Alleinunterhalter

Test: Tesla Model 3

Der sparsame, kräftige Antrieb und das eigenständige Design lassen das weitgehend konkurrenzlose Model 3 sehr attraktiv erscheinen, doch an einigen Punkten muss Tesla noch arbeiten. Dazu gehört unter anderem auch das Assistenzsystem „Autopilot“

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Tesla Model 3 16 Bilder

(Bild: Christoph M. Schwarzer)

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Atmen einstellen. Kopf an die Stütze. Katapultstart! Das Tesla Model 3 Performance beschleunigt nicht, vielmehr es springt nach vorne: Ohne fühlbaren Schlupf dank Dual Drive geht es in minimal 3,4 Sekunden auf 100 km/h, untermalt vom hellen Sirren des batterieelektrischen Antriebsstrangs. Das ist Schubkraft an der Grenze zur Gewalt – und trotzdem ist das Model 3 im Alltag spielerisch leicht zu fahren. Leise und entspannt. Die Lenkung ist feinnervig und zielgenau, die Federung nicht allzu sportiv. Wer sich gelassen dem Verkehrsfluss überlässt, hat nicht nur ein ausnehmend starkes, sondern auch ein besonders sparsames Elektroauto.

Attraktiver Antriebsstrang

Was das Model 3 so attraktiv macht, ist der Antriebsstrang. Er ist das Alleinstellungsmerkmal dieses Autos, das in seiner Klasse ohne Konkurrenz ist. Model 3 oder nichts. Alternativen von Audi, BMW oder Mercedes? Fehlanzeige. Beim Wunsch nach einer elektrische Kompaktlimousine kommt man am kleinen Tesla nicht vorbei. Zumindest aktuell noch nicht, was sich auf absehbare Zeit ändern wird. Bei BMW arbeitet man intensiv am i4, auf Basis von Volkswagens modularem Elektronikbaukasten (MEB) ist ebenfalls ein ähnlich konzipiertes Serienauto vorstellbar.

An der Hinterachse arbeitet im Model 3 ein 211 kW starker Synchron-Reluktanzmotor. Vorne addiert ein Asynchronmotor weitere 147 kW, woraus sich 358 kW Systemleistung ergeben. Eine kluge Kombination: Die Maschine im Heck hat eine gleichmäßige Kraftentfaltung, ist effizient und benötigt wenig Bauraum. Die an der Vorderachse wiederum leistet mangels Permanentmagneten keinen Widerstand, wenn sie nicht genutzt wird.

Der Strom kommt aus den bekannten 2170er-Zellen, die im Joint-Venture mit Panasonic produziert werden. Das Model 3 wird hierzulande derzeit mit 415, 530 und 560 km Reichweite im WLTP angeboten. Eine offizielle Nettokapazität gibt Tesla nicht an; zahlreiche Messungen gehen von 75 kWh aus. Der Durchschnittsverbrauch im fünftägigen Test lag bei 22,8 kW auf 100 Kilometer. Sie können noch geringere Werte erzielen, die nur knapp über denen der Effizienz-Messlatte Hyundai Ioniq liegen. Viel mehr geht allerdings auch, wenn Sie das provozieren.

Fast so sparsam wie ein Ioniq

Ich habe das Tesla Model 3 Performance an einem Sonntagmorgen auf der Autobahn A1 auf der Strecke von Hamburg nach Bremen gemessen. Zuerst mit exakt 130 km/h. Tesla-Neulinge sollten beachten, dass die Tachoanzeige so gut wie keine Abweichung hat. Wegen der frühen Morgenstunde war wenig Betrieb, und über eine Distanz von 30 Kilometern ergab sich Verbrauch von 20,8 kWh auf 100 km. Ein Topwert, der nur elf Prozent über dem des Hyundai Ioniq (18,7 kWh) liegt und aus dem sich rechnerisch 361 km Reichweite bei Richtgeschwindigkeit ergeben. In der City waren es je nach Verkehrsdichte 15 bis 20 kWh, und der Minimalwert von 13,9 kWh (=540 km Aktionsdistanz) wurde auf einer Bundesstraßentour angezeigt. Das alles wohlgemerkt auf 235er-Winterreifen mit dem Geschwindigkeitsindex W. Der Buchstabe steht für maximal 270 km/h.

Auch das habe ich ausprobiert. Gleicher Tag, gleiches Ziel, Pedal to the Metal. Der Versuch, die Geschwindigkeit nicht unter 220 km/h fallen zu lassen und zeitweise bis zur Spitze (261 km/h) zu treiben, ist über eine Strecke von 34 km weitgehend gelungen. Anders als bei frühen Model S-Versionen sank die Motorleistung zwar langsam ab; eine radikale Reduktion aber fand nicht statt. Neben der Erkenntnis, dass das Fahrwerk für diese Gangart unterdämpft ist, ergab sich ein Verbrauch von 59,4 kWh/100 km.

Irgendwann: Flächendeckend

Am Supercharger in Stuhr angekommen zeigte sich, dass dieser noch nicht mit CCS-Anschlüssen nachgerüstet war. Wenn das flächendeckend der Fall ist, hat kein Elektroauto eine so große Auswahl an Säulen. Denn das Model 3 kann zwar neben den Superchargern an sämtlichen CCS-Standorten laden, was im Test einwandfrei funktionierte. Umgekehrt gibt Tesla aber die CCS-Supercharger nicht oder noch nicht für Fremdfabrikate frei.

Nach dieser Extrembeanspruchung war die Batterie ziemlich erhitzt: Die Ladeleistung lag bei lediglich 40 kW. Das ist nicht erstaunlich. Im weiteren Verlauf war die Flüssigkeitskühlung wirksam; nach rund 200 weiteren Kilometern war die Wohlfühltemperatur wieder erreicht, und an einem Supercharger stieg die Anzeige auf gut 90 kW. Eine einmalige Sache, denn das Laden während dieses Fahrtests war insgesamt nicht perfekt.