Kleidung und Häuser aus Pilzen

Pilze gelten unter Biotechnologen als ­Innovations­motor für eine biobasierte ­Wirtschaft. Diese drei Forscherinnen treiben die Entwicklung voran.

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Kleidung und Häuser aus Pilzen

Die Bio-Forscherin und Künstlerin Vera Meyer mit einer ihrer Pilz-Skulpturen.

(Bild: Martin Weinhold/ TU Berlin)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Christian Wolf
Inhaltsverzeichnis

Geht es nach Vera Meyer, werden wir in Zukunft Kleidung aus Pilzen tragen, auf Pilzmöbeln sitzen und sogar in Pilzhäusern wohnen. Denn die Biotechnologin an der TU Berlin strebt nicht weniger als eine Revolution an: Angesichts von Klimawandel, Meeren voller Plastik und allmählich versiegenden fossilen Rohstoffquellen möchte sie die heutige erdölbasierte Wirtschaft mit ihren Kunststoffen und ihrer Kleidung aus Synthetikfasern ersetzen. Und Pilze spielen bei dieser Idee eine große Rolle. Auf der Suche nach Lösungen treibt es Vera Meyer immer wieder in die Wälder Brandenburgs. An Birken oder Buchen findet sie für ihre Arbeit Ständerpilze wie den Zunderschwamm.

Pilze seien für die Umgestaltung der erdölbasierten Industrie die idealen Kandidaten, sagt Meyer, der man die Leidenschaft für ihre Vision anhört. „Wir brauchen Pilze für den ersten Schritt einer Kreislaufwirtschaft, bei der beispielsweise in einer Bio-Raffinerie Erdöl durch nachwachsende, pflanzliche Biomasse ersetzt wird.“ Denn Pilze können etwas, das Bakterien und Pflanzen nicht beherrschen: Sie können Lignozellulose vollständig abbauen. Pflanzen fixieren Kohlendioxid und stellen daraus Glukose her, um sie dann unter anderem in Zellulose und Lignin für ihre eigenen Zellwände umzubauen. Indem Pilze genau diese Lignozellulose wieder abbauen, schließen sie den Kohlenstoffkreislauf.

Die Biotechnologin verwendet Abfallstoffe aus der Agrar- und Forstwirtschaft. Die von Vera Meyer eingesetzten Ständerpilze zerlegen zum einen als Meister der Zersetzung die in Sägespänen, Holzschnitzeln oder Getreidestroh enthaltene Lignozellulose in ihre Einzelbausteine. Zum anderen sind sie laut Meyer auch „Meister der Synthese“ und produzieren aus diesen Abfallstoffen Medikamente, Bioethanol, Biodiesel und sogar Verbundstoffe.