Robotikkonferenz SSRR: Cyberhunde, Kabelkrabbler und Roboter am Fallschirm

Die Einsatzgebiete für Roboter sind vielfältig. So speziell die Einsätze sind, so speziell sind oft die Lösungen. In Würzburg werden einige Konzepte gezeigt.

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Robotikkonferenz SSRR: Cyberhunde, Kabelkrabbler und Roboter am Fallschirm

Auf den Hund gekommen. Rettungshunde können mit Robotik-Verstärkung mehr Unterstützung erfahren.

(Bild: Paper: "Development of a Lightweight Cyber-enhanced Rescue Canine Suit with Heat Protection and Anti-slip Countermeasures" Hiroyuki Nishinoma, Beokhaimook Chayapol, Kazunori Ohno, Ayumi Shinohara und Satoshi Tadokoro)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske
Inhaltsverzeichnis

An der Universität Würzburg treffen sich in dieser Woche Wissenschaftler, um über den Einsatz von Robotern bei Rettungseinsätzen, Inspektion von Infrastruktur oder anderen sicherheitsrelevanten Aufgaben zu diskutieren. Dabei geht es neben der Robotik auch um die Koordination der Roboter untereinander, die Zusammenarbeit mit dem Menschen – und manchmal auch um hundetaugliche Einsatzkleidung.

Rettungshunde sind Robotern bei der Suche nach Überlebenden immer noch überlegen. Doch können ihre Möglichkeiten erweitert werden, wenn sie zusätzlich mit Robotik ausgestattet werden. So stellte Hiroyuki Nishinoma (Tohoku University) beim International Symposium on Safety, Security, and Rescue Robotics (SSRR2019) in Würzburg einen Anzug für Hunde vor, der mit Kamera, Satellitennavigation und WLAN ausgestattet ist, sodass Rettungskräfte jederzeit wissen, wo sich der Hund befindet, und sehen können, was er sieht.

Der unterstützende Anzug darf für den Hund nicht zu schwer sein. Er könnte auch als "smarte Kleidung" durchgehen.

(Bild: Paper: "Development of a Lightweight Cyber-enhanced Rescue Canine Suit with Heat Protection and Anti-slip Countermeasures" Hiroyuki Nishinoma, Beokhaimook Chayapol, Kazunori Ohno, Ayumi Shinohara und Satoshi Tadokoro )

Allerdings, so Nishinoma, habe es Probleme mit Überhitzung gegeben, sodass ein jeweils eigener Schutz für das WLAN wie auch für die Kamera entwickelt werden musste. Das häufige Verrutschen des Anzugs sei durch einen kürzeren Gürtel auf ein erträgliches Maß reduziert worden. Eine weitere Herausforderung habe darin gelegen, das Gewicht zu verringern. Damit ein Hund die Ausrüstung tragen könne, dürfe sie nicht mehr als zehn Prozent seines Körpergewichts ausmachen.

Die in Japan eingesetzten Rettungshunde seien aber zumeist kleiner als in anderen Ländern, sodass der zunächst realisierte Prototyp mit 1,5 kg noch zu schwer war. Die jetzt entwickelte, 1,2 kg schwere Variante sei im August beim jährlichen Training der Rettungshunde in Japan zum Einsatz gekommen. Bei Temperaturen von mehr als 30 Grad Celsius habe sich das System so gut bewährt, dass es zukünftig regelmäßig beim Training verwendet werden soll.

Mit dieser hohen Einsatzreife steht das System bei der Konferenz ziemlich allein da, was natürlich damit zusammenhängt, dass es sich bei den schwierigen Fragen der Fortbewegung und Navigation auf das bewährte biologische System "Hund" stützen kann. Wenn sich Roboter aus eigener Kraft fortbewegen und orientieren sollen, wird die Angelegenheit gleich deutlich schwieriger. Das gilt selbst in einer bekannten vergleichbar überschaubaren Umgebung wie einer überirdischen Hochspannungsleitung.

Die Inspektion der Stromkabel könnte von Robotern erheblich profitieren, sagte Tomoki Sakaue von den Tokyo Electric Power Company Holdings. Dafür müssten solche Roboter aber in der Lage sein, autonom die Unterbrechungen der Kabel an den Hochspannungsmasten zu überwinden. Der von ihm vorgestellte Inspektionsroboter soll zunächst auf den 66-Kilovolt-Leitungen eingesetzt, die mit einer Länge von knapp 15.000 km ungefähr die Hälfte des japanischen Leitungsnetzes ausmachen. Bisher entwickelte Roboter wie Linescout oder Expliner wären dazu nicht in der Lage, da sie an den für diese Leitungen verwendeten Masten, deren Spitzen zumeist wie Spitzhüte gestaltet seien, nicht vorbei kämen.

