde diese Entwicklung schon seit längerem vorangetrieben. Das Unternehmen hoffe, dass die gerichtliche Auseinandersetzung nun ein Ende habe und betonte ausdrücklich seine "starke Unterstützung" für die Open-Source-Community.

Unzufriedenheit äußert Hellwig in seiner Pressemitteilung hingegen über die Tatsache, dass sich das OLG wie zuvor schon das Landgericht inhaltlich gar nicht mit seinen Vorwürfen auseinandergesetzt habe. Die Anforderungen bezüglich der vor Gericht zu erbringenden Nachweise seien außerordentlich hoch und für freie Softwareentwickler kaum zu bewältigen.

Auch die SFC veröffentlichte ihrerseits ein Statement zu Hellwigs Entscheidung. Die Organisation betont darin unter anderem, dass die Abmahn-Aktivitäten des Linux-Entwicklers Patrick McHardy vor deutschen Gerichten einen "unglücklichen Kontext" für Hellwigs Klage geschaffen hätten. McHardy hatte Anfang dieses Jahres den Elektronik-Hersteller Geniatech wegen angeblichen GPL-Verstöße auf Schadensersatz verklagt. McHardy gilt als Reizfigur in der Linux-Szene, und nicht nur die SFC unterstellt ihm, mehr aus Profitgier denn aus Überzeugung zu handeln. Seine Aktivitäten hätten bei deutschen Gerichten zu unangemessenem Misstrauen gegenüber GPL-Klagen geführt.

Update 03.04.19, 16:09: Inhaltliche Korekturen bezüglich des Gegenstands der Klage. (ovw)