Gedruckte Häuser

In Mexiko entsteht das weltweit wohl erste Wohngebiet aus dem 3D-Drucker.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 3 Kommentare lesen
Gedruckte Häuser

(Bild: Screenshot YouTube)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Geschäftig fährt der Druckkopf das zehn Meter breite Gerüst entlang. Graue Betonpaste quillt aus ihm heraus wie eine lang gezogene Wurst. Schicht für Schicht legt er die Betonwürste übereinander. So entstehen Wände, die aussehen, als hätte jemand dicke Betonseile übereinandergelegt. Mithilfe von Rädern fährt der Drucker den Grundriss des Hauses ab: Ein 3D-Drucker, der Hauswände druckt.

Der Beton härtet so schnell aus, dass keine Verschalung nötig ist. Er erinnerte seine Entwickler vom US-Unternehmen Icon wohl an erkaltende Lava, denn sie tauften ihr Baumaterial „Lavacrete“ (ein Kofferwort aus „lava“ und „concrete“, also Beton). Der Misch- und Vorratstank hört auf den Namen Magma. Folgerichtig heißt die eben-falls von Icon entwickelte 3D-Gebäudedrucker-Serie Vulcan.

Nun soll „Vulcan II“ das weltweit wohl erste gedruckte Wohngebiet mit 50 Häusern in der südmexikanischen Tabasco-Region hochziehen, im Auftrag der gemein­nützigen Wohltätigkeitsorganisation New Story aus San Francisco. In gerade mal 24 Stunden Nettodruckzeit entstanden Ende 2019 die Innen-, Außen- und zickzackför­mige Mittelwand zweier einstöckiger Häuschen.

Die beim Drucken noch schmuddelige Farbe hellt beim Aushärten deutlich auf. Die mexikanische Partnerorganisation „Echale a tu casa“ übernahm den konventionellen Einbau von Fenstern, Türen, Dach sowie Elektro- und Sanitärinstallationen. Getrocknet, mit Fensterrahmen und durchbrochenen Zier-Lüftungsziegeln über den Fenstern ist das Ergebnis ein ­adrettes Drei-Zimmer-Häuschen. Die Modellhäuser sind etwa 46,5 Quadratmeter groß, haben ein Bad und eine Küche und sollen im Serienbau weniger als 4000 Dollar kosten.

Sie werden armen Familien zugeteilt, die weniger als 80 Dollar im Monat verdienen und bisher in Wellblechhütten wohnen. „Für die meisten Familien wird es das erste Mal sein, dass sie ein echtes, an die Kanalisation angeschlossenes Bad mit Sanitäranlagen haben“, sagte New-Story-Mitgründerin Alexandria Lafci der Online-Ausgabe des Magazins „Fast Company“.

Der Druckvorgang ist prinzipiell autonom, der Bauleiter kann ihn über die Steuer-App jedoch modifizieren. Da­rüber hinaus überwacht das System eigen­ständig das Wetter und passt die Betonmischung etwa bei höherer Luftfeuchtigkeit an, um die benötigte Viskosität beizubehalten. Icon-Geschäftsführer Jason Ballard zufolge verleiht die doppelwandige Struktur mit Hohlräumen den Häusern eine lückenlose thermische Hülle. Darüber hinaus wurde das Fundament erdbebensicher geplant, da die Tabasco-Region in einem seismisch aktiven Gebiet liegt.

Zwar gibt es schon einige gedruckte Häuser, etwa in China, den Nie­derlanden und Saudi-Arabien. Das waren jedoch Einzelanfertigungen. Icon setzt dagegen auf Serienproduktion: Künftig sollen solche Häuser an einem einzigen Tag gedruckt werden, da der 3D-Drucker Icon zufolge auch nachts arbeiten kann. Selbst größere Häuser mit etwa 185 Quadratmetern sollen in drei ­Tagen fertig werden. Auch größere Serien plant Icon: Ein in der texanischen Großstadt Austin ­gedruckter Prototyp erhielt eine ­Baugenehmigung und hat damit den Weg für ein Großprojekt geebnet. In Austin sollen später insgesamt 500 gedruckte Häuser auf einem 20 Hektar großen Areal entstehen.

(bsc)