Als Ost und West in Korea gegeneinander Krieg führten

Eine zerstörte Brücke und das Wrack eines nordkoreanischen Panzers (Oktober 1950). Bild: United States Army

70 Jahre Korea-Krieg: Verlauf, Hintergründe, Interpretation - Teil 1: Verlauf

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Im Zweiten Weltkrieg bekämpften die USA und die Sowjetunion als Alliierte nicht nur das Deutsche Reich in Europa, sondern auch Japan in Asien. Gemeinsam befreiten Moskau und Washington Korea von japanischer Fremdherrschaft, und gemeinsam wurde vereinbart, dass sich die japanischen Einheiten im Süden der Halbinsel den Amerikanern und im Norden den Sowjetrussen ergeben sollten. Als vorläufige Grenze zwischen den beiden Sektoren wurde der 38. Breitengrad definiert. Doch als nach dem Sieg gegen die gemeinsamen Feinde Deutschland und Japan das Verbindende plötzlich wegfiel, verschlechterten sich auch die Beziehungen zwischen den USA und der UdSSR zunehmend. Dies führte in Europa dazu, dass aus den vier Besatzungszonen in Deutschland schlussendlich die BRD und die DDR entstanden. Fast zeitgleich wurden auch in Korea entlang der Demarkationslinie am 38. Breitengrad zwei Staaten gegründet. Anders als in Deutschland mündete die Spaltung dort aber 1950 in einen Krieg mit Millionen Toten.

In Teil 1 geht es um den Verlauf des Korea-Krieges, der von 1950 bis 1953 geführt wurde.

Wie ein regionaler Grenzzwischenfall zum internationalen Krieg ausartete

Am 25. Juni 1950 überschritten nordkoreanische Truppen die Grenze am 38. Breitengrad nach Südkorea. Was wie ein weiterer Grenzzwischenfall im seit Ende des Zweiten Weltkriegs in zwei Staaten geteilten Korea aussah, entwickelte sich binnen weniger Wochen zu einem großen Krieg mit internationaler Beteiligung. Nur zwei Tage nach der Grenzverletzung verurteilte der UN-Sicherheitsrat Nordkorea als Aggressor und beschloss die Aufstellung einer UN-Streitmacht von 22 Staaten unter Führung der USA zur Befreiung Südkoreas. Mit der Resolution 85 des UNO-Sicherheitsrates wurde am 31. Juli schließlich das militärische Eingreifen einer UNO-Streitmacht autorisiert. Doch warum legten die kommunistischen Verbündeten Nordkoreas UdSSR und China dagegen kein Veto ein?

Der Grund dafür war der, dass die von Mao Zedong nach dem Sieg im Bürgerkrieg am 1. Oktober 1949 ausgerufene Volksrepublik China den chinesischen Sitz im Sicherheitsrat den Nationalchinesen unter Tschiang Kai Schek überlassen musste, die nach Taiwan zurückgewichen waren. Gegen diese vom Westen unterstützte Entscheidung protestierte die UdSSR vergebens, und so zog sie zwischen Januar und August 1950 ihren UNO-Botschafter ab, was die Aufstellung einer UN-Armee zur Befreiung Südkoreas vom kommunistischen Nachbarn überhaupt erst ermöglichte. Historiker sind sich allerdings uneins, ob der fehlende Einspruch der UdSSR gegen eine US-Koalition nicht auch taktischer Natur war. So argumentiert der Zeithistoriker Rolf Steininger, dass Stalin einen Krieg in Korea billigte, weil ein solcher absehbar den Klassenfeind aus Washington gegen den ungeliebten kommunistischen Bruder aus Beijing aufbringen und zugleich Moskaus Waffenexporte steigern würde.1 Wenn sich zwei streiten, freut sich bekanntlich der Dritte.