Der Roboter muss um die Spitze des Strommasts herumkommen.

(Bild: Paper: "Development of Overhead Transmission Lines Inspection Robot Capable of Crossing Steel Towers" Tomoki Sakaue, Takahisa Ono, Reo Koketsu, Hiroyuki Nakagawa, Takafumi Teshima und ShinichiroNakajima)

Um die 250 Zentimeter lange Leitungslücke an den Strommasten überbrücken zu können, ist der Roboter mit einem gebogenen Arm ausgestattet, den er beim Erreichen des Kabelendes so um den Mast herumschwenkt, dass er auf der anderen Seite am Kabel befestigt wird und der Roboter an diesem Arm um den Mast herum fahren kann. Die Geschwindigkeit des Roboters auf dem Kabel bezifferte Sakaue mit 0,75 km/h. Die Prozedur am Mast reduziert das Gesamttempo gegenwärtig aber noch erheblich: Es dauert eine Stunde, um diese Hürde zu überwinden. Das Ziel sei es, den Zeitaufwand auf 30 Minuten zu reduzieren. Auch das Gewicht des Roboters müsse noch von derzeit 98 auf 80 kg verringert werden.

In unbekannten Umgebungen fallen Fortbewegung und Orientierung naturgemäß noch schwerer. Hier kann es helfen, die Kompetenzen unterschiedlicher Roboter zusammenwirken zu lassen. So stellte Menaka Naazare (Fraunhofer FKIE) ein Konzept vor, wie fliegende Roboter im Zusammenspiel mit Bodenrobotern befahrbare Wege für Rettungsfahrzeuge finden sollen. Hierfür soll aus der Luft zunächst ermittelt werden, welche blockiert sind und welche nicht. Letztere werden dann von den Bodenrobotern auf ihre Befahrbarkeit hin untersucht. Bei diesem als "Simultaneous Exploration and Information Delivery" (SEAID) bezeichneten Verfahren sollen die Roboter auch in der Lage sein, Gelände außerhalb des Kommunikationsbereiches zu erkunden.

Von Kommando "Flug, Flug!" zu Kommando "Roll, Roll!" in wenigen Augenblicken.

(Bild: Paper: "Small Swarm Search Robot System with Rigid-Bone Parachute Rapidly Deployable from Aerial Vehicles" Tori Shimizu, Sosuke Hayashi, Toshiki Midorikawa, Takumi Fujikawa, Eri Takane, Masahiro Watanabe, Kenjiro Tadakuma, Masashi Konyo und Satoshi Tadokoro)

Um die Ergebnisse zu übermitteln, müssen sie dafür autonom an eine Stelle zurückkehren, von der aus sie wieder Kontakt zur Kontrollstation aufnehmen können. In der Simulation mit zwei fliegenden und zwei fahrenden Robotern zeigte sich der Ansatz anderen Verfahren überlegen. Auch die Bewegungen von mehr Robotern ließen sich auf diese Weise koordinieren. Tests mit realen Robotern gab es aber bisher noch nicht.

Eine andere Art der Zusammenarbeit von fliegenden und Bodenrobotern präsentierte Tori Shimizu (Tohoku University): Bis zum Jahr 2022 wollen die Forscher ein System entwickeln, bei dem kleine, zweirädrige Roboter von fliegenden Robotern an Fallschirmen abgeworfen werden, um auch durch enge Durchgänge unter Trümmern nach Überlebenden zu suchen. Um größere Hindernisse überwinden zu können, sind die Roboter zusätzlich mit einem Sprungmechanismus ausgestattet. Da sich die Roboter bei den ersten Versuchen zu häufig in den Fäden der Fallschirme verhedderten, wurden Fallschirme mit starren Verstrebungen, ähnlich Regenschirmen, entwickelt, die diesen Fehler von 80 auf 20 Prozent reduzierten. Inwieweit das dadurch erhöhte Gewicht des Fallschirms andere Probleme verursache, müsse noch geklärt werden, sagte Shimizu auf Nachfrage. (kbe)