Ablösung bei TVs: Bald keine OLED-Technik mehr in Topmodellen?

Wer die bestmögliche Bildqualität haben möchte, greift heute zum OLED. Das wird sich in naher Zukunft zugunsten der LCD-Technik ändern, prophezeit Ken Werner.

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LCD für Premium-TVs: Bald keine OLED-Technik mehr in Topmodellen

(Bild: Ken Werner)

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  • Ken Werner
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Meine Frau Arlette sagte immer, mein Gehirn sei wie ein Schwamm, der im Geschirrspülwasser schwimmt: Du bist dir nicht sicher, was er absorbiert, aber manchmal drückst du ihn zusammen und es kommt etwas Interessantes heraus.

In letzter Zeit habe ich mich viel mit Premium-Fernsehern und den Panels darin beschäftigt – ich habe sie mir angeschaut, Interviews geführt, darüber diskutiert und geschrieben. Jetzt lasst uns mal den Schwamm drücken und schauen, was dabei herauskommt.

Ken Werner

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Ken Werner

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Ken Werner ist Leiter der Nutmeg Consultants, spezialisiert auf die Display-Industrie, Herstellung, Technik und Anwendungen, inklusive Mobilgeräte, Automobil und TV. Er berät Anwälte, Investment-Analysten und Unternehmen, die sich innerhalb der Displaybranche neu positionieren oder Displays in ihren Produkten einsetzen.

Die Zukunft von OLEDs als die Premium-TV-Technik schlechthin ist begrenzt. Ich meine nicht, dass die großformatigen OLEDs verschwinden. Produktionskapazität, Umsatz und Marktanteil steigen und die Preise sinken; und das wird auch über Jahre so bleiben. Aber schon bald wird OLED nicht mehr die Displaytechnik sein, die die Menschen wählen, um das bestmögliche Bild zu bekommen. Eine hochrangige Person von Sony, die sowohl OLED- als auch Premium-LCD-TVs herstellen, sagte mir kürzlich, dass OLED künftig die Einstiegs-Technik im Premiumbereich sein wird. (Er sagte, dies sei seine persönliche Meinung, nicht eine offizielle Sony-Position, deshalb erwähne ich seinen Namen hier nicht).

Warum das so ist? Weil auch ein hochwertiges OLED sich mächtig ins Zeug legen muss, um auf nur 10 Prozent seiner Bildschirmfläche einen 1000 cd/m2 hellen Fleck anzuzeigen. Dies war kein Problem, solange selbst teure Filme mit maximal 1000 cd/m2 gemastert wurden. Doch der Standard verschiebt sich stetig in Richtung 4000 cd/m2. Und wenn aktuelle OLED-Fernseher den Inhalt von 4000 cd/m2 auf ein Farbvolumen mit 1000 cd/m2 oder weniger reduzieren müssen, wirkt sich die extreme Kompression auf die Farbtreue aus. Die Farbunterschiede werden teilweise derartig stark komprimiert, dass Details, die hauptsächlich über Farbdetails vermittelt werden sollen, verwaschen oder ganz verloren gehen. Ein unerfahrener Betrachter weiß vielleicht nicht, was da genau passiert, doch der Auflösungsverlust ist oft nicht zu übersehen.

Hochwertige, lokal dimmbare HDR-LCD-TVs mit farbverbessernden Quantenpunkten oder Rot-Grün-Phosphoren zielen nun auf 2000 cd/m2 oder mehr. Das größere Farbvolumen führt dazu, dass das von 4000 cd/m2 ausgehende Tone Mapping viel schonender ist – die Bildschirm-Darstellungen belegen das.

Sonys Trimaster-Displays mit OLED-Schirm werden derzeit als Referenzmonitore für Farbkorrekturen und Produktionsmonitore am Set und in Ü-Wagen genutzt.

(Bild: Sony )

Doch wie produzieren eigentlich Filmemacher HDR4000-Inhalte mit Produktionsmonitoren wie dem Sony BVM-X300 4K OLED-Mastering-Monitor, der eine Spitzenluminanz von 1000 cd/m2 besitzt und eine Warnleuchte, die bei geringeren Helligkeiten aufleuchtet, um zu signalisieren, wann man zu nah an 1000 cd/m2 gerät, um die Farbtreue zu gewährleisten? Wie sagte ein Filmemacher kürzlich: "Du magst es nicht, Bildpunkte auszugeben, die du nicht vorher gesehen hast." Die Antwort ist: Du tust es nicht. Der BVM-X300 ist seit Jahren der Industriestandard, doch nun drückt Sony seinen neuen Dual-Cell-LCD-Monitor in den Markt. Der BVM-X300 ist auf Wunsch immer noch erhältlich, er kann aber die filmische Zukunft nicht angemessen darstellen – und OLED-Fernseher auch nicht.

