Re-Integration der IT: "Backsourcing kommt häufig vor"

Über das Outsourcing der IT wird von Unternehmen viel gesprochen. Schweigsamer sind sie beim Thema IT-Backsourcing, das gar nicht so selten vorkommt.

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IT-Backsourcing Re-Integration der IT nimmt zu

(Bild: nattaphol phromdecha/Shutterstock.com)

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Von
  • Peter Ilg
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Über das IT-Outsourcing gibt es eine Vielzahl an Studien und Erfahrungsberichten. All diese Veröffentlichungen sind zugleich Erfolgsgeschichten über das Modell IT-Outsourcing. Nur hin und wieder tauchen Meldungen über das Ende einer Zusammenarbeit auf. Vielleicht, weil die Re-Integration vormals outgesourcter IT-Services zurück zum auslagernden Unternehmen nur höchst selten stattfindet? Oder, weil IT-Outsourcing tatsächlich ein Erfolgsmodell ohne negative Ausnahmen ist? Beide Vermutungen sind falsch.

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"IT-Backsourcing kommt häufig vor, aber die beteiligten Firmen sprechen nicht gerne in der Öffentlichkeit über geplatzte Beziehungen", sagt Professor Dr. Markus Westner von der Ostbayrisch Technischen Hochschule in Regensburg. Das könnte dem Image der Unternehmen schaden. Mit dem Versprechen, die Firmennamen geheim zu halten, haben Westner und Professorin Dr. Susanne Strahringer von der TU Dresden gemeinsam eine Doktorarbeit betreut, die eine Umfrage unter IT-Managern zu Einflussfaktoren von IT-Backsourcing-Entscheidungen beinhaltet.

Der Doktorand, inzwischen Dr. Benedikt von Bary, hat festgestellt, dass IT-Backsourcing in verschiedenen Branchen und für eine Vielzahl an unterschiedlichen IT-Services stattfindet. "Die drei Hauptgründe für eine Re-Integration der IT sind mangelnde Qualität, zu hohe Kosten sowie schlechte Geschäftsbeziehungen zum IT-Dienstleister", sagt Strahringer. Ein uneingeschränktes Erfolgsmodell ist Outsourcing also nicht.

Bary hat die Hochschule inzwischen verlassen und arbeitet nun in der Beratung. Seine Arbeit hat er Anfang dieses Jahres abgeschlossen. Für die hat er in seinen Umfragen unter IT-Managern in Unternehmen in Deutschland weiterhin herausgefunden, dass diejenigen, die sich für ein IT-Backsourcing entschieden haben, anschließend zufriedener sind, als jene, die ihre schlechte Geschäftsbeziehung fortsetzen. Manche scheuen wohl das Risiko der Rückführung. Wer es wagt, kann also gewinnen, sollte aber mehrere Punkte beachten, die notwendig sind, damit IT-Backsourcing funktioniert. Dazu zählen eine frühzeitige Neubesetzung von Schlüsselstellen in der IT sowie ein lückenloser Wissenstransfer vom Dienstleister.

Einen Trend hin zum IT-Backsourcing besteht nicht. Aber: "Wir haben eine Strömung hin zu differenzierterem Sourcing festgestellt", sagt Strahringer. Manche holen Teile ihrer IT zurück, andere komplett, wieder andere wechseln ihren Dienstleister insgesamt oder ebenfalls in Teilen. Die Beschaffung von IT ist vielfältiger geworden, weil unsere Welt mit ihren Ansprächen differenzierter wurde.

Außerdem hat die Digitalisierung in den letzten Jahren zahlreiche Geschäftsmodelle in Richtung IT verschoben. So wurde IT zu einem strategischen Faktor und unternehmenskritische Funktionen sollten bekanntlich im Hause gehalten oder aufgrund der Veränderungen zurückgeholt werden. Dadurch gewinnen die Firmen die notwendige Kontrolle zurück.

"Wir empfehlen den Unternehmen, die IT-Bereiche zurückzuholen, die das Kerngeschäft betreffen, Schnittstellen zu Kunden regeln oder einer intensiven Abstimmung zwischen Dienstleister und Unternehmen bedürfen", sagt Westner. Dort, wo häufig Interaktion notwendig ist und die Aufgaben komplex sind, entstehen die meisten inhaltlichen Differenzen, was letztendlich zu einem schlechten Verhältnis der Vertragspartner führt.

In manchen Fällen genügt es schon, die wesentlichen IT-Funktionen wieder in die eigenen Hände zu nehmen und andere Teile bei Dienstleistern zu belassen. Um flexibel zu bleiben, sollten IT-Outsourcingverträge heute nicht mehr für 7 oder 10 Jahre, sondern für 3-5 Jahre abgeschlossen werden. "Bei langen Laufzeiten ist es fast unausweichlich, dass Kunden unzufrieden werden, weil sich unweigerlich der Alltag einschleicht und das hohe Engagement des Dienstleisters aus der Anfangszeit verdrängt", sagt Stahringer.

IT-Backsourcing ist laut Umfrageerkenntnissen am wahrscheinlichsten, wenn die Auftraggeber unzufrieden sind. Was vorher nicht gepasst hat, wird im eigenen Haus geändert. Das können die Unternehmen, weil sie nach der Re-Integration selbst die Kontrolle haben und Prozesse steuern können. "Diese Möglichkeiten münden zwangsläufig in einer höheren Zufriedenheit mit der IT", sagt Strahringer.

Allerdings kann ein Unternehmen selbst nicht alles besser und billiger machen als ein Dienstleister. "Die Kosten sind ähnlich, dieser Aspekt daher nicht relevant", erklärt die Professorin. In der Befragung gingen die IT-Manager davon aus, anschließend günstiger ihre Aufgaben erfüllen zu können.

Als dritten Grund für ein IT-Backsourcing nannten die IT-Manager mangelnde Qualität des bestehenden IT-Services. Um Qualität zu beurteilen, muss die messbar sein, etwa in der Reaktionszeit von Antworten oder im Umgang mit Ausfällen. Wenn solche Punkte vertraglich nicht geregelt sind, kommt ebenfalls rasch Unzufriedenheit im Unternehmen auf. Vieles am Outsourcing hängt also in einer detaillierten Vertragsgestaltung.

Entscheidet sich eine Firma dennoch zum IT-Backsourcing, muss passendes Personal gefunden werden. Das könnte eine ziemliche Herausforderung werden beim Mangel an IT-Fachpersonal. Beim Outsourcing wechseln Mitarbeiter oft zum Dienstleister – auch umgekehrt kommt das durchaus vor. Im Idealfall ist auch das im Sourcingvertrag geregelt – was nur manchmal machbar ist. Denn viele Dienstleister betreiben ihr Geschäft vom Ausland aus, weil die Personalkosten dort niedriger sind. In diesen Fällen lassen sich Personalrückführungen nicht regeln.

Beim Wissenstransfer sollten die Unternehmen unbedingt darauf achten, das notwendige Know-how für den Betrieb der IT zu bekommen. Ob der geschasste Dienstleister das umfassend preisgibt, ist fraglich. Was dann helfen kann, ist den verantwortlichen IT-Manager vom Dienstleister für sich zu gewinnen. Das kann sich lohnen, selbst wenn dafür viel Geld fließen muss, denn "der Wiederaufbau der eigenen IT kann mühsam und langwierig sein und mitunter Jahre dauern", mahnt Westner.

(axk)