IFA

8K-Fernseher kommen – doch wer braucht sie eigentlich?

Beim Gang über die IFA stößt man unweigerlich auf 8K-TVs. Die sollen jetzt ganz viel verkauft werden – doch wer braucht die höhere Auflösung eigentlich?

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Das Jahr der 8K-TVs? Nicht wirklich!
Lesezeit: 6 Min.
Inhaltsverzeichnis

Im vergangenen Jahr konnten Besucher auf der IFA die allerersten Fernsehgeräte mit 8K-Auflösung bewundern. In diesem Jahr hat jeder TV-Hersteller, der etwas auf sich hält, mindestens einen ultrahochauflösenden Fernseher am Stand. Die Geräte mit über 33 Millionen Pixeln gibt es von relativ klein bis sehr groß: Samsung wartet mit 8K-TVs ab 55 Zoll, also 1,40 Meter Diagonale auf, während Sharp in Berlin ein 8K-LCD mit 120 Zoll Diagonale (3,05 m) vorstellt. Zum Preis äußerte sich Sharp nicht – die potenzielle Kundschaft dürfte aber recht überschaubar bleiben.

Schon der Preis von deutlich kleineren 8K-Fernsehern geht in die Zigtausend Euro. So zeigt Sony 8K-Modelle mit 85 und 98 Zoll Diagonale: Das "kleinere" TV mit 2,16 m Diagonale wird für 16.000 Euro angeboten, der 98-Zöller mit knapp 2,50 m Diagonale für 80.000 Euro. Das 85-Zoll-Modell von Samsung soll "nur" 60.000 Euro kosten und der neue 55-Zöller weniger als 2500 Euro. 75-Zöller mit 8K-Auflösung bekommt man bereits ab 5000 Euro.

8K-TVs auf der IFA (8 Bilder)

LG zeigt sein beeindruckendes 8K-OLED.
(Bild: Ulrike Kuhlmann, c't / heise online)

Bei aller 8K-Euphorie müssen hier einige Fragen erlaubt sein beziehungsweise gestellt werden: Wer hat eigentlich so viel Platz und gibt so viel Geld für einen Fernseher aus? Was bringt 8K-Auflösung im 55-Zöller und wer braucht überhaupt 8K?

Wuchtiges Gelsenkirchener Barock ist zwar aus den hiesigen Wohnstuben verschwunden, doch auch modernes Mobiliar lässt bei aller Luftigkeit kaum Platz für ein Fernsehdisplay mit 2,50 Meter Diagonale. So liegt die mittlere Diagonale der verkauften Fernsehgeräte in Deutschland immer noch unter 50 Zoll. Trotz Zuwächsen gerade bei den 55-Zöllern und weiter steigender Tendenzen waren 2018 nur 11,7 Prozent der verkauften TVs größer als 55 Zoll. Zwar hat der Verkauf insbesondere bei noch größeren Diagonalen rasant angezogen, doch prozentuale Zuwächse klingen bei niedrigen Ausgangswerten oft super – das Doppelte von wenig ist halt immer noch wenig.

Wer ein richtig großes Bild haben möchte, etwa um Filme zu genießen, greift zudem meist eher zum Beamer: Der Projektor braucht wenig Stellplatz, produziert im Betrieb nahezu beliebig große Bilddiagonalen und ist im ausgeschalteten Zustand nicht das schwarze Loch, das ausgeschaltete Riesenfernseher so unattraktiv macht.

Mehr als 2500 Euro investieren die allerwenigsten Menschen hierzulande in einen neuen Fernseher. Zum einen, weil sie es sich nicht leisten können, aber auch, weil sie es sich nicht leisten wollen. So liegt die durchschnittlich ins Fernsehgerät investierte Summe deutlich unter 1000 Euro: Im vergangenen Jahr haben die Menschen in Deutschland im Mittel keine 650 Euro für ein neues TV ausgegeben – dafür gibt es aber weder Bilddiagonalen über 70 Zoll noch 8K.

