Glorifizierung des "weißen Terrors"

Von der rechtsextremen Partei verwendete Illustration zur Legitimation des rechten Terror, die auch vom IS stammen könnte.

Die rechtsextreme Partei "Der III. Weg", die sich von Russland distanziert, tritt bei den Europawahlen an, fordert eine "europäische Eidgenossenschaft" und feiert die rechten "einsamen Wölfe"

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Die Rechtsnationalen, auch die Nationalsozialisten sind im Aufwind. Vielleicht nicht zahlenmäßig, aber doch ideologisch. Zumindest wird Gedankengut verbreitet, das man längst für ausgestorben halten würde. Aber die Rechtsnationalisten haben es seit einiger Zeit mit dem "patriotic turn" bereits geschafft, als die einzige "revolutionäre" Bewegung zu erscheinen, die das "System" aufgrund der Bedrohung durch den "großen Austausch" erneuern will, während die Linke als altbacken und rückwärts gewandt gilt, selbst wenn sie die neuen Aktionsformen vorgegeben hat. Seltsamerweise also sind heute die Wilden die Rechtsextremen, das waren sie freilich schon einmal. Und dass jetzt die Rechten den Schein erwecken, die Systemrevolutionäre und damit das politische Abenteuer gegen den Globalismus zu sein, scheint auch manche Altlinke wie Frank Böckelmann mit Tumult zu ihnen ziehen ("Der Widerstand wächst unabsehbar und unkontrollierbar").

Zur Europawahl tritt auch die Partei "Der III. Weg" an, die vor allem im süddeutschen Raum aktiv ist. Wer beim dritten Weg an die aus dem Blair-Großbritannien in den 1990er Jahren kommende Suche der sozialdemokratischen Parteien nach einem politischen Modell zwischen Sozialismus und Kapitalismus denkt, liegt falsch. Blair hatte damals mit seinen Kollegen Schröder und Jospin die Alternative in der "Neuen Mitte" verortet und einer globalen Finanzwirtschaft die Tür geöffnet.

Die rechtsextreme Partei will zwar auch einen "Deutschen Sozialismus", der irgendwie zwischen "ausbeuterischem Kapitalismus" und "gleichmacherischem Kommunismus" steht und die Verstaatlichung der Schlüsselindustrien in einer "raumgebundenen Volkswirtschaft" anstrebt, ist aber völkisch, rechtsextrem, antisemitisch sowie antimuslimisch, natürlich gegen die "Asylflut" und den "großen Austausch" und direkt angelehnt an den Nationalsozialismus. Sie will, was sie schon im Emblem andeutet, offenbar das dritte Reich wieder schaffen oder weiterführen und auch Großdeutschland wiederherstellen. Ansonsten ist natürlich wie überall viel vom Erhalt der Heimat die Rede.

Nach dem Verfassungsschutzbericht soll die rechtsnationalistische, in "Stützpunkten" organisierte Partei 2016 gerade einmal 350 Mitglieder gehabt haben, 2017 stellte der Verfassungsschutz fest, dass die Strukturen nicht ausgebaut werden konnten. Inzwischen werden es einige Mitglieder mehr sein. Vorstöße der bayerischen Grünen, die Partei zu verbieten, scheiterten bislang am Bundesinnenministerium.

Die Partei, die mindestens mit Gewalt kokettiert und dem verbotenen Freien Netz Süd hervorgegangen ist, hält im Grunde nichts vom Parlamentarismus, nutzt aber die Möglichkeit, als Partei Wahlwerbung mit Plakaten und Ständen machen zu dürfen. Eine "nationale Revolution" hält man für utopisch, die Partei nennt sich dennoch "nationalrevolutionär", ohne das geht es nicht, man will halt nach dem großen Vorbild, Gaulands Vogelschiss, alles zusammen sein: "national, revolutionär, sozialistisch". Und für den "Nationalrevolutionär im Einsatz" gibt es dann auch die vorgeschriebene Kleidung bzw. Uniform. In Rheinland-Pfalz erhielt die Partei 0,1 Prozent der Stimmen. In Bayern trat sie 2018 gar nicht erst zur Landtagswahl an, aber jetzt bei der Europawahl, auch zur Landtagswahl in Sachsen und bei den Kommunalwahlen in Sachsen und Thüringen will man mitmischen oder zumindest die Plakate aufhängen.

