Chef für Cybersicherheit bei US-Wahl widerspricht Warnungen von Präsident Trump

Mehr US-Amerikaner als je zuvor werden bei der Präsidentschaftswahl per Post abstimmen. Dadurch kann die Auszählung länger dauern – was aber ganz normal ist.

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Donald Trump

US-Präsident Donald Trump will es nochmal werden.

(Bild: Frederic Legrand - COMEO/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Patrick Howell O'Neill

An den US-Präsidentschaftswahlen in diesem Jahr wird sich eine beispiellos hohe Zahl von Amerikanern per Post beteiligen. Dadurch könnte es länger dauern, bis selbst inoffizielle Ergebnisse der Abstimmung bekannt werden. In seiner Desinformationskampagne über Wahl-Sicherheit beharrt Präsident Donald Trump weiterhin darauf, dass jegliche „Verzögerungen“ die Folge von Betrug wären. Behördenvertreter mit der Aufgabe, die Wahl zu sichern, machen dagegen deutlich, dass mit später als üblich eingehenden Wahlergebnisse absolut zu rechnen ist.

„Bei der Auswertung der Wahl wird es wahrscheinlich Verzögerungen geben“, sagt Brandon Wales, Geschäftsführer der Cybersecurity and Infrastructure Security Agency (CISA). „Alles, was am Wahltag gemeldet wird, waren schon immer inoffizielle Ergebnisse“, erklärt er. „Die Wahl ist erst abgeschlossen, wenn der Wahlleiter des jeweiligen Bundesstaates sie zertifiziert hat, und das ist oft erst nach mehreren Wochen der Fall. Selbst inoffizielle Ergebnisse sind an manchen Orten nicht mehr am selben Abend verfügbar. Dazu können auch wichtige umkämpfte Bundesstaaten zählen, also werden wir am Wahlabend möglicherweise noch keine Ergebnisse haben. Wir möchten die Bürger aufrufen, sich keine Sorgen deswegen zu machen. Es ist normal. Es bedeutet nicht, dass der Prozess kompromittiert wurde, sondern dass das System funktioniert. Die lokalen und bundesstaatlichen Beamten sind Profis. Lassen Sie sie ihren Job machen.“

Das sagte Wales bei der Veranstaltung Spotlight On Cybersecurity der US-Ausgabe von Technology Review. Seine Ausführungen zeigen, welche Schwierigkeiten die diesjährige Wahl mit sich bringt.

Bei The Election Project kann man die Aktivität früher Wähler nachvollziehen; demnach haben schon mehr als 2,5 Millionen Amerikaner ihre Briefwahl-Unterlagen eingesandt. Deren Auszählung kann länger dauern als die von persönlich abgegebenen Stimmen, weil Sicherheitsmaßnahmen wie die Überprüfung von Unterschriften sowie der Umgang mit den äußeren und inneren Schutz-Umschlägen hinzukommen. Außerdem beginnt die Post-Auszählung oft erst später, also kann alles etwas dauern. Trotzdem sind Briefwahlen sicher und Fälle von Betrug extrem selten, auch wenn der Präsident wiederholt anderes behauptet.

Wenn die USA am Wahltag noch keine Ergebnisse bekommen, dürfte ein Sturm von Desinformation ausbrechen – in Versuchen, die Legitimität der Wahl zu unterminieren. Regierungsvertreter wie Wales haben in der Vergangenheit erklärt, ausländische Akteure wie Russland könnten in einer heiklen Zeit für die amerikanische Demokratie zusätzliches Chaos verursachen. „Ich denke, unsere Aufgabe besteht zuallererst darin, Desinformation über die Wahl zu korrigieren“, sagte er jetzt.

In einem aktuellen Beispiel für mögliche Störungen berichtete eine russische Seite, eine Wähler-Datenbank in Michigan sei gehackt worden, und die Nachricht verbreitete sich schnell. Die CISA und Journalisten stellten das bald darauf richtig: Sämtliche angeblich „gestohlenen“ Informationen waren schon vorher öffentlich verfügbar, so wie die Wählerlisten in den meisten Bundesstaaten. Ein echtes Eindringen in das System fand nicht statt, aber trotzdem breitete sich der Bericht darüber aus wie ein kleiner Waldbrand. Am Wahltag selbst könnte es noch deutlich brenzliger werden.

(sma)