Das Mehr an Bildqualität – das ja auch mit 8K einhergehen sollte – steht für die meisten Zuschauer nicht in einem akzeptablen Verhältnis zum höheren Preis. Zumal die Bildqualität auch preiswerterer Geräte sehr gut ist und die Bildqualität der empfangenen Inhalte oft hinter der Display-Qualität zurückbleibt. Das gilt insbesondere für TV-Signale, denn deren Auflösung geht fast nie über Full HD hinaus – wenn überhaupt.

Über das Verhältnis von Auflösung zur Bilddiagonale lässt sich trefflich streiten. Apple hat vor Jahren den Marketingbegriff "Retina-Display" eingeführt. Mit ihm wollte der iPhone-Hersteller festlegen, welche Auflösung für welche Displaydiagonale ausreicht, damit die Nutzer kein störendes Pixelraster mehr wahrnehmen. Technisch setzt man für solche Angaben die Pixeldichte in Bildpunkte pro Zoll (dot per inch, dpi) ins Verhältnis zum Betrachtungsabstand. Bei Apple hat sich die vermeintlich fixe Retina-Auflösung übrigens im Laufe der Zeit zu immer höheren Pixeldichten verschoben.

Eine wichtige Frage ist, aus welchem Betrachtungsabstand man noch einen Unterschied zwischen zwei Pixeldichten erkennen kann oder konkreter: Sieht der Zuschauer aus angemessener Entfernung zum TV-Gerät überhaupt einen Unterschied zwischen 4K und 8K?

Hier zieht man den normalsichtigen Betrachter heran: Dessen Sehapparat kann eine Bogenminute auflösen. Das sind aus dem im Wohnzimmer üblichen Betrachtungsabstand von zwei bis drei Metern gerade mal 0,6 bis 0,9 Millimeter. Ein 70-zölliges 8K-Display hat 0,2 Millimeter große Pixel, beim 4K-TV gleicher Diagonale haben die Pixel eine Kantenlänge von 0,4 Millimeter – aus zwei Metern Abstand dürfte der Normalsichtige das Pixelraster also weder auf dem einen noch auf dem anderen 70-Zoll-TV wahrnehmen.

Beim TV mit Full-HD-Auflösung (die heute mit maximal 1 Meter Diagonale angeboten werden) wären die einzelnen Pixel eines 70-Zöllers 0,8 Millimeter groß. Im kleineren Wohnzimmer mit entsprechend geringem Abstand zwischen Sofa und TV kann sich die 4K-Auflösung dann also lohnen – aber nicht 8K.

Unter den oben getroffenen Annahmen darf man diese Frage getrost mit NEIN beantworten. Allenfalls für Fotografen, die ihre Bilder an einem großen Display begutachten, bearbeiten und präsentieren wollen, könnte sich das 33-Millionen-Pixel-Display mit 1,40 Meter Diagonale lohnen. Wer auf dem 55-Zöller dagegen nur Filme oder TV-Sendungen schauen will, hätte das Geld besser in ein ordentliches Soundsystem fürs 4K-Display investiert …

Auch wenn die Hersteller in ihre ultrahochauflösenden Vorzeigegeräte alle Toptechnik reinpacken, die sie zur Verfügung haben: Für den Privatgebrauch kann man 8K-TVs aktuell eigentlich vergessen. Allenfalls Cineasten mit Adleraugen und einem Hang zu teurem Equipment könnten daran ihre Freude haben.

Anders sieht es im Unternehmensbereich aus: Wo große Bilddiagonalen gebraucht werden (und sich sinnvoll unterbringen lassen), etwa wenn Leute kollaborativ am großen Schirm arbeiten möchten oder beeindruckende Präsentationen am Riesendisplay gehalten werden sollen, kommen große Displays mit ultrahoher 8K-Auflösung in Betracht. Außerdem gibt es Spezialanwendungen, bei denen jedes Pixel zählt (beispielsweise Satellitenbilder auswerten). Jenseits solcher Gebiete scheinen mir die 8K-Displays aber zumindest derzeit nicht wirklich zielführend. (uk)