Die Ereignisse sollten sich jedenfalls bis Ende 1950 überschlagen: Erst drang die stark aufgerüstete, aber zahlenmäßig dem südkoreanischen Heer in etwa ebenbürtige nordkoreanische Armee bis Mitte September tief in den Süden vor. Der Gegner leistete wenig Widerstand und zog sich in den Südzipfel des Landes bei Pusan zurück. Dort landeten am 15. September 1950 die unter Führung von US-General Douglas MacArthur stehenden UN-Truppen und schlugen in den folgenden Wochen die Nordkoreaner nicht nur bis zum 38. Breitengrad zurück - bereits am 26. September, nur neun Tage nach ihrer Landung, hatten sie Seoul zurückerobert -, sondern drangen weit in den Norden vor. Nachdem dessen Hauptstadt Pjöngjang am 19. Oktober eingenommen worden war, setzte MacArthur seine Offensive fort, bis in der letzten Oktoberwoche der koreanisch-chinesische Grenzfluss Amnokkang, chinesisch Yalu, erreicht war.

Harry S. Truman, Douglas MacArthur, Mao Zedong. Bilder: Public Domain

Ein solcher Vorstoß ging weit über die UN-Mission zur Befreiung Südkoreas hinaus. Doch Washington kümmerte sich nicht darum, und es ignorierte auch die Appelle aus Beijing, das sich von der auf seine Grenze zumarschierenden UN-Armee, die in zentralen Bereichen eine US-Armee war, bedroht fühlte. Oberbefehlshaber MacArthur, der über den Einsatz von Atombomben nachdachte (dazu später mehr), überschätzte allerdings die eigenen Fähigkeiten und unterschätzte offensichtlich den Gegner. So drangen nun am 27. Oktober chinesische Truppen in Korea ein und schlugen die US-geführte Koalition zurück. Am 5. Dezember eroberten die rund 200.000 "Freiwilligen" - so genannt, weil Beijing die augenscheinliche Verantwortung für den Kriegseinsatz aus diplomatischen Motiven abstritt - Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang. Hatte MacArthur die Befreiung Südkoreas zu einem Krieg um die Einigung des ganzen Landes nach südkoreanisch-US-amerikanischen Vorstellungen ausgeweitet, so versuchte Mao Zedong nun dasselbe: Am ersten Weihnachtstag 1950 überquerten Beijings Truppen ihrerseits die Grenze am 38. Breitengrad nach Süden.

Zu Jahresbeginn bereiteten die UN-Truppen bereits die Evakuierung Seouls vor, und am 13. Januar 1951 wurde eine UN-Resolution verabschiedet, die eine Waffenruhe vorsah. Da China angesichts der momentanen militärischen Erfolge klar machte, sich nicht an einen Waffenstillstand halten zu wollen, verabschiedete der UN-Sicherheitsrat - nach der Rückkehr der UdSSR im August 1950 nun wieder vollzählig - am 1. Februar eine Resolution, nach der China "in die Aggression verwickelt" war. Chinesische Truppen drangen inzwischen nach Seoul vor, die US-geführte Koalition eroberte die Stadt aber am 15. März wieder zurück und erreichte am 22. März erneut den 38. Breitengrad. Nach neun Monaten Krieg stand fest, dass die aus dem Zweiten Weltkrieg resultierten ungelösten Spannungen um die Wiedervereinigung Koreas, die vor dem Hintergrund des Kalten Krieges völlig eskaliert waren, mit Waffengewalt nicht zu lösen waren. Auf Seiten der USA gab es jedoch einen, der dies nicht so sah, nämlich Oberbefehlshaber General Douglas MacArthur. Er versuchte angesichts der militärischen Patt-Situation mit China eine Entscheidung durch den Einsatz von Atombomben zu erzwingen.

Vom Wahnsinn des "begrenzten Krieges" zum Wahn des unbegrenzten Atomkriegs?

"In war there is no substitute for victory."2
Douglas MacArthur

"Don't make a fuss about a world war. At most, people die. ... Half the population wiped out - this happened quite a few times in Chinese history. ... It's best if half the population is left, next best one-third."3
Mao Zedong

Im Dezember 1960 erklärte der ehemalige US-Präsident Harry S. Truman im Fernsehinterview mit dem Kolumnisten der Chicago Sun-Times Irv Kupcinet, General Douglas MacArthur habe "China und das östliche Rußland und alles andere mit Atombomben belegen"4 wollen. MacArthur konterte, Truman erzähle "falsche und ebenso phantastische"5 Geschichten und wolle mit diesen Behauptungen nur von sich ablenken. MacArthur:

