KI sorgt für Flow bei der Arbeit

Ein erfülltes Arbeitsleben durch KI? Forscher vom Karlsruher Institut für Technologie sind davon überzeugt. Andere Experten halten die Idee für gefährlich.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 25 Kommentare lesen
KI sorgt für Flow bei der Arbeit

(Bild: Shutterstock)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Christian Honey

Wissenschaftler am Decision & Design Lab des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) arbeiten an einem System, das physiologische Signale eines Mitarbeiters misst, und dafür sorgt, dass dieser bei seiner Arbeit möglichst im "Flow" bleibt. Ein Zustand, in dem man eins wird mit seiner Aufgabe, die Zeit vergisst und obendrein Höchstleistungen erbringt. Das berichtet Technology Review in seiner aktuellen Juli-Ausgabe.

Der Psychologe Mihály Csíkszentmihályi von der Universität Chicago hat das Phänomen Flow 1975 als erster wissenschaftlich charakterisiert. Er definierte Flow als Zustand der glücklichen Selbstvergessenheit. Menschen kämen immer dann in diesen Zustand, wenn ihre Handlungen "einer internen Logik folgen, aber keiner bewussten Steuerung [...] unterliegen".

TR 7/2019

Technology Review Juli 2019

(Bild: 

)

"Früher hat man geglaubt, dass ein Flow-Zustand nur bei Tätigkeiten auftritt, die keine extrinsische Belohnung einbringen, wie etwa finanzielle Vorteile", sagt Mario Nadj, wissenschaftlicher Mitarbeiter am KIT. "Zwischenzeitlich wurde aber nachgewiesen, dass Menschen unter den richtigen Bedingungen auch im Arbeitskontext in den Flow kommen können."

Noch sind Alexander Mädche, Direktor am Institute of Information Systems and Marketing (IISM) des KIT dabei, Muster zu extrahieren, die den Flow-Zustand möglichst gut charakterisieren. Dazu arbeiten sie mit Freiwilligen, denen sie beispielsweise Rechenaufgaben stellen, während sie ein EKG aufzeichnen. Ein mit diesen Daten trainierter Klassifizierer ist mittlerweile in der Lage, Flow mit 85 Prozent Genauigkeit zu erkennen. Das Ziel der KIT-Forscher ist ein intelligentes Informationssysteme, das Flow in Echtzeit erkennen kann und dann zum Beispiel entscheidet, wann einem Mitarbeiter E-Mails oder Benachrichtigungen gezeigt werden, damit dessen Flow möglichst wenig unterbrochen wird.

Der Ethiker Oliver Zöllner von der Hochschule der Medien in Stuttgart steht dem kritisch gegenüber. "Die Flow-Messung am Arbeitsplatz reiht sich ein in Versuche, den Mitarbeiter überwachbar zu machen, um den Leistungsoutput zu kontrollieren", sagt der Leiter des Instituts für Digitale Ethik. "Vordergründig heißt es dann, das sei zum Wohle des Mitarbeiters, damit der weder unterfordert noch überfordert ist." Doch das Versprechen, mehr aus dem Potenzial von Mitarbeitern herauszuholen, bedeutet ihm zufolge in Wahrheit: noch mehr Output rausholen.

Mehr zu dem Thema und über den Selbsttest des Autors lesen Sie in der neuen Ausgabe von Technology Review (jetzt im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop versandkostenfrei bis 27.6. bestellbar).

(jle)