Evoke – Mit Demos zum Weltkulturerbe

Grafikdemo auf einem T84, Musikvideo auf einem E-Ink-Display: Die Evoke zeigt, dass die Demoszene nicht tot ist. Democoden soll digitales Weltkulturerbe werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 74 Kommentare lesen
Evoke - Mit Demos zum Weltkulturerbe

(Bild: Torsten Kleinz)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
Inhaltsverzeichnis

Zur traditionellen Demo-Party Evoke in Köln sind am Wochenende über 450 Gäste angereist. Mit einer neuen Initiative soll das kulturelle Vermächtnis der Demo-Programmierer für die Nachwelt erhalten werden: Die Demo-Szene will sich als erstes originär digitales Weltkulturerbe bei der Kulturorganisation Unesco bewerben.

"Die Ursprünge der Demoszene sind mittlerweile 40 Jahre alt", erklärt Christian Brand vom Kölner Verein Digitale Kultur, der die Evoke veranstaltet, im Gespräch mit heise online. Die Subkultur der digitalen Szene war aus Gruppen hervorgegangen, die sich auf das Knacken von Kopierschutz-Mechanismen spezialisiert hatten. Doch mit den Jahren fokussierten sich die Demoszener immer mehr auf ihre eigenen Werke, die Nostalgie und Ästhetik der 8-Bit-Ära mit atemberaubenden Grafikeffekten und einer Lust am Experimentieren verbinden.

Bei der Bewerbung wollen die Organisatoren den internationalen Charakter der Demoszene ausspielen, um eine transnationale Bewerbung auf den Weg zu bringen, was die Erfolgschancen bei der UNESCO verstärken könnte. So sollen Bewerbungsunterlagen in Deutschland und Finnland auf den Weg gebracht werden.

Zur Evoke verwandeln sich die Abenteurhallen Kalk in ein digitales Mekka der besonderen Art: Die Kletterhalle wird mit einer symmetrischen Gigabit-Verbindung ans Internet angebunden, die Leinwand misst mehr als 57 Quadratmeter.

(Bild: Torsten Kleinz)

Bei den Wettbewerben gab es in diesem Jahr in Köln eine bunte Mischung aus Altbekanntem und absurd anmutenden Hardware-Experimenten – etwa ein Grafikeffekt auf einem Taschenrechner vom Typ TI-84 oder ein frisch programmiertes Autorennen für den KC 85/4 – einem Mitte der Achtziger Jahre in der DDR gefertigten Heimcomputer. Auch eine Demo für E-Ink-Displays mit Floppytron-Sounds schaffte es auf die fast 60 Quadratmeter messende Leinwand. Bei den Demos für alternative Plattformen setzte sich die Demo "Connect Me" für den Commodore C64 durch.

Beliebteste Kategorie waren in diesem Jahr die 4K-Demos, bei denen sich die Programmierer auf eine Programmgröße von nur vier Kilobyte beschränken müssen. Diese Schranke erschien einigen Teilnehmern sogar als zu geringe Herausforderung, so dass sie ihre Schöpfungen mit nur 256 Byte einreichten.

In der Kategorie der Demos mit 64 Kilobyte setzte sich einmal wieder die Gruppe Farbrausch durch, bei der virtuell generierte Discokugeln und durch Motion Capture eingefangene Tanzszenen zu einem zweieinhalb Minuten dauernden Musikvideo zusammengeführt wurden.

Einen Sonderpreis von digitale Kultur erhielt eine Nachwuchsgruppe im wahrsten Sinne des Wortes. So hatten die im Schnitt elfjährigen Mitglieder der französischen Gruppe "New Order" im Juni ihre erste Demo mit dem Titel "Spirit" veröffentlicht – und bekamen dafür in Köln nachträglich eine Trophäe verliehen.

(bme)