Klimawandel: Wie der Mensch beschleunigend wirkt

Noch nie hat sich die Erde so schnell und dramatisch erwärmt wie heute. Das zeigt eine Rekonstruktion von Forschern aus der Schweiz.

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Klimawandel: Wie der Mensch beschleunigend wirkt

Gletscher in Südamerika.

(Bild: Photo by Agustín Lautaro on Unsplash)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Ben Schwan

"Das Klima hat sich schon immer verändert". So argumentieren häufig Menschen, die den akuten Klimawandel nicht wahrhaben wollen – oder zumindest nicht den menschlichen Anteil daran. Eine europäische Forschungsgruppe unter Leitung der Universität Bern hat nun eine neue Messtechnologie entwickelt, die es ermöglicht, Klimaveränderungen in der Geschichte nachzuvollziehen. Die Ergebnisse dienen als Vergleichswerte und sollen keinen Zweifel mehr an dem großen Einfluss des Menschen am CO2-Anstieg zulassen.

Die Forscher begaben sich tief in die irdische Klimageschichte und rekonstruierten die CO2-Konzentration, wie sie vor etwa 330.000 bis 450.000 Jahren in der Atmosphäre vorlag. Dafür wurden Eisbohrkerne aus der Antarktis gewonnen, um mittels hochauflösender Messungen Informationen zur Klimaentwicklung zu enthalten.

Die sogenannten Eisschilde auf dem Festland bestehen aus mehreren Schichten Eis, von denen jedes Jahr eine neue entsteht. Darin findet sich sozusagen das Klima der Vergangenheit archiviert. Beispielsweise können die hier enthaltenen Luftbläschen Aufschluss darüber geben, wie es um die Atmosphäre und das Wetter in der jeweiligen Zeit bestellt war.

Um eine Vergleichbarkeit der Klimaentwicklung herzustellen, rekonstruierten Forscher die vergangenen Klimas der acht aufeinanderfolgenden Eis- und Warmzeiten der letzten 800.000 Jahre. Dabei konnte herausgefunden werden, wie schnell und wie häufig CO2 in der Vergangenheit angestiegen war und vor allem: dass dies natürlicherweise auch in Warmzeiten passiert war. Letzteres überraschte das Team um Dr. Christoph Nehrbass-Ahles. Weitere Forschung soll Erklärungsansätze bieten. Die bekannte Gemeinsamkeit der plötzlichen Anstiegsphasen sind Eismassen, die in Grönland oder der Antarktis schmelzen, in den Ozean fließen und dessen Zirkulation verändern. CO2, das in die Atmosphäre aufsteigt, beeinflusst gleichzeitig den Atlantik.

Die überraschend sprunghaften Anstiege der Vergangenheit sind aber schwach im Vergleich zum Gegenwartsgeschehen: "Diese natürlichen Sprünge der CO2-Konzentration der Atmosphäre geschahen fast zehnmal langsamer als der von Menschen verursachte Anstieg über das letzte Jahrzehnt", betont Nehrbass-Ahles. Co-Autor und Klimaforscher Thomas Stocker erklärt zudem, dass der größte damalige Anstieg von 15ppm – die Einheit "Parts per Million" misst den CO2-Gehalt in der Atmosphäre – fast dem Wert entspricht, der heute in nur sechs Jahren erzielt wird. Dass sich das Klima schon immer verändert hat, ist eine Tatsache, die den von Menschen verursachten CO2-Anstieg nicht abmildert, sondern verstärkt. (bsc)