Streit über Bonpflicht: Wozu der Bon? – Die technischen Vorgaben des Gesetzes

Die neuen Kassengesetze sollen verhindern, dass Gewerbetreibende Umsätze vor dem Finanzamt verstecken. Doch was heißt das technisch? Und wofür der Bon?

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Streit über Bonpflicht: Wozu ein Bon? – Die technischen Vorgaben des Gesetzes

(Bild: YAKOBCHUK VIACHESLAV/Shutterstock.com)

Lesezeit: 15 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
Inhaltsverzeichnis

Seit einigen Wochen sorgen neue Regelungen zur Absicherung von Registrierkassen, die am 1. Januar 2020 in Kraft getreten sind, für heftige Diskussionen. Sie sollen Steuerhinterziehung in enormem Umfang verhindern, aber eine darin enthaltene neue Pflicht zur Ausgabe von Kassenbons ("Bonpflicht") wird von verschiedenen Seiten teils heftig kritisiert. In einem Schwerpunkt widmet sich heise online den Regelungen und erklärt die Hintergründe sowie die technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten. Zum Abschluss gibt es noch Antworten auf die häufigsten Fragen.

Die neuen Kassengesetze sind eins der größten IT-Projekte der Bundesregierung. Da in der öffentlichen Debatte jedoch fast ausschließlich von der Bonpflicht die Rede ist, gerät das oft in Vergessenheit. Dabei geht es um so viel mehr: Eine Infrastruktur von über zwei Millionen ungesicherten Kassen von hunderten verschiedener Hersteller auf einen aktuellen Stand der Technik und Sicherheit zu bringen.

Die Herausforderungen der Umstellung waren hoch. Zum einen gilt es, den grassierenden Steuerbetrug zu stoppen, der den Steuerzahler jedes Jahr 10 Milliarden Euro oder sogar wesentlich mehr kostet. Zum anderen sollte den Gewerbetreibenden in Deutschland erspart werden, einen Großteil der Registrierkassen ersetzen zu müssen. Die Anschaffungskosten können durchaus beachtlich sein: Insbesondere wenn die Kassenanlage wie bei Metzgereien direkt mit den Waagen verbunden sein müssen, kommen erhebliche Beträge zusammen: Der Betreiber einer Metzgerei sprach im Gespräch mit heise online von 30.000 Euro für die Ausstattung eines einzigen Ladenlokals. Solche Umstellungskosten sollen nun nur noch im groben Ausnahmefall anfallen. Wer über eine moderne und einfache PC-Kasse verfügt, kommt mit einem niedrigen dreistelligen Betrag für die Umstellung aus.

Streit über Bonpflicht: Hintergründe zur Kassensicherungsverordnung

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Die neue Kassensicherungsverordnung sorgt wegen der Bonpflicht für Aufregung. heise online erklärt in mehreren Artikeln die technischen und polituschen Hintergründe sowie die Pflicht zum Kassenbon.

Die Legacy-Hardware war hier ein Hauptproblem. Zwar sind PC-Kassen mit marktüblichen Betriebssystemen und Komponenten mittlerweile der Normalfall. Doch die Ausstattung der Geräte ist je nach Branche und Kaufdatum sehr verschieden. Teilweise kann in den Registrierkassen, die heute in einem Laden stehen, noch ein Windows XP oder Windows CE stecken, teilweise verfügen sie noch über altertümliche serielle Schnittstellen statt eines USB-Anschlusses.

Den wild gewachsenen Markt unterschiedlichster Techniken komplett zu ersetzen, hätte wohl das Aus für einen Großteil der Kassenbranche in Deutschland bedeutet. "Müssten die Kassen selbst sicherheitszertifiziert werden, würde sich die Zahl der Hersteller vermutlich um 80 bis 90 Prozent vermindern", schätzt Hubertus Grobbel, Manager beim Zulieferer Swissbit. Es geht um viele Firmen: SwissBit alleine hat mit mehr als 500 Unternehmen im Kassenmarkt zu tun, schätzungsweise sind deutlich mehr als 1000 Hersteller in Deutschland tätig. Genaue Zahlen über den unübersichtlichen Markt gibt es nicht. Deshalb kam es auch kaum in Betracht, die Kassensoftware direkt zu zertifizieren.

Einen Vorteil für die Umstellung bietet der Kassenmarkt immerhin: Viele Kassen werden nicht einfach über den Tresen verkauft – stattdessen binden die Kassenhersteller ihre Kundschaft per Servicevertrag an sich. Denn Updates sind immer mal wieder notwendig, wenn sich die Steuergesetze in Deutschland ändern oder wenn neue Zahlungsmechanismen integriert werden sollen. Die Kassenhersteller versuchen auch, ihr Serviceangebot immer weiter auszubauen: Die Kassen werden an unterschiedliche Warenwirtschaftssysteme angebunden, Cloud-Services und Rabattsysteme direkt in die Kassensoftware integriert, teilweise können sogar die Abläufe in einer Restaurantküche mit Hilfe von Kassendaten optimiert werden. Ergebnis war ein kaum überschaubares Sammelsurium an unterschiedlichster Kassentechnik, die unmöglich auf Sicherheit und etwaige Manipulationssysteme überprüft werden kann.

Bundestag und Bundesregierung entschieden sich deshalb für ein System, das nicht direkt an der Kassen-Hardware und -Software ansetzt, sondern die Manipulation der Ein- und Ausgabe verhindern soll. Kernelement ist die sogenannte technische Sicherheitseinrichtung (TSE).