CCC-Sprecher wirft Schily Vorbereitung eines Angriffskriegs vor

CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn will prüfen lassen, ob eine Strafanzeige gegen den Bundesinnenmister Aussicht auf Erfolg hat.

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  • Monika Ermert

Andy Müller-Maguhn vom Chaos Computer Club (CCC) hält eine Strafanzeige gegen Bundesinnenminister Otto Schily wegen der Vorbereitung eines Angriffskriegs für die richtige Antwort auf dessen Cyberwar-Überlegungen. Dies sagte der CCC-Sprecher bei einer Tagung zum Thema Online-Recht am Wochenende. In seiner Rede richtete Müller-Maguhn einen Appell an die anwesenden Juristen, ihn bei der Prüfung zu unterstützen, ob eine Anzeige Aussicht auf Erfolg habe. Der deutsche Bundesinnenminister hatte in einem Interview mit der Washington Post angekündigt, dass er Websites mit Nazi-Propaganda durch DoS-Attacken bekämpfen will.

Das nach heftigen Diskussionen in der deutschen Öffentlichkeit vom Bundesinnenministerium veröffentlichte, halbherzige Dementi reicht Müller-Maguhn als Klarstellung nicht aus. In der Presseerklärung des BMI heißt es weiterhin, man wolle mit allen "rechtlich und technisch zulässigen" Mitteln gegen solche Seiten vorgehen. "Was bitte sind denn technisch zulässige Mittel?", fragte Müller-Maguhn die auf Einladung der Organisation "Juramail" (www.juramail.de) versammelten Nachwuchsjuristinnen und -juristen. Technisch zulässig sei, was funktioniert, und das sei eine ganze Menge.

Möglicherweise findet die Idee einer Klage ja Unterstützung in der FDP, die sich wegen der Cyberattacken kürzlich mit einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung gewandt hatte. In der recht scharf formulierten Anfrage verlangt man eine Antwort darauf, ob die Regierung die Sorge teile, "daß Deutschland mit solchen Methoden ein Beispiel auch für Extremisten im In- und Ausland geben könnte, die ihrerseits zentrale Rechner in Deutschland vermittels dieses Verfahrens empfindlich stören könnten?" Auch über mögliche Reaktionen von Seiten der USA möchte die FDP informiert werden. Nicht zuletzt hält man die Abgrenzung strafwürdiger Neonazi-Seiten für ein gewisses Problem.

Müller-Maguhn sagte in Berlin, er sei überzeugt, dass nationale Empfindlichkeiten sich im globalen Netz nicht mehr ausleben ließen. Bei der Podiumsdiskussion forderte er den juristischen Nachwuchs auf, sich zu überlegen, "ob ihr mit den Gesetzen aus vergangenen Jahrhunderten weitermacht und damit eure Miete bezahlt, oder ob ihr an einer neuen Gesellschaft basteln wollt."

Deutlich mehr Bereitschaft von Seiten der Juristen, sich auf technische Fragestellungen einzulassen, verlangte der Stuttgarter Medienrechtsanwalt Patrick Mayer. Manche Gesetze für den Internetzugang seien offensichtlich entstanden, nachdem sich der für den Entwurf zuständige Referent T-Online habe zeigen lassen. "Dabei hat er dann gehört, dass die kreisende Weltkugel auf der Seite das Internet sein soll, und ins Gesetz eine Regelung für die Vermittlung des Zugangs zum Internet hineingeschrieben."

Gänzlich neue Konzepte für die Cyberwelt – etwa auch wie von Müller-Maguhn empfohlen im Bereich des Urheber- und Markenschutzes – hielt die Mehrzahl der Juristen aber nicht für nötig. Müller-Maguhns Traum von der herrschaftsfreien Welt sei im übrigen auch eine alte Klamotte und habe sich schon früher nicht bewährt, sagte der Jurist Michael Germann von der Universität Erlangen.

Juristisch räumten sie auch Müller-Maguhns Kampf gegen die Vorbereitung eines Angriffskrieges vom deutschen Cyberboden auch keine große Erfolgsaussicht ein – Schilys Vorbereitungen seien bisher doch gar zu halbherzig gewesen. (Monika Ermert) (em)