Also, was kommt als nächstes? Oder kommt vielleicht als nächstes.

Mini-LEDs im Backlight bleiben an dunklen Bildstellen dunkel. So lassen sich hohe HDR-Kontraste erzielen.

Der Begriff verwirrt sogar Leute aus dem Display-Business: Ein "MiniLED"-TV ist ein LCD-TV, das mit Quantenpunkten oder RG-Phosphoren aufgewertet werden kann. MiniLED bezieht sich auf das Backlight-Design, das viele kleine (aber nicht "micro") LED-Chips in einer Polymerschicht beziehungsweise -Optik für die Hintergrundbeleuchtung mit vielen lokalen Zonen nutzt – typischerweise etwa 5000 in aktuellen TV-Prototypen. Damit lässt sich ein exzellenter Kontrast erzielen und (soweit ich das in Messe-Umgebungen sehen konnte) der gefürchtete Halo-Effekt (Blooming) eliminieren. Dieser hat sich als großes Problem für Premium-LCDs mit nur einigen hundert Dimming-Zonen erwiesen. Man wird schon bald solche MiniLED-Displays in Geräten sehen, doch all diese LED-Chips in einem TV-großen Display schlagen sich in der Materialliste nieder.

Beim Dual-Cell-LCD liegt zwischen Backlight und bildgebendem LCD ein monochromes Panel, das sehr viele Dimming-Zonen erzeugt.

Bei dieser Technik steckt ein monochromes LCD-Panel hinter dem üblichen Farb-LCD-Panel. Das Schwarzweiß-Panel moduliert das Licht und kann verwendet werden, um so viele Dimming-Zonen wie gewünscht bis hin zur Anzahl der Pixel im farbigen (Front-)Panel bereitzustellen. Hisense hat für den Prototyp eines solchen Fernsehers mit einem BOE-Panel und Quantenpunkten verwendet. Die Ergebnisse waren spektakulär (in einem Messeumfeld), mit OLED-ähnlichen Schwarztönen auf einer matten Bildschirmoberfläche und LCD-ähnlichen Highlights.

Es gab einige Spekulationen, dass die Technik womöglich zu teuer sei und eine zu geringe Lichtausbeute für Unterhaltungsgeräte haben könnte, aber dieses Denken ändert sich. Hisense sagt, dass die Lichtausbeute von den üblichen sechs Prozent (ungefähr) auf etwa vier Prozent sinkt. Das wird den Käufer eines Premium-TVs nicht stören. Hisense verspricht eine Markteinführung im nächsten Jahr. BOE war nicht der einzige Aussteller von Dual-Cell-LCDs auf der diesjährigen Display Week. Auch CSOT zeigte eins. (Und Display Daily hatte berichtet, dass Hisense ein Innolux-Panel verwenden wird).

Samsungs Kachel-Demo aus MicroLED-Displays auf der CES 2019 war nett anzusehen, ist aber kein fertiges Produkt

(Bild: Ulrike Kuhlmann, c't magazin)

MicroLED-Mikrodisplays sind bereits auf dem Markt, doch die Herstellung großer Displays erfordert Mikro-Transferdruck oder eine gleichwertige Technik, die 24 Millionen MikroLED-Chips von ihren Halbleiter-Wafern auf das TV-Substrat mit extrem hoher Zuverlässigkeit (99,99999999 bis 99,999999999 %) in etwa 30 Minuten pro Panel überträgt. Die Industrie ist nur etwa zwei 9s (99,999999 %) von der Zuverlässigkeit entfernt, allerdings noch Größenordnungen von der Übertragungsgeschwindigkeit. Ich würde sagen, wir sind drei bis fünf Jahre von einer Pilotlinie im TV-Format entfernt, andere behaupten indes, dass die Probleme näher an einer Lösung sind, als es scheint. Auf der CES zeigte Samsung eine wunderschöne Technikdemo, die aber sehr weit davon entfernt ist, ein Produkt zu sein.

Okay, Ken. Drück den Schwamm fester. Was wird dein nächster Fernseher sein? Ich schaue mir das Dual-Cell LCD-TV mit Quantenpunkten an. Es ist schon in greifbare Nähe und ich mag die Vorstellung, Filme mit der gleichen Technik anzusehen, mit der sie auch gemastert wurden.


Dieser Beitrag erschien zuerst bei Display Daily. (uk)