Jan-Erik Rediger: Entwickler aus allen Programmiersprachen kommen zu Rust

Im Gespräch mit heise Developer redet Jan-Erik Rediger über die Bedeutung der Community und über Anwendungsfelder, für die Rust prädestiniert ist.

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Jan-Erik Rediger: Entwickler aus allen Programmiersprachen kommen zu Rust.
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Von
  • Rainald Menge-Sonnentag
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heise Developer: Sie haben 2016 die Rust-Konferenz RustFest ins Leben gerufen. Was war die Motivation dahinter und wie sieht das Konzept aus?

Jan-Erik Rediger: Wir sehen die Programmiersprache Rust nicht nur als technisches Projekt, sondern wollen eine Community drumherum aufbauen, um Leute zu verknüpfen.

Das RustFest ist eine europäische Konferenz, die wir 2016 in Berlin gestartet und von Anbeginn darauf ausgelegt haben, dass sie durch Europa wandert. Wir waren danach in Kiew, in Zürich, in Paris und in Rom. Dieses Jahr wird es im November in Barcelona stattfinden, und wir arbeiten gerade mit Hochdruck an den Vorbereitungen.

Jan-Erik Rediger ist Telemetry Engineer bei Mozilla und seit 2015 aktives Mitglied der internationalen Rust-Community. Schon 2014 begann er, sich mit der Programmiersprache zu beschäftigen, war später Rust Coach und gründete die europäische Rust-Konferenz RustFest, die 2019 in ihre sechste Auflage geht.

Die Konferenz ist auf Europa fokussiert, aber dieses Jahr gibt es sieben verschiedene Rust-Konferenzen, die über die Welt verteilt sind. Zuletzt hatten wir – leider – vor allem den Fokus auf Europa und Nordamerika, aber dieses Jahr starten Konferenzen auf der ganzen Welt. Im März hatten wir die erste in Südamerika – in Uruguay. Im April folgte die erste in China.

heise Developer: Stichwort Community: Wie ist inzwischen bei der Entwicklung der Programmiersprache die Aufteilung zwischen Mozilla und der Community? Was hat sich in den letzten sechs Jahren getan, als heise Developer Graydon Hoare interviewt hat?

Rediger: Seitdem ist einiges passiert. Das Projekt ist ziemlich explodiert. Seit dem 1.0-Release 2015 wurde es organisatorisch umstrukturiert und verbessert. Stand heute arbeiten über 100 Leute in etwa zehn Teams und mehreren Arbeitsgruppen an Rust.

Einige Leute davon sind Mozilla-Mitarbeiter, die dafür bezahlt werden, aber der Großteil der Entwickler arbeitet nicht für Mozilla, sondern kommt unter anderem von großen Firmen wie Google und Intel. Dazu gibt es zahlreiche Freiwillige, die in ihrer Freizeit mithelfen – teilweise Studenten, teilweise Entwickler, die hauptberuflich an anderen Projekten arbeiten.

heise Developer: Hat Mozilla eine steuernde Funktion?

Rediger: Das Projekt ist offen gestaltet mit einem offenen Entscheidungsprozess, an dem sich jeder beteiligen kann. Die Teams haben am Ende die Entscheidungsgewalt. Mozilla selbst hat darauf keinen direkten Einfluss.

Sowohl für das Projekt als auch für Mozilla ist das ein gutes Abkommen, da das Rust-Projekt eigenständig arbeiten kann, aber Mozilla von den Ergebnissen profitiert.

heise Developer: Vor sechs Jahren stand die Browser-Engine Servo im Mittelpunkt der Entwicklung mit Rust. Was sind aktuell nennenswerte Rust-Projekte?

Rediger: Das Servo-Projekt hat sich deutlich weiterentwickelt. Inzwischen haben wir Teile davon in Firefox eingebracht. Eines der ganz großen Projekte war Firefox Quantum, bei dem ein großes Modul aus Servo in Firefox übernommen wurde. Unter anderem ist die Style-Engine ursprünglich für Servo und jetzt für Firefox in Rust geschrieben.

Das nächste größere Projekt ist noch in Arbeit, aber bereits in Firefox enthalten, wenn auch nicht komplett aktiviert: eine Rendering-Engine. Auch sie ist aus Servo entstanden und wird in Firefox eingebaut.

heise Developer: Wie sieht es jenseits von Firefox aus?

Rediger: Es gibt tatsächlich mehrere prominente Beispiele. Alle große Namen der Tech-Szene haben inzwischen ein Auge auf Rust geworfen. Eines der bekannteren Projekte ist, dass Dropbox viele Teile des eigenen Backends in Rust neu gebaut hat.

Wir wissen aber auch von Projekten bei Facebook, bei Google und bei über hundert anderen, kleineren Firmen, die Rust einsetzen oder ausprobieren, um von den Stärken der Programmiersprache zu profitieren.