"Wir benötigten die Atombomben in Korea nicht mehr als im Kriege gegen Japan. Diese völlige Verdrehung der Geschichte ist nur dazu ausersehen, Trumans vergangene Fehler zu vertuschen."6

Truman räumte am 23. Dezember 1960 ein: "Ich habe keinen dokumentarischen Beweis für meine Behauptungen." Dieser folgte jedoch am 8. April 1964, nur drei Tage nach dem Tod MacArthurs, als Robert Considine von der Hearst-Presse und Jim Lucas von den Swipps-Howard-Blättern Interviews publizierten, die ihnen der General zehn Jahre zuvor unter der Bedingungen gewährt hatte, dass sie erst post mortem veröffentlicht werden dürften.7 Darin sprach MacArthur von 30 bis 50 Atombomben auf chinesische Flugplätze und Depots in der Mandschurei, der Landung von 500.000 Nationalchinesen unter Führung von zwei US-Marine-Infanterie-Divisionen im Rücken des Feindes sowie von einem radioaktiven Kobaltgürtel südlich des Yalu-Flusses, um auf Jahrzehnte ein Eindringen Chinas nach Korea zu verhindern.8

Doch es war ausgerechnet der eigenwillige Truman, der sich nun dem Hardliner MacArthur entgegenstellte und auf eine Strategie des "begrenzten Kriegs" setzte. Dabei war er der einzige US-Präsident, der je den Abwurf von Atombomben auf Menschen autorisiert hat - auch wenn es nicht seine freie Entscheidung gewesen sein dürfte und er vermutlich den Abwurf einer dritten Atombombe auf Japan verhindert hat.9 Rolf Steininger führt Trumans Korea-Strategie drauf zurück, dass ein großer und offener Krieg mit China vermieden werden sollte, weil ein solcher die Position der USA in Westeuropa gefährdet hätte. Der höchste militärische Berater des Präsidenten, General Omar Bradley, kein prinzipieller Kriegsgegner, war der Meinung, dass eine Ausweitung des Schlachtfeldes auf China "der falsche Krieg zur falschen Zeit am falschen Ort und mit dem falschen Feind"10 gewesen wäre. MacArthur war hingegen der Meinung, dass es im Krieg, wenn er schon geführt werden müsse, keine Alternative zum Sieg gebe und kritisierte am 5. April 1951 Trumans Strategie öffentlich.

Der Machtkampf spitzte sich zu, bis Truman die Reißleine zog und am 11. April den höchstdekorierten US-General entließ. Zu seinem Nachfolger wurde General Matthew Bunker Ridgway bestimmt. Doch damit war die Situation noch keineswegs vorbei: MacArthur, der hohe Beliebtheit genoss, weil er am 2. September 1945 als Oberkommandierender der Alliierten die Kapitulation Japans entgegengenommen hatte und danach für die Demilitarisierung und Demokratisierung des Landes verantwortlich gewesen war, probte offen den Aufstand. Bei seiner Rückkehr in die USA veranstaltete er einen landesweiten Triumphzug, der vermutlich selbst Gaius Julius Caesar hätte vor Neid erblassen lassen:11 500.000 Menschen empfingen ihn in San Francisco, in Chicago feierten ihn mehr als drei Millionen Menschen,12 und in New York warf ein weiteres Millionenpublikum 2.859 Tonnen Papierkonfetti für den Helden des Zweiten Weltkriegs.13

MacArthur - ein "amerikanischer Cäsar"14

"1951 war wohl der einzige Moment in der Geschichte, in dem Amerika kurz davorstand, das Schicksal der römischen Republik zu teilen. Der Mann, der die Rolle Caesars gespielt hätte, war General Douglas MacArthur."15
Niall Ferguson

Kurzzeitig erreichte MacArthur, wie der Historiker Niall Ferguson schreibt, dank seiner hervorragend inszenierten Triumphzüge 69 Prozent Zustimmung in der Bevölkerung, während die Werte des Präsidenten auf 26 Prozent sanken.16 Republikanische Abgeordnete forderten ein Amtsenthebungsverfahren, das in der republikanischen Presse Wiederhall fand.17 Dem Demokraten Truman und seiner Regierung wurde vorgeworfen, zu kommunistenfreundlich aufzutreten - ein Vorwurf, der durch keinerlei Fakten belegbar und nur angesichts der innenpolitischen Hetzjagd auf Kommunisten im Zuge des McCarthyismus zu erklären ist.

