Schweizer Nationalrat will weitere E-Voting-Tests stoppen

Trotz eines vorläufigen Stopps von E-Voting in der Schweiz wollte die Regierung Versuche weiterlaufen lassen. Das Parlament hat nun dagegen gestimmt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 37 Kommentare lesen
Schweizer Nationalrat will weitere E-Voting-Tests stoppen

(Bild: Zerbor/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Simon Koenigsdorff

Der Schweizer Nationalrat hat am Montag eine parlamentarische Initiative verabschiedet, nach der die Regierung den weiteren Versuchsbetrieb von E-Voting-Systemen vollständig einstellen soll. Die große Kammer des schweizerischen Parlaments stimmte mit klarer Mehrheit für die Initiative des ehemaligen Nationalrats Claudio Zanetti (SVP), die nun dem Ständerat vorgelegt wird. In der Begründung hieß es von Seiten der rechtsnationalen SVP, die Regierung solle erst nachweisen, dass die bestehenden Sicherheitsprobleme beim E-Voting gelöst seien. Auch die parlamentarische Linke stimmte für den Antrag.

Laut einer Pressemitteilung des Parlaments forderte der SVP-Abgeordnete Jean-Luc Addor "einen Marschhalt und eine Denkpause." Dass der Bundesrat den Versuchsbetrieb mit neuen E-Voting-Systemen nicht auf Eis gelegt habe, obwohl die bisherigen Systeme allesamt wegen Sicherheitsbedenken eingestellt wurden, sei eine "Salamitaktik, um nach und nach ein unsicheres System einzuführen." Eine Regierungssprecherin entgegnete, der Bundesrat habe bereits beschlossen, E-Voting vorerst nicht als "ordentlichen Stimmkanal" zuzulassen, doch Mängel und Fehler könnten nur im Testbetrieb entdeckt werden. Unabhängig davon seien die Kantone frei darin, selbst Versuche mit E-Voting durchzuführen.

In der Begründung des Antrags verwies Addor auch auf das zuletzt von der Schweizerischen Post getestete und wegen Sicherheitsmängeln eingestellte System. Es sei "reiner Zufall", dass "Personen aus dem Ausland die massiven Schwachstellen" entdeckt hätten. Tatsächlich hatte unter anderem ein Team um die kanadische Sicherheitsforscherin Sarah Jamie Lewis bei einem sogenannten "Public Intrusion Test" im März Fehler in der Software des kommerziellen Anbieters Scytl entdeckt. Die Post hatte ihr E-Voting-System von der spanischen Firma entwickeln lassen. Der Fehler betraf die "universelle Verifizierbarkeit" der Stimmen, sodass eine unbemerkte Manipulation des Wahlergebnisses möglich gewesen wäre.

Die Schweizerische Post hatte in der Schweiz E-Voting-Lösungen für nationale und kantonale Abstimmungen angeboten, musste das Projekt jedoch wegen der gefundenen Schwachstellen nach massiver Kritik im Juli einstellen. Bereits zuvor hatte der Bundesrat beschlossen, erst 2020 mit einem neuen, eigens entwickelten System weiterarbeiten zu wollen, das die gesetzlichen Anforderungen erfüllt.

Bis dahin war das E-Voting-System der Post mit nur "individueller Verifizierbarkeit" seit 2016 bei insgesamt elf Abstimmungen in vier Kantonen in beschränktem Umfang im Einsatz gewesen. Nach Kritik unter anderem des Schweizer Chaos Computer Clubs hatte auch der Kanton Genf sein staatlich entwickeltes System "CHVote" im Sommer wegen fehlender Ressourcen eingestellt.

Elektronische Wahlsysteme werden in der Schweiz bereits seit Jahren getestet, um vor allem für im Ausland lebende Schweizer die Abstimmung zu vereinfachen. Inzwischen wächst jedoch der grundsätzliche Widerstand gegen die weitergehende Einführung von E-Voting in der Eidgenossenschaft. (siko)