SC19: Intels langjähriger HPC-Chef verlässt die Arena

Auf der SC19 in Denver gab Intel das "Retirement" von Dr. Rajeeb Hazra bekannt, der viel Erfolg, aber auch einen großen Misserfolg hatte.

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Intels langjähriger HPC-Chef Hazra verlässt die Arena

Stolz präsentierte Hazra 2011 den ersten Xeon Phi (Knights Corner)

(Bild: Intel)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andreas Stiller
Inhaltsverzeichnis

Nach über 24 Jahren bei Intel ist der für das High Performance Computing (HPC) zuständige Dr. Rajeeb "Raj" Hazra im noch jungen Alter von 54 Jahren nun in den Ruhestand getreten. Als "Corporate Vice President of Data Center Group" und "General Manager of Enterprise and Government Group" umfasste sein Aufgabenbereich einiges mehr als nur HPC, aber der Szene ist er vor allem in seiner vorgehenden Funktion als "Director of Supercomputing Architecture" in guter Erinnerung.

Der indischstämmige Hazra hatte seinen Bachelor in Computer Science and Engineering an der Jadavpur-Universität in Kolkata (ehemals Kalkutta) in Indien gemacht. In den USA arbeitete er zunächst bei Lockheed Engineering und bei Wissenschaftsfirmen aus dem NASA-Langley-Research-Umfeld, bevor er 1994 zu Intel kam.

Unter seiner Ägide hat sich Intel zum absoluten Marktführer auf dem HPC- und Datacenter-Gebiet entwickelt. So waren zwischenzeitlich über 98 Prozent der Top500-Supercomputer mit Intel-Prozessoren bestückt – wiewohl Hazra auch einen ziemlich herben Flop dabei hatte, der Intel sicherlich viele Milliarden gekostet hat: das Xeon-Phi-Projekt.

Xeon Phi war schon gegen 2002 als "Larrabee-Projekt" entstanden und sollte zunächst Nvidia und ATI bei den Grafikkarten Konkurrenz machen. 2009 merkte Intel aber, dass man da keine Chance hat und widmete das Projekt auf HPC um. Mit der zu Xeon-Phi umgetauften Larrabee-Line wollte man die Exascale-Region zusammen mit Partnern wie SGI schon im Jahre 2018 erreichen, so verlautete es jedenfalls auf der ISC11 in Hamburg, damals noch mit Hazras Chef Kirk Skaugen.

Später kam dann im Rahmen der vom Staat finanzierten CORAL-Initiative das Aurora-Projekt mit einem geplanten Xeon-Phi Knights Hill in 10-nm-Technologie, das fürs Zieljahr 2018 etwas kleinere Brötchen backte, aber immerhin bis hin in den 500-Petaflops-Bereich eindringen sollte. Das ursprüngliche Aurora-Projekt wurde jedoch zusammen mit dem Xeon Phi begraben und neu ausgerichtet.

Für das große Desaster mit der 10-nm-Produktion konnte Hazra zwar nichts, doch es zeigte sich, dass die von ihm so favorisierte Xeon-Phi-Architektur nicht wirklich zielführend war und auf dem Markt nur wenig Erfolg hatte. Daher wurde sie vor zwei Jahren gecancelt. Den Partner SGI gab's aber derweil nicht mehr (ist inzwischen HPE), der neue heißt jetzt Cray – aber den gibts auch nicht mehr, der heißt jetzt ebenfalls HPE ...

Jetzt auf Intels HPC-Devcon im Vorfeld der SC19 in Denver hat Intels neuer Stern am HPC-Himmel, der von AMD zu Intel gewechselte GPU-Spezialist Rajy Kudori Intels neue Strategie vorgestellt, die unter dem Codenamen Ponte Vecchio läuft und die das Projekt Aurora im Jahre 2021 nun wirklich bis hin zu Exascale befeuern soll.

Rajy Kudori gehört jetzt auch zum Kandidatenkreis zur Nachfolge von Raj Hazra, denn einen Nachfolger hat Intel bislang noch nicht benannt. Die besten Chancen hat aber wohl die jetzige Managerin für High-Performance-Computing (HPC) Trish Damkroger.

Der noch junge und dynamische Dr. Rajeeb Hazra (hier auf der ISC16 in Frankfurt) im Ruhestand? - eher unwahrscheinlich. Da kann man gespannt sein, wo er demnächst auftaucht.

(Bild: Intel)

Der Autor dieser Zeilen hatte als c't-Redakteur über viele, viele Jahre mit Raj zu tun, ist manchmal mit ihm auch etwas aneinander geraten. Hazra soll heftig getobt haben, nachdem Details aus einer NDA-Session auf der SC13 in Denver (an der Presse nicht teilnehmen durfte) über den Xeon Phi Knighs Landing auf heise online auftauchten. Er hat mir das so übel genommen, dass er über ein Jahr nicht mehr mit mir gesprochen hat. Danach konnte ich wiederum in Denver auf der SC17 Details zu Intel neuer Xeon-Strategie-abgreifen, was ihm wohl ebenfalls nicht gefallen haben dürfte – aber das war das letzte Prozessorgeflüster, danach war ich im Ruhestand.

Und nun ist auch er im Ruhestand – so heißt es jedenfalls, aber ich bin mir nicht sicher, ob der ja noch junge Hazra jetzt nur noch Rosen züchtet, oder ob nicht noch interessante neue Aufgaben auf ihn warten, man darf gespannt sein. Und vielleicht trifft man sich ja doch wieder auf der ISC20 ... (as)