Der republikanische Senator Joseph McCarthy gewann ab 1950 mit unbewiesenen antikommunistischen Verschwörungstheorien großen innenpolitischen Einfluss, den er bis 1955 aufrechterhalten konnte. Seine populistische Haltung speiste sich aus der Abwesenheit von Analyse (er übersah völlig die sowjetisch-chinesischen Widersprüche) und einer primitiven und verallgemeinernden Sicht auf die Sowjetunion, der er unterstellte, alle globalen kommunistischen Bewegungen zum Zwecke der Eroberung der Welt zu steuern. McCarthys eigentliche Zielscheibe war aber die Regierung des Demokraten Truman, dem er Nachgiebigkeit in der China- und Korea-Politik vorwarf. Der Historiker Louis J. Halle:

"In den Vereinigten Staaten begann öffentlicher Druck die Meinungsfreiheit einzuschränken, und dies lief darauf hinaus, daß nur noch eine einzige Ansicht über die internationale Lage wiedergegeben werden durfte. Sie schirmte das amerikanische Volk von der Wirklichkeit ab."18

Wäre es nach McCarthy gegangen, hätte sein republikanischer Gesinnungsgenosse MacArthur alle militärischen Mittel erhalten, welche dieser zum Sieg über China und die Sowjetunion gefordert hatte. McCarthys und MacArthurs "Kampf gegen den Kommunismus" um jeden Preis wirkt wie der Vorläufer des 50 Jahre später von den Republikanern unter Präsident George W. Bush etablierten Konzepts "War on Terror" (Krieg gegen den Terror). Bei allen Unterschieden tritt doch als Gemeinsamkeit der Versuch zutage, solche Konzepte im öffentlichen Diskurs zu verankern und damit zukünftige Eskalationsschritte zu rechtfertigen. MacArthur jedenfalls war zum Kampf bereit: Nachdem er 1948 bei den Vorwahlen zur Präsidentschaftswahl gescheitert war, wiederholte er seinen Griff nach der Macht 1952. Zum Bedauern seiner vielen Unterstützer scheiterte er erneut, diesmal am erfolgreichen republikanischen Mitkandidaten Dwight D. Eisenhower.

Im April 1951 sah es aber für einen Moment so aus, als könnte ein amtierender Präsident den Machtkampf gegen einen Militär verlieren. Folgt man dem Historiker Niall Ferguson, so stand gar der Fortbestand der US-amerikanischen Demokratie auf dem Spiel.19 Und der Historiker Eran Shalev erinnert daran, dass Truman, der seinen Kontrahenten durchaus nicht unterschätzte, den General für einen selbsternannten Konsul hielt, der glaubte, tun und lassen zu können, was er wollte. Indem er den Präsidenten öffentlich herausforderte, überschritt MacArthur den Rubikon, was vor ihm nur wenige US-Militärs gewagt hatten - auch wenn es letztlich ohne Erfolg war.20

So setzte sich Präsident Harry S. Truman mit seinem Konzept des "begrenzten Kriegs" gegen den zum Äußersten bereiten Militär Douglas MacArthur durch. Doch für die koreanische Bevölkerung änderte sich wenig: Auch wenn außer Frage steht, dass ein Einsatz von US-amerikanischen Atombomben die Opferzahlen drastisch erhöht hätte, so war auch der "begrenzte Krieg" der USA nur ein politisch begrenzter - man wollte den ganz großen Konflikt mit der UdSSR und China vermeiden. Den Krieg selbst führten die Amerikaner mit äußerster Brutalität, indem sie mehr als 32.000 Tonnen Napalm einsetzten, Massaker an Zivilisten begingen21 und insgesamt mehr Bomben auf Korea abwarfen als auf Japan im Zweiten Weltkrieg,22 mit dramatischen Folgen, wie Johann Althaus in der Zeitung Die Welt konstatiert:

