Rettungsroboter: Gebäudeschäden dokumentieren und unter Geröllhaufen kriechen

Bei der Robotikkonferenz SSRR in Würzburg berichten Teilnehmer von echten Rettungssituationen und wie fordernd reale Einsätze mit Rettungsrobotern sein können.

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Rettungsroboter: Fliegend Gebäudeschäden dokumentieren und unter Geröllhaufen kriechen

Der Hexakopter des Projekts Eins3D macht sich in der Feuerwehrschule Würzburg bereit zum Demonstrationsflug.

(Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Lesezeit: 5 Min.
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  • Hans-Arthur Marsiske
Inhaltsverzeichnis

Fliegende Roboter standen am zweiten Tag der Konferenz über Sicherheits- und Rettungsroboter in Würzburg im Mittelpunkt. Es wurde erörtert, wie sich der Operator unterstützen lässt, wie sich unerwünschte Drohnen einfangen lassen, aber auch wie zumindest partielle Flugfähigkeiten einem Schlangenroboter nützlich sein können.

Nachdem er eine Stunde lang eine Drohne gesteuert hatte, sei er erst einmal zusammengeklappt, erzählte Hartmut Surmann (Fraunhofer IAIS) beim International Symposium on Safety, Security, and Rescue Robotics (SSRR2019) in Würzburg. Eine gute Woche nach dem schweren Erdbeben in Italien vom 24. August 2016 war er nach Amatrice gekommen, um dort 3D-Modelle von einer alten, schwer beschädigten Kirche zu erstellen, sowohl von außen als auch von innen. Dabei zeigte sich zunächst, was bei einem realen Einsatz alles schief gehen kann: Angefangen damit, dass sich der Abflug von Frankfurt wegen eines Alarms verzögerte, musste vor Ort der Akku der Drohne aufgeladen und ein Firmware Update vorgenommen werden.

Die nächste Schwierigkeit bestand darin, durch ein Fenster in die Kirche zu fliegen. Denn dicht vor dem Fenster verlor die Drohne das GPS-Signal und wurde durch den Wind zur Seite geschoben. Erst im dritten Anlauf gelang es, sie in den Innenraum zu steuern. Dort war Surmann mit dem Problem konfrontiert, Kollisionen zu vermeiden und mit der Kamera möglichst alles zu erfassen. Das sei extrem erschöpfend gewesen, sagte er. Für das nächste Mal wünsche er sich eine 360-Grad-Kamera, mit der sich das Innere der Kirche praktisch mit einer Aufnahme hätte komplett abbilden lassen.

Bei einem zweiten Einstieg über das geborstene Dach wurde Surmann durch zwei größere Drohnen unterstützt, die seine kleine Drohne filmten und ihm dadurch ein besseres Verständnis der Situation ermöglichten. Hinterher habe er erfahren, dass die Kirche nicht nur wegen ihres Alters und ihrer kulturellen Bedeutung für den Drohneneinsatz ausgewählt worden war, sondern weil sie weit entfernt vom Pressezentrum lag. Die Organisatoren der Rettungsarbeiten wollten vermeiden, dass ein Absturz der Drohne zu große Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte.

In Amatrice mussten die 3D-Modelle auf Grundlage visueller Daten erstellt werden, da die verwendete Drohne möglichst klein sein musste, um sicher durch die schmalen Fenster und anderen Zugänge gesteuert werden zu können.

Die Daten des Laserscanners werden in Echtzeit an die Bodenstation übermittelt…

(Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Wenn größere Flugroboter zum Einsatz kommen, lassen sich auch Laserscanner verwenden. Deren Möglichkeiten werden im Forschungsprojekt Eins3D untersucht, von dem Helge Lauterbach (Uni Würzburg) berichtete. Hier wird als fliegende Plattform der Hexakopter DJI S1000+ verwendet, der einen 830 g schweren rotierenden Laserscanner trägt. Bei einem Besuch der Feuerwehrschule Würzburg demonstrierte Lauterbach, wie die von der Drohne erfassten Daten in Echtzeit in Umgebungskarten eingefügt werden können.

…und in eine Karte der Umgebung eingefügt.

(Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Dort war allerdings auch zu erfahren, dass Roboter im Alltag der Feuerwehren immer noch nicht angekommen sind. Das Interesse ist groß, doch bis Drohnen und Bodenroboter mit der gleichen Selbstverständlichkeit und Zuverlässigkeit eingesetzt werden können wie die bewährte Ausrüstung, wird es wohl noch eine Weile dauern.

Einfacher ist es, mit Drohnen Schaden anzurichten. Daher denken Forscher auch darüber nach, wie unerwünschte Flugroboter abgewehrt werden können. Das kann durch die direkte Kollision mit einer anderen Drohne geschehen, wie Marina Moreira (Universität Lissabon) erklärte. Die portugiesischen Forscher stützen sich für die Steuerung der Jägerdrohne dabei auf die Proportionalnavigation, die für Abfangraketen entwickelt wurde und nun auch Drohnen auf Kollisionskurs bringen soll.

Forscher an der Uni Würzburg wollen lieber gleich zwei Drohnen auf die Jagd schicken: Zwischen den beiden ist ein Netz aufgespannt, in dem sich die feindliche Drohne verfangen soll. Hier besteht die Herausforderung darin, ständig die zum Abfangen nötige Geschwindigkeit neu zu kalkulieren und gleichzeitig die Formation zu halten. Bei Experimenten im Labor blieben die Abfangdrohnen stabil, auch als die abzufangende Drohne mit 7 m/s ins Netz flog.