Facebook nennt Details zu seinem Kryptogeld Libra

Zwar ist der Start der digitalen Währung Libra erst für das Jahr 2020 geplant, doch Facebook veröffentlichte nun nähere Informationen über die Funktionsweise in einem Whitepaper.

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Facebook nennt Details zu seinem Kryptogeld Libra
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Charlotte Jee
  • Mike Orcutt
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Nach sozialem Netzwerk und Messengerdienst wird Facebook nun auch eine Bank: Die eigens entwickelte Währung Libra soll für Messenger- und WhatsApp-Anwender auf der ganzen Welt sowie für alle, die die (noch nicht gestartete) App herunterladen, verfügbar sein. Facebook verfolgt damit ambitionierte Ziele, wie in dem jetzt veröffentlichten Whitepaper deutlich wird. So wolle das Unternehmen jenen 1,7 Milliarden Menschen Zugang zu Finanzdienstleistungen verschaffen, die keine Bankkonten haben. Mit Libra soll es möglich sein, an nahezu jede Person mit einem Smartphone Geld zu senden, so einfach wie eine SMS und zu "niedrigen bis keinen Kosten", sagt Facebook. Ein jetzt veröffentlichtes Whitepaper enthält alle Details.

Das Libra-Team wird von einer gemeinnützigen Stiftung namens Calibra mit Sitz in der Schweiz geleitet. Facebook hat bereits Unterstützung für das Projekt von 27 Organisationen, darunter Uber, Visa, Spotify, Vodafone, Mastercard und Non-Profit Women's World Banking. Jeder dieser Partner hat zugesagt, mindestens 10 Millionen Dollar in das Projekt zu investieren.

Ist es wirklich eine Kryptowährung? Facebook nennt Libra eine "neue globale Währung, die auf Blockchain-Technologie basiert". Aber sie wird weder Kursschwankungen wie der Bitcoin unterliegen noch wirklich dezentralisiert sein, da nur bestimmte Mitglieder Transaktionen verarbeiten können werden, so dass Bitcoin-Puristen es wahrscheinlich nicht als eine echte Kryptowährung betrachten werden. Libra-Mitentwickler David Marcus twitterte, dass die Währung aus drei Komponenten bestehen wird: einer Blockchain, einer Reservewährung (die digitalen Wallets werden in jedem Land lokal geregelt) und einer neuen Programmiersprache namens Move. In der Praxis klingt es ein wenig nach einer Hightech-Version von PayPal.

Unklar bleibt, wie Facebook selbst damit Geld verdienen wird. Zwar heißt es von dem Konzern, keine gezielten Anzeigen auf der Grundlage von Libra-Daten zu verkaufen, dennoch sollte man davon ausgehen, dass Facebook auch plant, Umsatz mit dem Dienst zu erzielen. Letztlich bleibt die Frage, ob die Menschen Facebook ihr Geld anvertrauen wollen, nachdem sich das Unternehmen wiederholt rücksichtslos mit ihren Daten verhalten hat.

Libra unterscheidet sich deutlich von anderen Kryptowährungen wie etwa Bitcoin oder Ethereum. Diese sind komplett öffentlich – das heißt, jeder mit einer Internetverbindung und etwas Rechenleistung kann die Software nutzen, Transaktionen validieren und neue Währungseinheiten "minen". Alle teilnehmenden Rechner sorgen dafür, das Netzwerk vor Manipulationen zu schützen. Libra ist hier anders: Um einen sogenannten Validator Node zu betreiben, braucht es eine Genehmigung der Initiatoren – spricht: von Facebook. Das soziale Netzwerk hat hierfür seine Partner vorgesehen, darunter Mastercard, Visa, PayPal, Uber, Lyft, Vodafone, Spotify oder eBay. "Jedes Gründungsmitglied" steckte zehn Millionen US-Dollar in Libra.

Die für Bitcoin & Co. typische Dezentralisierung existiert so nicht, zudem fehlt die Widerstandsfähigkeit gegen Zensur. Bei Libra halten hingegen Facebook und seine Partner die Zügel fest in der Hand – und sie könnten sich beeinflussen lassen. Facebook will Libra zwar "später" zu einer öffentlichen "Permissionless"-Kryptowährung machen, wie sich das mit der Echtwährungsgebundenheit vereinbaren lässt, ist aber noch völlig unklar.

Die Blockchain-Technik ist nach wie vor noch nicht im Mainstream angekommen – trotz ihrer vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten. Facebook könnte mit Libra gelingen, sie in die Mitte der Gesellschaft zu holen, so ist jedenfalls der Plan. Gleichzeitig soll Libra unter den typischen Bitcoin- oder Ethereum-Problemen beim Mining, dem gigantischen Energieverbrauch, nicht leiden, jedenfalls verrspricht das Facebook. Dazu will man auf längere Sicht auf das sogenannte Proof-of-Stake-Verfahren setzen, das auch schon die Ethereum-Stiftung anpeilt. Sollte Facebook hier schneller sein, würde "Big Tech" die Kryptowährungs-"Crowd" überholen.

Was Facebook selbst mit Libra will, ist gar nicht leicht zu fassen. Der Konzern betont, er wolle Libra nicht mit Daten aus Facebook-Profilen kombinieren. Gerüchte, dass das soziale Netzwerk Transaktionsdaten "verkaufen" will, wurden zurückgewiesen. Möglicherweise wird es irgendwann Gebühren für Zahlungen geben. Auch denkbar ist, dass Facebook – wie schon bei Instagram oder WhatsApp und anfangs bei der Kernmarke des sozialen Netzwerks selbst – zunächst Märkte besetzen will, um sich dann später passende Geschäftsmodelle einfallen zu lassen. Die Errichtung des Libra-Netzes ist da nur der erste Schritt. Eine "echte" Kryptowährung, wie man sie bislang kennt, sind die Coins jedenfalls ganz klar nicht.

Update: Mit weiteren Details aktualisiert. ()