"Fast alle Städte in Nordkorea wurden dem Erdboden gleichgemacht. Wirklich jede Familie Nordkoreas hatte Angehörige im Luftkrieg verloren."23

Die Kriegsgefangenen-Frage

"John Dunn never returned. He spent six years in Beijing, studying Chinese at a university. While there, he met and married a woman believed to have been a Czechoslovakian diplomat; when she returned home, in 1959, he went back with her and was never heard from again."24
Brendan McNally

Am 22. April 1951 begann die chinesische Frühjahrsoffensive, welche die UN/US-Koalition weit in den Süden drängte. Einen Monat später, am 23. Mai, schlugen Ridgways Truppen Maos Soldaten wieder an den 38. Breitengrad zurück. Angesichts dieser Patt-Situation und vor dem Hintergrund des durch Truman gewonnenen Machtkampfes um den "begrenzten Krieg" setzten die Konfliktparteien nun auf Waffenstillstandsverhandlungen. Diese begannen am 10. Juli, wurden am 25. Oktober fortgesetzt und erst zwei Jahre später am 27. Juli 1953 mit der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens in Panmunjom abgeschlossen.

Inmitten der zähen Verhandlungen ging der Krieg weiter, und so bombardierten US- Flugzeuge am 23. Juni 1952 feindliche Stellungen am koreanisch-chinesischen Grenzfluss Yalu. Am 24. Oktober 1952 kündigte General Dwight David Eisenhower an, im Falle seiner Wahl zum Präsidenten nach Korea zu gehen, um den Krieg zu beenden. Doch wieso zogen sich die Verhandlungen so in die Länge? Im Zentrum des Streits stand die Frage der Kriegsgefangenen. Der Hintergrund war, dass von den 132.000 nordkoreanisch-chinesischen Kriegsgefangenen durch die UN-Truppen nur rund 70.000 zu einer Rückkehr in ihr Land bereit waren. Die Koalition des Nordens hatte aber lange darauf bestanden, dass alle ihre Soldaten zurückkehren mussten und als Kompromiss am 30. März 1953 angeboten, dass die rückkehrunwilligen Soldaten auf einen neutralen Staat ausweichen hätten dürfen.

Die MiG-15, mit der ein nordkoreanischer Pilot 1953 in die USA überlief. Bild: U.S. Air Force

Die Frage, warum die USA so vehement darauf bestanden hatten, dass die Kriegsgefangenen nicht gegen ihren Willen nach Nordkorea, China und vereinzelt in die UdSSR zurückkehren mussten, hatte indes weniger mit dem Bezug zum Menschenrecht auf Freiheit als mit militärischem Kalkül zu tun: Man erhoffte sich von den Gefangenen brauchbare Informationen über die kommunistischen Gegner im großen Systemkampf Kalter Krieg. Umgekehrt galt dasselbe. Ganz konkret hatten die USA großes Interesse an der sowjetischen Waffentechnologie der neuen Jagdflugzeuge MiG 15, für deren Erhalt sie sogar eine Belohnung in Höhe von 100.000 Dollar (heute rund eine Million) aussetzten. Am 21. September 1953 gelangte Washington schließlich in den Besitz einer MiG 15, als der antikommunistisch orientierte nordkoreanische Luftwaffenleutnant No Kum-sok zu den Südkoreanern überlief.25

Erst als in der Kriegsgefangenen-Frage ein Kompromiss gefunden und das Prinzip der freiwilligen Rückkehr akzeptiert wurde, gelang es, den Kriegshandlungen formell ein Ende zu bereiten. Einen Friedensvertrag zwischen Nord- und Südkorea gibt es indes bis heute nicht. Nach Schätzungen von Historikern starben im Korea-Krieg rund viereinhalb Millionen Menschen, darunter über drei Millionen Zivilistinnen und Zivilisten. Südkorea verlor, ähnlich wie China, insgesamt eine Million Menschen, Nordkorea mehr als doppelt so viele (zweieinhalb Millionen Menschen), während die USA mit 36. 914 Gefallenen die geringsten Verluste aufwiesen.26