Die Wahrheit über Verschwörungstheorien

Weshalb sollen wir es den anderen überlassen, die schönsten Märchen aus dem Hut zu zaubern? Das können wir doch selbst ohne Zweifel besser.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Peter Glaser

Schon der schwedische Nobelpreisträger Svante Arrhenius (1859-1927) mochte die Wiege des Lebens nicht auf unserem unbedeutenden Planeten sehen. 1906 begründete er die Panspermie-Lehre, derzufolge das Leben durch Meteoriten auf die Erde gelangt sein könnte, denen Sporen anhafteten. In der Folge entstanden weitere, alternative Panspermie-Theorien wie die von Stanislaw Lem 1957 in den "Sterntagebüchern" geschilderte Bewerbung der Erde um Aufnahme in die Organisation der Vereinigten Planeten, die damit beginnt, dass der Abgeordnete der Erde einen befreundeten Delegierten mit einem Getränkeautomaten verwechselt und die rauh endet, als sich herausstellt, dass vor 400 Millionen Jahren ein Frachtraumschiff einer schon damals hochentwickelten Zivilisation einen ungeplanten Aufenthalt auf der Erde einlegen mußte, den ein betrunkener Matrose dazu nutzte, entgegen strengster Verbote bei Notlandungen einen Eimer Schmutz rauszuschütten – Eiweiss!, von der überwiegenden Mehrheit der Mitglieder in der Organisation der Vereinigten Planeten als der letzte Dreck angesehen –, woraus dann letzten Endes alles Leben auf der Erde hervorgegangen sei.

Die Wahrheit aber ist uns in Wirklichkeit viel näher – dass nämlich die Frauen außerirdische Lebewesen sind und wir, die Männer, Roboter, die ihnen dabei helfen sollen, ihre liegengebliebenen Raumfahrzeuge wieder hinzukriegen. "Das Ewigweibliche zieht uns hinan" – schon Goethe war klar, dass die Frauen wieder hinauf ins All und nach Hause wollen. Überall finden sich Hinweise auf ihre gewaltige technologische Überlegenheit. Nehmen wir das Reisen mit Lichtgeschwindigkeit und die dabei auftretende Zeitdehnung. Für jemanden, der mit Lichtgeschwindigkeit reist, vergeht die Zeit viel langsamer, als für jemanden, der relativ zu diesem Reisenden auf der Erde, sagen wir: in der Nähe einer Badezimmertür sitzt und auf eine Ruby-Programmiererin wartet, die sich für ein Abendessen außer Haus zurechtmacht.

Auch wären da noh diese wie nebenbei eingesetzten femininfuturistischen Kraftströme, mit denen die Frauen jede männergeschaffene Hochtechnologie ins Radieren zu bringen imstande sind – in Wahrheit eine durch die Jahrtausende reichende Testserie, die routiniert und mit unendlicher Geduld den Entwicklungsstand der Reparaturtruppe prüft, die dafür sorgen soll, dass sich dereinst die Tore des Himmels für die Frauen erneut öffnen. Jahrzehntelang schien es, als sei der Umgang mit Hightech eine Männerdomäne. Noch in den 70er-Jahren des zurückliegenden Jahrhunderts taten Computer, als seien sie ernsthafte Maschinen in blauen Blechgehäusen, bedient von echten Männern in weissen Hemden voller Kugelschreiber und Rechenschieber. Frauen mit Nylonstrümpfen wurden in den sogenannten Rechenzentren nicht gern gesehen, da sie (die Strümpfe) sich reibungselektrisch aufluden und die empfindlichen Elektronengehirne störten. Mit dem Aufkommen der PCs geriet das urtümliche Großgeräte-Machotum in die Krise, gefolgt von überraschenden weltweiten Entwicklungsschüben. Die lenkenden Eingriffe der Frauen sind dabei stets sehr subtil. War der Computer noch männlich, so war die Vernetzung bereits weiblich.

Der Hammer ist: Alle Männer sind Roboter. Mannmaschinen mit scheinautonomer Selbststeuerung, zweckgerichtet, innen alles elektrisch (vorne steht noch ein Stück Anschlußkabel raus). Frauen haben sich diese Mannmaschinen behelfsweise erschaffen, um sich von ihnen ihre kleine, rosarote Ufoflotte wieder reparieren zu lassen, mit der sie vor Äonen auf diesem Planeten gestrandet sind. Die Zeit, die es in Anspruch nimmt, die Fähigkeiten dieser Reparaturroboter soweit zu verfeinern, dass sie eine Hypertechnologie wieder hinbekommen, geht in die Jahrtausende, aber die Frauen, siehe Dilatation, folgen einem eigenen Zeitbegriff.

Was Männer für "Kampf" halten, ist nichts weiter als eine routinemäßig durchgeführte Funktionsüberprüfung. Dabei gehört zu den ehernen Anweisungen ihrer Programmierung, dass Frauen nicht in Kämpfe verwickelt werden dürfen (obwohl sie oft Anlaß dafür sind). Eine weitere ehernen Anweisung ist das unbedingten Verbot, sich selbst aufzumachen. Denn sonst würde jeder Mann sich umgehend selbst erkennen als das, was er in Wirklichkeit ist: ein verdrahtetes Gerät. Chirurgie, innere Medizin, überhaupt Humanwissenschaften gehören zu den raffiniertesten Tricks der Frauen, um die leistungsfördernde Illusion eines biologischen, männlichen Selbst aufrechtzuerhalten. Um einer defekten Mannmaschine den ernüchternden Anblick der Roboter-werkstatt zu ersparen, werden sie einer sogenannten Anästhesie unterzogen.

Sämtliche historischen Kulturphänomene können somit einem Superphänomen untergeordnet werden, der Reparaturkultur, die das Höhere ehrt, das Aufstrebende, das Hinanführende: Der Weg der Frauen zurück in die Unendlichkeit. Ob in religiösen Ritualen das Streben nach einem höheren Wesen, der Bau des Turms zu Babel oder der Pyramiden, die ins Firmament hinaufführen, oder im Profanen die Entwicklung von Körperanhebungstechnologien wie der Sitzmöbel oder von Hochhäusern, die nicht mehr aufhören wollen zu wachsen und sich als Meisterwerke des Stahlbaus sogar bis zum Mond schießen lassen – alle Arbeit der Mannmaschinen ist letztlich der Raumfahrt untergeordnet, und wie ein hypnotisches Leuchtfeuer strahlt die Mondgöttin Luna lockend über dem jahrtausendelangen Rackern. Die Frauen warten.

(bsc)