Klimaschutz: Wenn wir Erfolg haben wollen, müssen die Bürger freiwillig mitmachen

Archivfoto (FFF-Demonstration am 15.03.19 in Bonn): Mika Baumeister/unsplash

Gedanken zur Großen Klimademo der Fridays for Future-Bewegung am 25.09.2020

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Fridays for Future hat zu bundesweiten Demonstrationen am Freitag, den 25.09.2020, für den Klimaschutz aufgerufen. In ihrem Aufruf heißt es:

"Fridays For Future fordert die Einhaltung der Ziele des Pariser Abkommens und des 1,5°C-Ziels. Explizit fordern wir für Deutschland:

  • Nettonull 2035 erreichen
  • Kohleausstieg bis 2030
  • 100% erneuerbare Energieversorgung bis 2035

Entscheidend für die Einhaltung des 1,5°C-Ziels ist, die Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich stark zu reduzieren. Deshalb fordern wir ab sofort:

  • Das Ende der Subventionen für fossile Energieträger
  • 1/4 der Kohlekraft abschalten
  • Eine CO2-Steuer auf alle Treibhausgasemissionen. Der Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen muss schnell so hoch werden wie die Kosten, die dadurch uns und zukünftigen Generationen entstehen. Laut UBA sind das 180€ pro Tonne CO2."

Und weiter heißt es:

"Von April 2019 bis jetzt hat die Politik es geschafft, unsere Forderungen konsequent zu ignorieren und mit ihrem Klimapäckchen gezeigt, wie wenig sie von einer lebenswerten Zukunft halten."

Das ist leider richtig beobachtet und sollte den jungen Aktivisten eine Warnung sein, denn es ist kaum zu erwarten, dass sich die Grundhaltung der Politik zur Energiewende geändert hat. Es steht zu befürchten, dass die Politik auch die weiteren Klimaproteste aussitzen wird. Natürlich werden alle Politiker sich zur Einhaltung des 1,5°-Ziels bekennen - das verpflichtet ja letztendlich zu gar nichts und ist auch nicht einklagbar. Bei den Forderungen "Kohleausstieg bis 2030, Nettonull und 100% erneuerbare Energieversorgung bis 2035" wird man sagen: Im Prinzip ja, wäre schön, ist aber nicht zu schaffen.

Und die konkreten Forderungen nach einem Ende der Subventionen für fossile Energieträger, einer hohen CO2-Steuer und Abschaltung der Kohlekraftwerke wird man als nicht machbar ablehnen und totreden, zumal sie teilweise offenbar nicht vollständig zu Ende gedacht wurden.

Ein Ende aller Subventionen für fossile Energieträger und ihre Nutzung wäre gut, wird aber voraussichtlich am Widerstand der Lobbyisten scheitern.

Die CO2-Steuer

Die CO2-Steuer von 180 Euro/Tonne stammt vom Umweltbundesamt UBA. Dort wollte man einen "marktwirtschaftlichen Ansatz" zur CO2-Reduktion schaffen und hat durchgerechnet, ab wann sich der Einsatz von fossilen Brennstoffen nicht mehr lohnt, weil es zu teuer wird.

Im Prinzip ist das der gleiche Ansatz, den die Grünen früher mal mit einem Benzinpreis von 5 DM/Liter verfolgt haben, nur umbenannt und auf alle fossilen Brennstoffe ausgeweitet. Dummerweise hat der Ansatz auch die gleichen Mängel wie die 5 DM/l Benzin. Erstens wird Druck auf die Bürger ausgeübt. Sie sollen zu einem bestimmten Verhalten gezwungen werden. Druck erzeugt aber Gegendruck und niemand lässt sich gern zu etwas zwingen. Wenn wir Erfolg haben wollen, müssen die Bürger freiwillig mitmachen, alles andere geht schief.

Und zweitens ist diese CO2-Steuer sozial total unausgewogen. Die meisten Häuser werden noch mit fossilen Brennstoffen beheizt. Durch eine CO2-Steuer in dieser Höhe werden die Heizkosten etwa verdoppelt. Die Vermieter wird das nicht sonderlich stören, die reichen die Kosten einfach an die Mieter weiter. Aber alle Bürger, die mit ihrem Einkommen jetzt gerade so über die Runden kommen, werden sehr hart getroffen und zahlen die Zeche.

Vermutlich wird man dann anfangen, Ausnahmen zu machen, z.B. indem man bedürftigen Familien ein "Energiegeld" o.Ä. zahlt. Damit wird dann wieder ein bürokratisches Umverteilungsmonster geschaffen und dem Sozial- und Subventionsbetrug Tür und Tor geöffnet. Nicht anspruchsberechtigte Betrüger sind nämlich erfahrungsgemäß die ersten Antragsteller. Außerdem wird so der Effekt der CO2-Steuer wieder aufgehoben, da kann man sie sich auch gleich sparen.

Das Gleiche gilt für den Treibstoff. Viele Bürger sind auf das Auto beruflich angewiesen. Wenn wir den Treibstoff durch die CO2-Steuer verteuern, müssen wir die Kilometerpauschale erhöhen. Also letztendlich: "außer Spesen nichts gewesen". Und jeder weiß, wie bei der Kilometerabrechnung getrickst wird.

