Corona: Musikbranche fordert Soforthilfe und Konjunkturprogramm

Angesichts massiver Einnahmeverluste durch abgesagte Veranstaltungen wenden sich Spitzenvertreter der Musikindustrie nun an die Bundesregierung.

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Corona: Musikbranche fordert Soforthilfe und Konjunkturprogramm

(Bild: Shutterstock/Olivier Le Moal)

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Die deutsche Musikwirtschaft stellt sich angesichts der Coronavirus-Pandemie auf "harte Zeiten" ein und fordert von der Bundesregierung nun direkte Unterstützung. Die Betroffenen in der Branche würden "diese Zeit nur überleben, wenn die Bundesregierung handelt", heißt es in einem offenen Brief des Deutschen Musikrates vom Mittwoch. Darin fordern die Unterzeichner "eine für die Branche geeignete Soforthilfe sowie ein Konjunkturprogramm", um das Überleben der gewachsenen Strukturen der Musikindustrie zu sichern.

Das Coronavirus und die deswegen seit Wochen geltenden Einschränkungen treffen eine der tragenden Säulen der deutschen Musikwirtschaft besonders hart: Größere Live-Veranstaltungen dürfen derzeit nicht stattfinden. Der Musikrat befürchtet, dass diese Einschränkungen "voraussichtlich bis weit in das kommende Jahr hinein" gelten werden. Darüber hinaus werde die Durchführung von Konzerten unter notwendigen Hygienemaßnahmen "bis auf Weiteres nicht annähernd kostendeckend möglich sein".

Live-Veranstaltungen erwirtschaften laut einer Studie des Bundesverbands Musikindustrie (BVMI) von 2015 ein gutes Viertel der Wertschöpfung der gesamten Branche, die 2014 rund 3,9 Milliarden Euro betrug. Zugleich arbeiteten damals knapp die Hälfte der rund 68.000 in der privaten Musikwirtschaft Beschäftigten im Live-Sektor. Dazu kommen noch zehntausende Künstler und Selbstständige, die einen Großteil ihrer Einnahmen mit Konzerten verdienen. Neuere Zahlen hat der Verband nicht, noch in diesem Jahr soll eine Neuauflage der Studie erscheinen. Im Tonträgergeschäft dominiert inzwischen das Streaming.

Aktuellen Schätzungen der Verbände zufolge müssen die über 50.000 Musiker in sechs Monaten Einnahmeausfälle von insgesamt 325 Millionen Euro verkraften. Bis Ende Mai mussten rund 80.000 Veranstaltungen abgesagt werden. Die Umsatzausfälle wegen nicht verkaufter Karten und abgesagter Veranstaltungen beziffert die Branche auf insgesamt rund 3,6 Milliarden Euro für ein halbes Jahr. Deshalb hatte die Musikwirtschaft schon Ende März ein Nothilfeprogramm gefordert, das den besonderen Bedürfnissen der Branche Rechnung trägt.

"Die bisher aufgelegten nicht branchenspezifischen Nothilfeprogramme sind nicht hinreichend geeignet, die drohenden Insolvenzen gerade von kleinen und mittelgroßen Akteuren der Musikwirtschaft zu verhindern", verleiht der Musikrat dieser Forderung nun Nachdruck. Über das bisher geleistete hinaus fordern die Branchenvertreter "eine für die Branche geeignete Soforthilfe sowie ein Konjunkturprogramm, welches das Überleben der heterogenen, historisch gewachsenen und vielfältig vernetzten Infrastruktur sichert".

Unterdessen sorgt die Gema für kurzfristige Linderung. Die Verwertungsgesellschaft hat eigenen Angaben zufolge im vergangenen Jahr von Konzertveranstaltern, Diskotheken, Radiosendern und Internetdiensten 1,07 Milliarden Euro eingenommen und schüttet davon 906 Millionen Euro an weltweit zwei Millionen Komponisten, Textautoren und Musikverleger aus. "Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen wird das sehr gute Geschäftsjahr 2019 der Gema zum Krisen-Airbag für unsere Mitglieder", sagte Vorstandschef Harald Heker am Mittwoch in München. Für viele seien die Ausschüttungen existenzsichernd.

Den weitaus größten Beitrag am Gema-Gesamtaufkommen leisteten erneut die Erträge aus Musikveranstaltungen, die "aufgrund eines starken Konzertjahres" 2019 um fünf Prozent auf 407 Millionen Euro stiegen. Allerdings werden die durch die Pandemie verursachten Ausfälle voll auf die Einnahmen der Gema durchschlagen und den Wahrnehmungsberechtigten dann im nächsten Jahr fehlen.

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