Das Phänomen Autobattler: Lasst die Champions los!

Autobattler sind gerade der letzte Schrei: Unter anderem arbeiten Valve und Riot Games an Ablegern. Aber was steckt hinter dem Hype um Teamfight Tactics & Co.?

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Das Phänomen Autobattler: Lasst die Champions los!

(Bild: Riot Games)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Andreas Müller
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War’s das für Fortnite? Sogenannte Autobattler wie Dota Auto Chess, Teamfight Tactics oder Dota Underlords kratzen am Thron des Multiplayer-Hits. Dabei waren sie vor ein paar Monaten noch vollkommen unbekannt. Inzwischen hat der motivierende Mix aus Rundentaktik, Multiplayer Online Battle Arena (MOBA) und Sammelkartenspiel einen rasanten Aufstieg erlebt und zählt auf Twitch zu den absoluten Quotenhits.

Autobattler-Spiele werden auch als Autochess bezeichnet. Doch was hat das eigentlich mit Schach zu tun? Kurze Antwort: fast nichts. Mal abgesehen davon, dass sich zwei Teams mit unterschiedlichen Figuren auf einem schachbrettartigen Spielfeld gegenüberstehen, liegen die Stärken nicht im cleveren Ausmanövrieren des Gegners. Kein Wunder, denn nachdem der Spieler seine Figuren platziert hat, läuft der Kampf vollkommen automatisch ab. Das Erfolgsgeheimnis liegt deshalb vor allem in der Auswahl und Kombination der unterschiedlichen Charakterklassen und ihrer Position auf dem Spielfeld.

Egal, welchen Autobattler man spielt – der Ablauf ist identisch: 8 Spieler treten mit ihren Figuren nacheinander zum Duell gegeneinander an, bis nur noch einer übrig bleibt. Vor jeder Runde kaufen sich die Spieler einen Kämpfer, den sie mit anderen kombinieren. Drei Kämpfer eines Typs können eine Erfahrungsstufe aufsteigen und haben Kombo-Effekte: Magier verringern etwa die Magieresistenz der Gegner, Trolle erhöhen die Angriffsgeschwindigkeit und Ritter geben einen Schildbonus.

Nach der Heldenauswahl werden die Figuren auf das Spielfeld gesetzt und das Schicksal nimmt seinen Lauf. Zwischen den einzelnen Kämpfen treten die Spieler auch gegen Computergegner an, die nützliche Items für ein schnelleres Angriffstempo oder eine stärkere Rüstung fallen lassen. Das alles klingt zunächst nicht komplex, aber es dauert einige Zeit, bis man die Wechselwirkungen der einzelnen Kombinationen verstanden hat.

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Über den Ursprung des Genres darf gestritten werden. Zahlreiche typische Autobattle-Spielelemente finden sich bereits in der Warcraft-3-Mod Pokemon Defense oder dem Indie-Spiel Totally Accurate Battle Simulator von Landfall Games. Als offizieller Erfinder gilt jedoch der chinesische Entwickler Drogo Studio und seine Dota-2-Mod Auto Chess. Nach offiziellen Angaben hatte der Autobattler-Pionier im Mai 8,5 Millionen registrierte Spieler – und das nicht einmal in einem halben Jahr seit Release. Inzwischen ist auch eine sehr erfolgreiche Mobile-Version erschienen.

Aufgrund des Erfolgs haben andere Firmen nachgezogen. Valve, denen die Marke Dota gehört, konnten sich mit Drogo nicht einigen und warf stattdessen mit Underlords eine eigene Variante in die Schlacht um den Autobattle-Thron. Im Mobile-Sektor schickte der chinesische Publisher-Gigant Tencent sein Chess Rush ins Rennen. Und wer weniger auf Fantasy-Recken steht, darf sich auch das futuristische Arena of Evolution von HERO Game ansehen. Einige Vertreter bieten inzwischen sogar unterschiedliche Spielmodi oder einen Koop-Modus.

