Krise über Ukraine-Connections im US-Wahlkampf

Hat Biden das Steak auf dem Grill? Bild: Twitter-Account von Joe Biden

Trump und die Demokraten sind wegen des Drucks auf die ukrainische Regierung über Kreuz, den wahrscheinlich Trump, aber sicher auch Präsidentschaftskandidat Biden als Ex-Vizepräsident ausgeübt haben

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ein Geheimdienstagent hatte einen offiziellen Whistleblower-Hinweis an den Generalinspekteur der Geheimdienste geschickt. Es geht um ein von den Geheimdiensten (heimlich?) abgehörtes Telefongespräch am 25. Juli von US-Präsident Donald Trump mit einem ausländischen Regierungschef, in dem er u.a. ein Versprechen gemacht haben soll, das der Geheimdienstagent bedenklich findet. Verdichtet hat sich, dass es um das Gespräch von Trump mit dem neuen ukrainischen Präsidenten Zelenskyi geht, in dem er ihm zu seinem Wahlsieg gratulierte. Vermutet wird, dass Trump Zelenskyi mit der Aussetzung von 250 Millionen US-Dollar an Militärhilfe nötigen wollte, Ermittlungen gegen Joe Biden und/oder seinen Sohn einzuleiten (Ukrainegate: Geheimdienst-Whistleblower sorgt für Unruhe in Washington).

Trump stritt zunächst alles ab und verwies darauf, dass er wisse, dass Gespräche von den eigenen und ausländischen Geheimdiensten abgehört würden. Deswegen würde er hier auch nichts Bedenkliches sagen. Gestern räumte er ein, es sei im Rahmen des Sprechens über Korruption auch um Joe Biden gegangen. Es habe sich weitgehend um Glückwünsche und um die ganze Korruption gehandelt, die stattfindet, und "um die Tatsache, dass wir nicht wollen, dass unsere Leute wie Vizepräsident Biden und sein Sohn zu der in der Ukraine herrschenden Korruption beitragen".

Nach dem Wall Street Journal soll er achtmal Zelenskyi gebeten haben, gegen Biden zu ermitteln. Joe Biden ist bislang Trumps gefährlichster Konkurrent im Präsidentschaftswahlkampf. Sein Ansehen zu untergraben, liegt im Interesse Trumps, dessen Anwalt Giuliani überdies der Wahlkampfhilfe der früheren ukrainischen Regierung für Clinton und gegen Trump nachgeht. Aus der Ukraine gab es 2016 Hinweise auf Verwicklung von Trumps Wahlkampfmanager Manafort mit dem gestürzten Präsidenten Janukowitsch. Trump musste Manafort entlassen, der dann wegen Steuerbetrugs in den USA zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde.

Bislang gibt es allerdings keine Hinweise, dass Trump in dem Gespräch mit Zelenskyi die Militärhilfe in Zusammenhang mit Biden erwähnt hat. Die 250 Millionen wurden kürzlich von Trump bewilligt, das Außenministerium kündigte an, noch 150 Millionen drauflegen zu wollen. Trump meinte, er habe nichts dagegen, die Mitschrift des Gesprächs zu veröffentlichen, aber das sei heikel. Tatsächlich würde die Vertraulichkeit von Gesprächen mit Trump damit aufs Spiel gesetzt. Allerdings war diese auch nicht gewahrt, weil offensichtlich ein Geheimdienst mithörte - wahrscheinlich ohne Wissen und Zustimmung von Trump.

Das scheint aber in den USA wenig zu verwundern, die Opposition versucht natürlich, die vermutete Beeinflussung seitens Trumps zu skandalisieren, eine Offenlegung zu verlangen oder auch wieder einmal ein Impeachment-Verfahren einzuleiten. Das zeugt natürlich von großer Scheinheiligkeit unter den Demokraten, die damit Biden unter Schutz nehmen. Der hatte nämlich als Vizepräsident gleich mit einem Kredit von einer Milliarde nach seinen eigenen Worten geschachert, um die Entlassung des ukrainsichen Generalstaatsanwalts durchzusetzen, unter dem Ermittlungen gegen den ukrainischen Energiekonzern Burisma, in den Bidens Sohn Hunter eingestiegen war, wegen Korruption eingeleitet worden waren.

Biden brüstete sich 2018 auf einer Veranstaltung öffentlich, wie er mit der Milliarde die Entlassung des Generalstaatsanwalts durchsetzen konnte. Das wirft einen Blick auf den amerikanischen Politikstil auch von demokratischen Politikern, die das normalerweise nur nicht so offensiv und öffentlich im Trump-Stil betreiben, was es nicht unbedingt besser macht.

Adam Schiff, der demokratische Vorsitzende des Geheimdiensausschusses des Repräsentantenhauses, meinte, eine solche Erpressung wäre die "größte Verletzung des Amtseids des Präsidenten", es gebe kein Privileg, das sich auf Korruption erstreckt. Wenn Trump die Militärhilfe zurückgehalten haben sollte, um die Ukraine zu erpressen, gegen die Biden-Familie Ermittlungen aufzunehmen, sei ein Impeachment erforderlich. "Der Präsident treibt uns in diese Richtung. Wir könnten schon den Rubicon überquert haben."

Dass Biden bereits den Rubicon überquert hatte, kommt dabei natürlich nicht zur Erwähnung. Auch wenn die Erpressung mit der Milliarde nur den Generalstaatsanwalt treffen sollte und nicht Ermittlungen gegen Burisma, wäre das eine massive Einmischung in die Innenpolitik des Landes. Das würde Trumps Beeinflussung natürlich nicht abschwächen, aber dass dies überhaupt keine Rolle spielt, zeigt, dass es in der amerikanischen Politik nur um das Spiel zwischen den beiden herrschenden Parteien geht und dass in dem zementierten Zwei-Parteien-System eine plurale politische Landschaft sowie neutrale Medien fehlen.

Trump hält sich trotz der Aufregung nicht zurück, sondern gießt noch einmal Öl ins Feuer: "Die wirkliche Story betrifft Hunter Biden, der um die Welt geht und große Zahlungen von ausländischen Regierungen und Oligarchen einsammelt." Trump, der erneut die New York Times und die Washington Post als "Feinde des Volks" bezeichnete, verweist auf ein Interview von Peter Schweizer mit Fox News, der behauptet, Hunter Biden habe ein Vermögen in der Ukraine und in China gemacht: "Er verstand nichts von Energie oder von etwas anderem." Der Konflikt köchelt schon länger, Hunter in Zeiten der Vizepräsidentschaft seines Vaters seine internationalen Geschäftstätigkeiten ausgebaut zu haben.

Entsprechend schwach die Reaktion von Joe Biden, der inhaltlich nichts erklärt: "Der verzweifelte Donald Trump weiß, dass ich ihn schlagen kann, daher versucht er wieder die Hilfe einer ausländischen Regierung zu erhalten. Das ist ein Missbrauch der Macht und verletzt jede grundlegende Norm der Präsidentschaft. Wir können ihm nicht vier weitere Jahre im Weißen Haus geben."

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.