Tiger Lake im Test: Intel schlägt bisherige Notebook-Quad-Cores deutlich

Intels Tiger-Lake-CPUs überzeugen in ersten Benchmarks. Die neuen Kerne setzen Rekorde bei der Singlethread-Leistung, doch die Xe-Grafik hat noch Probleme.

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Tiger Lake im Test: Intel schlägt bisherige Notebook-Quad-Cores deutlich

Referenz-Notebook mit Core i7-1185G7

(Bild: Nico Ernst)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Nico Ernst
Inhaltsverzeichnis

In den nächsten Wochen und Monaten erscheinen die ersten Notebooks mit Intels Tiger-Lake-CPUs alias elfter Core-i-Generation. Wie gehabt – und anders als bei AMDs Ryzen-4000-Chips – handelt es sich bestenfalls um Vierkerner. Allerdings wurde die Architektur grundrenoviert, und Intel verlässt die gewohnten 15-Watt-Pfade: Das cTDP-Fenster (configurable TDP) reicht nun bis 28 Watt. Intel animiert die Notebook-Hersteller, dies auch auszuschöpfen; in einem "Dynamic Tuning" genannten Modus dürfen CPU-Kerne und die integrierte GPU sogar kurzzeitig bis zu 36 Watt verheizen.

Zur Architektur: Was bei den Sunny-Cove-Kernen in Ice-Lake-Notebooks (zehnte Core-i-Generation) noch etwas enttäuschend war, entfaltet sich jetzt endlich durch Intels dritte Generation der 10-Nanometer-Fertigung mit "SuperFin"-Transistoren. Die nun Willow Cove genannten Cores sind vor allem bei Single-Thread-Aufgaben sehr schnell: Bis zu 600 Punkte auf einem Kern im Cinebench R20 haben wir in einem Notebook mit Abstand noch nicht gesehen. Dazu kommt noch die völlig neue integrierte Xe-Grafik, die bei Notebooks "Iris Xe" heißt, und rund doppelt so schnell wie Gen11-Grafik in Ice-Lake-Chips arbeitet.

Referenz-Notebook in Intel-Blau

(Bild: Nico Ernst)

Da fertige Notebooks mit Tiger Lake noch nicht zu haben sind – und wohl auch weil AMDs Ryzen-4000-Chips Rekorde einsammeln – stellte Intel dem Autor in München für einen Tag ein Referenzdesign mit den neuen Bausteinen zur Verfügung. Das 1,2 Kilo leichte 14-Zoll-Gerät basiert auf MSIs Prestige-Serie, soll laut Intel aber weder in der getesteten Bestückung noch in diesem Design auf den Markt kommen. Solche Vorseriengeräte lassen Chiphersteller fertigen, um damit interne Tests durchzuführen und Kunden schon Monate vor dem eigentlichen Marktstart von den Plattformen zu überzeugen.

Das Notebook war natürlich mit dem schnellsten Tiger-Lake-Modell Core i7-1185G7 bestückt, der mit vier Kernen und acht Threads bis zu 4,8 GHz im Turbo schafft. Der Basistakt hängt von der festgelegten TDP (und dem Kühlsystem) ab: Bei 15 Watt sind nur magere 1,2 GHz garantiert, bei 28 Watt hingegen 3,0 GHz. 16 GByte LPDDR4-4266 und eine 1-TByte-SSD PM981a von Samsung dienten als Speicher. Intel hatte etliche Benchmarks und auch echte Anwendungen vorinstalliert, die wir aber links liegen ließen, weil wir dazu keine Vergleichsdaten haben.

Intel gewährte jedoch bis auf das Aufschrauben des Geräts freie Hand, sodass wir Software aus unserem eigenen Fundus installiert haben. Neben der reinen CPU-Leistung waren wir vor allem auf die Xe-Grafik gespannt, weshalb wir einige Spiele ausprobiert haben. Zum Testen praktisch: Die cTDP war auf dem Vorseriennotebook in Stufen von 15, 28 und rund 36 Watt unter Windows umschaltbar, was wir mit einem mitgebrachten Wattmeter kontrolliert haben.