Alle Autobattler haben eins gemeinsam: Sie sind Free-to-Play. Das Spielen kostet grundsätzlich nichts. Das betrifft auch Auto Chess, die Mod für Dota 2, denn das Hauptspiel ist ebenfalls kostenlos. Gleiches gilt auch für Teamfight Tactics, das auf League of Legends (LoL) aufbaut. Echtes Geld können die Spieler nur für kosmetische Sachen, wie neue Skins ausgeben. Alle Helden sind in der Regel von Anfang an freigeschaltet und Erfahrungs-Boosts oder ähnliches gibt es bisher nicht.

Dota Auto Chess gilt als der offizielle Ursprung des ganzen Genres. Angeblich inspiriert von Mahjong treten Helden aus dem Dota-Universum gegeneinander an. Spielerisch überzeugt es durch upgradefähige Items und die große Balancing-Erfahrung, weil sie die ersten auf dem Markt waren und ständig weiter am Spiel tüfteln. Nervig: So schön die Items auch sind – unter den Figuren können sie nicht getauscht werden. Wer ein Item mal falsch vergeben hat, muss seinen Helden erst wieder verkaufen, um sie weiterzugeben. Technisch hat die Mod auf dem PC mit langen Ladezeiten beim Spielstart zu kämpfen. Demnächst erscheint aber im Epic Store die eigenständige PC-Version und wird auf solche Probleme hoffentlich verzichten.

Autobattler: Das nächste große Hype-Genre (9 Bilder)

Auto Chess

Ein typisches Autobattle ist schnell und hektisch. Hier zu sehen ist die Dota-Mod Auto Chess, die den aktuellen Hype begründet hat.
(Bild: heise online)

Dota Underlords entstand, weil sich Valve und Drogo nicht auf einen Kompromiss einigen konnten. Dadurch besteht zwischen den beiden Spielen große Verwechslungsgefahr, weil die Helden und die Allianzen nahezu identisch sind. Was beim Spielen der Early-Access-Version von Underlords aber sofort auffällt: Valve weiß, wie man eine gute Benutzeroberfläche baut. Alle Symbole sind klar zu erkennen und mit einem Mausklick kann der Status der Kombinationen abgefragt werden. Diese Übersichtlichkeit wird gerade Anfängern den Einstieg erleichtern. Außerdem hat Underlords als einziges Spiel in diesem Trio ein vernünftiges Tutorial und Bot-Kämpfe, in denen die Spieler ihre Klassen-Kombinationen ausprobieren können. Sehr gut: Im Gegensatz zu Auto Chess oder Teamfight Tactics können die Spieler ihre Helden zwar nur mit einem Item ausstatten, dafür können diese aber untereinander getauscht werden. PC- und Mobile-Version sind sogar fit für Cross-Play.

Teamfight Tactics ist kurz, knackig, aber oho. Das Spiel der League-of-Legends-Macher von Riot Games punktet im Vergleich zu Auto Chess und Underlords mit der Masse an Spielfiguren, die direkt aus LoL übernommen werden. Revolverhelden, Piraten oder Eiskämpfer bringen frischen Wind in das Genre. Während die beiden Konkurrenten das Spiel ruhig und langsam angehen, laufen die Partien in Teamfight Tactics deutlich schneller ab. Allerdings merkt man Teamfight Tactics noch am ehesten an, dass es in einer frühen Phase steckt: Viele Bugs haben den Spielern anfangs den Spaß verdorben. Erfolgreich ist es trotzdem: Kurz nach Release war es auf Platz 1 der meistgespielten Titel auf Twitch.

Die Wahl des richtigen Autobattlers ist eher eine Glaubensfrage als eine Frage der Qualität. Auto Chess ist das Original und bietet mit seinem ausgereiften Balancing und dem komplexen Item-System gerade auf längere Sicht taktische Tiefe. Teamfight Tactics drückt mächtig auf das Tempo und bietet durch den großen League-of-Legends-Heldenkatalog enormes Tüftelpotenzial. In Dota Underlords fällt die Einstiegshürde mit Bot-Kämpfen und einem vernünftigen Tutorial deutlich geringer aus. Der Nachteil: In der letzten Phase der Partien fehlen die taktischen Möglichkeiten. Alle drei Vertreter sind aber noch in Arbeit und werden ständig mit neuen Updates versorgt. Wer also am Ende die Nase bei den Spielern vorne haben wird, steht noch in den Sternen. (dahe)