Studien: Digitale Technik hat weniger negative Effekte auf Kinder

Neue Studien legen nahe, dass die Nutzung von Smartphones nicht so viele negative Effekte auf Kinder hat, wie oft vermutet wird.

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Digitale Technologien haben weniger negative Effekte auf Kinder

(Bild: dpa)

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Ängstlichkeit, Depressionen, Schlafstörungen und mangelndes Selbstbewusstsein – Smartphones stehen im Verdacht, diese Zustände bei Kindern und Jugendlichen hervorzurufen, mindestens jedoch zu begünstigen. Immer mehr Wissenschaftler ziehen diese Ergebnisse jedoch in Zweifel. Zwei Studien sind dieses Jahr erschienen, die das Feld neu aufrollen wollen. Und sagen, die gefundenen Effekte der digitalen Technik auf die mentale Gesundheit Heranwachsender sind so gering, dass sie kaum bewertbar sind

Psychologin Amy Orben von der Universität Cambridge hält in ihrer Metaanalyse fest, die Auswirkungen auf Kinder und Heranwachsende seien nur vermeintlich derart negativ. Sie kritisiert, dass Studien vor allem nicht unterscheiden, was genau Kinder konsumieren. Dabei spiele es eine Rolle, ob es um die Nutzung digitaler Technik im Generellen oder im Speziellen um Soziale Medien geht. Selbst das Verständnis von psychischem "well-being" sei wenig ausdifferenziert. Ihre Kritik richtet sich auch gegen die Interpretation von Untersuchungsergebnissen: "Die Richtung des Zusammenhangs zwischen digitaler Technik und der Gesundheit ist nicht klar."

Schaut ein Jugendlicher den ganzen Tag Fotos von Influencern auf Instagram und bekommt dadurch Selbstzweifel oder versucht er sich wegen seiner Selbstzweifel bei Instagram Tipps zu holen? Wenn ein Heranwachsender viel am Computer spielt, kann er Probleme im sozialen Leben bekommen, aber das muss nicht am Spielen selbst liegen, sondern kann mit der Vernachlässigung anderer Aufgaben zusammenhängen.

Solche Diskussionen hat es mehrfach gerade in Bezug auf Computerspiele gegeben. Einen Beleg für einen Zusammenhang zwischen Gewalt und Computerspielen gibt es bisher nicht, obwohl es in Deutschland sogar eine wissenschaftliche Konferenz zum Thema Gewalt in Spielen gibt und die Bundesregierung eine Spiele-Agenda erstellt hat. Bundesinnenminister Horst Seehofer forderte nach dem rechtsextremistischen Anschlag von Halle trotzdem, die Gamerszene stärker im Blick zu behalten, da der Attentäter vor der Tat einen Ablaufplan veröffentlicht hatte, der an ein Computerspiel erinnerte.

Orben fordert eine sehr viel differenziertere Forschung, welche digitale Technik tatsächlich Auswirkungen auf Heranwachsende haben und welche Rolle andere Faktoren spielen. Feststellungen, dass die derzeit jüngere Generation gesundheitlich häufiger angeschlagener ist als ihre Eltern, lassen sich laut der Autorin nicht nur auf Technik zurückführen. Die Gründe dafür können ebenso in der Erziehung liegen, einer Angst vor dem Klimawandel oder einer unsicheren Wirtschaftslage.

Auch eine Studie von Candice L. Odgers und Michaeline R. Jensen aus dem Journal of Child Psychology and Psychiatry legt nahe, dass sich die Forschung ändern müsse, es kaum verwertbare Erkenntnisse gebe. "Unsere Ergebnisse zeigen, – und sind zugleich eine Nachricht an Eltern – dass die digitale Landschaft und deren Effekte zu komplex, sich schnell verändernd und unterschiedlicher Art sind, um sie vollständig zu verstehen." Dennoch zeige sich, dass die selben Hilfestellungen wie früher nun auch in Bezug auf Online-Aktivitäten funktionierten. Sie mögen zwar ein bisschen anders aussehen, es gehe aber nach wie vor darum, helfend zur Seite zu stehen. (emw)