Gericht: Angeblich rechtsextremer Polizei-Chat war Hitler-Parodie

Ohrfeige für den Dienstherrn: Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht hat die Suspendierung einer Polizistin unter Rechtsextremismus-Verdacht aufgehoben.

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(Bild: Wolfgang Zwanzger/Shutterstock.com)

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  • dpa

Eine angeblich an einer rechtsextremen Chat-Gruppe beteiligte Polizistin hat sich vor Gericht erfolgreich gegen die Vorwürfe gewehrt. Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht hob die Suspendierung der Beamtin am Donnerstag im Eilverfahren mit einer bemerkenswerten Begründung auf: Das zuständige Landesamt habe offenbar nicht erkannt, dass es sich bei der beanstandeten Hitler-Datei um eine Parodie handele, mit der Hitler verspottet werde.

Die abgebildete Person sei offensichtlich nicht Adolf Hitler, sondern jemand, der mittels einer Parodie Hitler verspotte, überzeichne und der Lächerlichkeit preisgebe. Die vom Landesamt gezogene Schlussfolgerung, hierin liege ein "schwerwiegendes Dienstvergehen" und ein "Verstoß gegen die politische Treuepflicht", teile man nicht, so das Gericht.

Der Vorwurf, die Beamtin habe den Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verlassen, sei somit "fernliegend", zumal nicht einmal klar sei, ob sie die Datei überhaupt wahrgenommen habe (Az.: 2 L 1910/20). Die Polizistin sei lediglich Mitglied einer WhatsApp-Gruppe gewesen, in der die Datei gepostet wurde.

"Die Entscheidung des Gerichts ist natürlich zu respektieren. In allen Verfahren gilt die Unschuldsvermutung", sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). "Trotzdem sollte niemand Zweifel an meiner grundsätzlichen Entschlossenheit haben: Ich werde meine Null-Toleranz-Linie im Kampf gegen Rechtsextremismus in den eigenen Reihen weiter konsequent fortsetzen."

Das Gericht bemängelte weiter, die Suspendierung der Frau sei nicht nur inhaltlich, sondern auch formal mangelhaft gewesen. Der konkrete Einzelfall sei in dem Bescheid nicht in den Blick genommen worden. Das angebliche Fehlverhalten werde nicht konkret beschrieben. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass der Versand der Datei bereits vor sieben Jahren erfolgt sei.

Auch der in dem Bescheid des Landesamtes geäußerte Verdacht, dass Straftaten begangen worden seien, etwa das Verwenden verfassungswidriger Kennzeichen oder Volksverhetzung, sei "nicht nachvollziehbar". Gegen die Entscheidung des Gerichts kann das Land NRW noch Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht erheben.

"Jeder Einzelfall muss betrachtet und juristisch bewertet werden", mahnte der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, Michael Mertens, an. "Eine Pauschalverurteilung ist grundsätzlich ungerecht und bei diesen schwierigen Vorgängen erst recht." Seit Tagen sorgen immer neue Meldungen über rechtsextreme Chatgruppen von Polizisten und Polizistinnen für Aufsehen.

(mho)