Die Leistung der Willow-Cove-Kerne und auch das Taktverhalten unter Last waren auf dem Referenzsystem beeindruckend. Schon bei 15 Watt schlägt Tiger Lake im Cinebench R20 fast alle aktuellen Quad-Core-Notebooks (siehe Tabelle). Mit 28 Watt sind dann 599 und 2249 Punkte drin, was sogar Intels Sechskerner der Core-i-10000-Serie und ebensolche Ryzen-4000U fast einholt. Um das ins Verhältnis zum Zustand vor einem Jahr zu setzen: Selbst 45-Watt-Hexacores wie der in Gaming-Notebooks oft verbaute Core i7-9750H schaffen bestenfalls rund 440 und 2600 Punkte, in vielen Notebooks weniger. Es müssen heute also nicht mehr durch die Kühler schwere Geräte mit kürzerer Akkulaufzeit sein, um solche Leistung zu erzielen.

Wenn man das Dynamic Tuning mit rund 36 Watt einschaltet, sind sogar 601 Punkte im Single-Thread-Test des Cinebench R20 drin. Der Multi-Score steigt auf 2422 Punkte. Diesen Modus dürfte aber vor allem in den flachen Evo-Notebooks kaum ein Hersteller aktivieren. Schon das Referenzsystem wurde bei 28 Watt cTDP auf Dauer bis in die Handauflagen gut warm – es stürzte aber nie ab. Stattdessen drosseln die Kerne recht zuverlässig, wenn der Grenzwert von 95 Grad erreicht wird, die Maximaltemperatur von 100 Grad (Tcase) reizte das Design nicht aus.

Dass, wie in den meisten Notebooks, das Kühlsystem die hohen Taktraten nicht dauerhaft halten kann zeigt HWinfo, was laut Intel auch bei Tiger Lake zuverlässig ist: Gestartet wird bei Cinebench mit 4,8 GHz im Mehrkern-Test mit 28 Watt, dann gehen die Frequenzen auf bis zu 3,3 GHz herunter. Ist der Kühler einmal aufgeheizt, gibt es aber stabile Leistung, was wir mit dem schneller ausgeführten Cinebench R15 überpüft haben. Auch nach vier aufeinanderfolgenden Durchläufen liegt der Wert mit 28 Watt TDP bei 960 Punkten, jeweils mit Schwankungen von höchstens vier Zählern, was innerhalb der Messgenauigkeit liegt.

Tiger Lake Performance-Vergleich
CPU Kerne / Threads Notebook Cinebench R20 GeekBench 5 3DMark (Time Spy)
Core i7-1185G7 4 / 8 Pre-Production (15W) 561 / 1601 1594 / 4840 1519
Core i7-1185G7 4 / 8 Pre-Production (28W) 599 / 2249 1593 / 6053 1802
zum Vergleich
Core i7-1065G7 4 / 8 LG Gram 17 431 / 1232 1332 / 3949 801
Core i7-1065G7 4 / 8 Dell XPS 13 (9300) 457 / 1674 1292 / 4720 857
Core i5-1038G7 4 / 8 Apple MacBook Pro 13 437 / 1808 1254 / 4332 k.A.
Core i7-10710U 6 / 12 MSI Prestige 14 412 / 2267 1179 / 5147 k.A.
Core i7-10510U 4 / 8 Asus ExpertBook B9 372 / 1191 1220 / 3208 445
Core i5-L16G7 5 / 5 Samsung Galaxy Book S 208 / 575 670 / 1454 395
Ryzen 7 4800U 8 / 16 Lenovo IdeaPad 5 484 / 3944 1156 / 6720 1216
Ryzen 7 4700U 8 / 8 Lenovo Yoga Slim 7 469 / 2617 1113 / 5596 1166
Ryzen 5 Pro 4650U 6 / 12 Lenovo ThinkPad T14s 455 / 2277 1107 / 4872 937
Ryzen 5 4500U 6 / 6 Acer Swift 3 (SF314-42) 447 / 1919 1080 / 4151 963
Core i9-10980HK 8 / 16 Asus Zephyrus Duo 15 525 / 3990 1367 / 8229 k.A.
Core i7-10750H 6 / 12 Dell XPS 15 (9500) 462 / 2752 1246 / 6193 k.A.
Ryzen 9 4900HS 8 / 16 Asus Zephyrus G14 492 / 4260 1208 / 7990 k.A.
Ryzen 5 4600H 6 / 12 Lenovo Legion 5 452 / 3458 1120 / 6625 k.A.