Rechtsextreme Pro-Europäer und Putin-Kritiker

Kürzlich machte man darauf aufmerksam, kein Putinversteher zu sein. Damit setzt man sich von vielen rechten Parteien ab. Als Vorbild sieht man das Nationale Korps in der Ukraine, also das bewaffnete Asow-Regiment, das auch mit dem Nationalsozialismus spielt und ebenso wie der Rechte Sektor strikt nationalistisch ist, also weder Russland noch nach dem Westen orientiert ist. 2018 wurde das Nationalni Druschini (National Druzhyna oder Nationales Kommando) gegründet, das als Bürgerwehr auftritt und für "den Schutz der öffentlichen Ordnung, die Verteidigung der Ukraine, den Schutz der kleinen und mittleren Unternehmen" sowie eine "gesunde Lebensweise" zu kämpfen vorgibt.

Russland sei genau das, was man nicht will: ein "Vielvölkerstaat, der zur Brutstätte für radikalisierte Islamisten verkommen ist. Ein Land, in dem Nationalrevolutionäre verfolgt und eingesperrt werden. Ein Staat, mit einer Zweiklassengesellschaft, in dem eine kleine Schicht reicher Oligarchen die Strippen zieht, die eng verfilzt mit der politischen Kaste Russlands um Wladimir Putin ist." Zudem habe das "Judentum im post-sowjetischen Russland eine merkliche Renaissance" erfahren. Gefordert wird ein "unabhängiges starkes Europa - eine europäische Eidgenossenschaft".

Damit tritt man auch zur Europawahl an, schließlich sei man zwar EU-kritisch, aber nicht europafeindlich. Die propagierte Idee ist ein "europäischer Bund" zum "Zweck der Selbstbehauptung", der aber die Souveränität der einzelnen Staaten als "Heimat- und Schutzräume für die darin lebenden Völker" mitsamt ihrer "biologischen Substanz" wahren soll und geprägt sei "von Kultur, Identitätsbewahrung und der Solidarität natürlich gewachsener Völker". Die brauchen dann natürlich eine "Festung Europa". Einzelne Länder seien überfordert, die "europäische Völkervielfalt" vor der Bedrohung" vor allem durch die nicht enden wollende Zuwanderung aus arabischen und afrikanischen Ländern" zu schützen. So will man zwar keine "EU-Diktatur", sondern eine "gemeinsame Außen-, Verteidigungs- und Geopolitik", um sich von den "imperialistischen Bestrebungen der USA und Israels" abzulösen. Der Antisemitismus sitzt tief. Und die neuen Nazis wollen angeblich nur auf eine "friedliche und antiimperialistische Ordnung" und den "Landesbestand unserer Völker" aus sein.

Selbst beim Terror sehen sich die Rechten benachteiligt

Das scheint aber nun doch irgendwie alles zu friedlich zu sein, weswegen gerade mit "Islamischer Terror vs. Einsame Wölfe - 10 Thesen" ein Lob für Attentäter, angeregt durch Christchurch, nachgeliefert wurde. Selbst wenn es um Terrorismus geht, sind nämlich die Rechten mit ihrem "Weißen Terror" gegenüber dem islamistischen Terrorismus benachteiligt. Der islamistische Terrorismus habe nämlich einen "Propagandabonus", der rechte Terror einen "Propagandamalus". Selbst in Gefängnissen gehe es den Islamisten besser als den rechten Terroristen, die dort um ihr Leben fürchten müssten.

Die Islamisten sind jedenfalls die Böseren, sie sind nämlich aktiv auf die Unterwerfung und Vernichtung aus, die "einsamen Wölfe" der Rechten, die nur auf dem "Gebiet weißer Staaten" zuschlagen, seien hingegen lediglich "eine Reaktion auf den stattfinden Prozess der (islamisch dominierten) Umvolkung und dementsprechend reaktiv". Zudem sei der Terror rechten Einzelgänger zwar "brutal, aber rational". Und zum Schluss wird unverhohlen der rechte Terrorismus legitimiert und damit unterstützt, Moral gibt es nicht

"Attentate einsamer Wölfe werden in dem Maße steigen, wie der große Austausch voranschreitet. Die Auflösung stabiler und ethnisch weitgehend homogener Nationalstaaten in multi-ethnische Siedlungsgebiete , die in steigendem Maße von überstaatlichen Gebilden wie der EU regiert werden, ist ein historisch einzigartiges Experiment (Yascha Mounk) mit blutigen Begleiterscheinungen und ungewissem Ausgang. An islamischen Terror mussten wir uns gewöhnen, an weißen Gegenterror müssen wir es auch. Die Frage nach der Moral ist dabei für die Analyse nachrangig. Der Terrorist ist in der Politik, was der Partisan im Krieg ist - auch Terror ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Die moralische Frage nach dem 'wie weit bist Du bereit zu gehen' kann nur persönlich beantwortet werden."