Eine CO2-Steuer löst unsere Probleme nicht, weil sie letztendlich über Zwang einen geringeren Verbrauch von fossilen Brennstoffen erreichen will. Das setzt aber voraus, dass wir Alternativen zum Verbrauch der fossilen Energieträger haben. Und das ist derzeit nicht der Fall, weil wir nicht genügend regenerative Energie, also Solar- und Windstrom, erzeugen. Wir können fossile Energieträger nicht ersatzlos streichen, sondern nur substituieren.

Die Abschaltung der Kohlekraftwerke

Nehmen wir die Forderung nach sofortiger Abschaltung von 25% aller Kohlekraftwerke. Diese Forderung ist sogar realisierbar, aber nur, weil wir eine sehr große Kapazität an Gaskraftwerken haben. Diese sind nicht ausgelastet, weil Gas teurer ist als Kohle. Sie können sofort die entsprechenden Strommengen liefern, solange ausreichend Erdgas zur Verfügung steht.

Wir verlieren dadurch allerdings Reserve- und Regelenergiekapazität bei der Stromerzeugung. Und wir sparen durch diese Maßnahme nur weniger als 10% der CO2-Emissionen, die bei der Stromerzeugung anfallen, also unter 5% der gesamten CO2-Erzeugung der Bundesrepublik, ein. Der Ersatz von Kohle durch Gas kann allenfalls eine kurzfristig umsetzbare Notmaßnahme sein.

Wirklich Abhilfe kann nur der massive Ausbau von Solar- und Windstromerzeugung auf mindestens das 6-Fache der heutige Leistung sowie der Übertragungs- und Verteilnetze schaffen. Dazu der Übergang zur Elektromobilität und die Umstellung der Gebäudeheizungen auf Wärmepumpen.

Deshalb sollten die FFF-Aktivisten ihre Forderungen überdenken. Sie sind zu allgemein und zu leicht zu umgehen. Was fehlt, ist ein Masterplan, der genau sagt, wie die Energiewende ablaufen soll, wo wir stehen und was konkret zu tun ist. Wir müssen nicht nur sagen, wo wir hinwollen, sondern auch den Weg dahin ganz klar vorgeben, damit die Politik nicht ausweichen kann. Prinzipiell könnte man dabei auf Ansätze zurückgreifen, die hier angesprochen wurden: Die Energiewende wieder in Schwung bringen.

Vorschläge

Wir müssen schnell handeln und möglichst viel CO2 möglichst bald einsparen. Deshalb sollten wir nicht bei jeder Maßnahme sofort vollständigen Verzicht auf fossile Brennstoffe fordern, wenn wir z.B. eine 80-prozentige Reduktion sehr viel schneller und günstiger realisieren können. Beispiele sind Plug-In-Hybridfahrzeuge statt reiner E-Autos. Damit lassen sich mit den vorhandenen Batterien ungefähr die dreifache Zahl an Fahrzeugen bauen. Wenn diese dann ca. 80% ihrer Laufleistung elektrisch erbringen, wird etwa das 2,4-Fache an Treibstoff eingespart im Vergleich zu dem einen reinen E-Auto.

Ähnlich sieht es bei den Heizungen aus. Heizungen müssen auf Spitzenlast ausgelegt werden, damit man die Zimmer auch noch bei sibirischer Kälte warm bekommt. Diese Kälte tritt allerdings nur an wenigen Tagen im Jahr auf. Während der restlichen Zeit ist die Heizanlage eigentlich total überdimensioniert. Wenn wir auf Wärmepumpenheizungen umsteigen, müssen wir die Wärmepumpe nicht unbedingt auf Spitzenlast auslegen, zumal wir dann in Kälteperioden auch noch den entsprechenden Strom sicher bereitstellen müssen.

Es reicht hier völlig aus, bei der Nachrüstung bestehender Gebäude die Anlagen für Normalbetrieb mit Außentemperaturen bis 0° oder -5°C auszulegen. Und wenn es mal wirklich kälter ist oder der Strom nicht ausreicht, wird die alte Heizung einfach zusätzlich in Betrieb genommen. Das setzt natürlich voraus, dass der Betrieb der Wärmepumpe nicht teurer ist als die Ölheizung. Derzeit versucht man eine Weiterverwendung von Öl zu verhindern, indem man in den Förderbedingungen des BAFA eine Demontage der alten Ölheizungen vorschreibt.

Das Gleiche gilt für die Plug-In-Hybriden. Wenn der Strom teurer ist als Treibstoff, wird ein großer Teil der Fahrer sein Fahrzeug nicht an die Steckdose hängen, sondern tanken fahren. Allerdings braucht ein Hybrid nur etwa 15-20 kWh auf 100 km, was bei einem Strompreis von 30 ct/kWh 4,50 Euro - 6 Euro ergibt. Das entspricht dem Preis von 3-5 Liter Benzin, so dass der Strom günstiger ist.

Und der große Vorteil ist, dass die Umstellung im Sinne der Energiewende freiwillig ist, weil der Betreffende sich einen ganz persönlichen Nutzen davon verspricht. Da muss man ihn gar nicht unter Druck setzen und zwingen, er macht von selbst mit.