Post aus Japan: Huawei schlägt Samsung - und verliert doch

Der chinesische Riese löst Südkoreas größten Konzern als Weltmarktführer bei Handys ab. Huaweis globale Ambitionen stoppen ausgerechnet die USA.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Huawei

Blick auf die deutsche Huawei-Zentrale.

(Bild: dpa, Rolf Vennenbernd/dpa)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Kölling
Inhaltsverzeichnis

Chinas Machthabern muss bei dieser Botschaft jede Freude im Hals steckengeblieben sein. Im vergangenen Quartal eroberte der Smartphone- und 5G-Netz-Champion Huawei souverän den ersten Platz in der Smartphonewelt – trotz aller Angriffe der USA auf Chinas Technostolz. Laut einer Statistik der Marktforschers Canalys überholten die Chinesen mit 55,8 Millionen verkauften Smartphones erstmals Südkoreas Apple-Rivalen Samsung, der laut dieser Statistik nur 53,7 Millionen Geräte absetzte. Nur war dies ein Pyrrhussieg: Huawei verdankte den Erfolg der starken Nachfrage daheim. Im Ausland brach der Absatz um 30 Prozent ein.

Ein Teil der Einbußen mag dem Coronavirus geschuldet sein. Während Chinas Wirtschaft sich wieder normalisierte, gingen diverse Industrieländer in mehr oder weniger starke Formen von Lockdowns. Aber Huaweis Erfahrung verstärkt den Eindruck, dass der Techno-Krieg der USA gegen China nicht nur die aufstrebenden chinesischen Konzerne im Ausland zu schmerzen beginnt, sondern auch Technologiewelten sich stärker teilen – getrieben von unternehmerischen Entscheidungen, sowohl in China als auch den USA Geschäfte machen zu wollen.

US-Präsident Donald Trump hat sich in seinem Angriff auf Chinas Ambitionen früh auf Huawei eingeschossen, vor allem dessen Vorstoß bei der Netzwerktechnik für 5G-Mobilnetze. Als Begründung müssen Sicherheitsbedenken herhalten, dass der chinesische Staat (und damit die Kommunistische Partei) einfacher Daten im Ausland abgreifen kann.

Der Druck der Großmacht hat prompt gewirkt: Zuletzt hat das bisher eher China-freundliche Großbritannien Huawei aus seinen Mobilnetzplänen gestrichen. Anderswo reiben sich Unternehmen in der Hoffnung die Hände, die technologische Lücke zu füllen. Südkoreas Samsung Electronics hofft, seine starke Stellung daheim als Werbeargument einzusetzen. Und in Japan glaubt die Wirtschaftszeitung Nikkeo, dass selbst der japanische Telekomeinrichter NEC nun eine letzte Chance habe, mit seiner 5G-Technik auf dem Weltmarkt Fuß zu fassen.

Und auch andere Geschäfte Huaweis werden leiden. Denn inzwischen rütteln sich die globalen Lieferketten entlang der sino-amerikanischen Bruchlinien zurecht. Der führende Chiphersteller der Welt, Taiwans TSMC, hat bereits bekanntgegeben, vom Lieblingsziel des Trumpschen Ärgers keine Aufträge mehr anzunehmen.

Huawei muss sich daher bei anderen Herstellern bedienen, die es sich leisten können, gegen Trumps Willen zu verstoßen. Aber die Leistungsfähigkeit seiner Spitzengeräte könnte vorerst im internationalen Wettbewerb zurückfallen, wenn der Konzern nicht mehr an die modernsten Prozessoren kommen kann.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Ein weiteres Zeichen setzte der taiwanische Auftragsfertiger Wistron mit dem Verkauf mehrerer iPhone-Werke an den chinesischen Elektronikhersteller Luxshare. Die taiwanische Zeitung China Times sieht dahinter eine doppelte Frontbegradigung von Wistron, aber vor allem von dessen Kunden Apple. Apple zielt laut einem Kommentar der Zeitung darauf, ab eine "rote Lieferkette" mit Produktion und Verkauf von Produkten speziell für den chinesischen Markt einzurichten. Auf der anderen Seite investierten taiwanische Unternehmen nun in Indien, um eine neue Produktionsbasis für die Herstellung von Produkten für andere Märkte zu schaffen.

Chinesische Hersteller, die technologisch weniger wichtiger Ware exportiert, investieren derweil vermehrt in Südostasien, um eventuelle Einfuhrzölle auf chinesische Produkte zu umgehen. Diese Beispiele zeigen, dass die Unternehmen mit einer Diversifizierung versuchen, möglichst mit beiden Streithähnen Geschäfte zu machen.

Womöglich können einige Frontstaaten im bilateralen Kräftemessen der Großmächte so profitieren. Aber gerade Technologieunternehmen drohen, zum Opfer politisch motivierte Kämpfe zu werden – und dies nicht nur in den USA. Indien hat als Gegenmaßnahme in einem blutigen Grenzkonflikt mit China bereit ein paar Dutzend chinesischer Social-Media-Dienste vom Markt verbannt. Trump wiederum hat sich als nächsten Opfer die Videoschnippsel-App TikTok ausgwählt.

Mit seiner Drohung, aus Gründen nationaler Sicherheit die App zu verbieten, will er offenbar den Verkauf des amerikanischen Arms der erfolgreichen chinesischen Idee an einen amerikanischen Konzern erzwingen. China wird darauf reagieren. Aber dies ist wahrscheinlich noch nicht das Ende Reibereien. Die tektonische Verschiebung in der Technikwelt ist im Gange. Offen ist, wie schnell die Veränderungen ablaufen werden – und ob Unternehmen es schaffen, die neuen Klüfte zu überbrücken.

(bsc)