E-Auto: GM stellt Elektro-Nachrüstsatz in 1977er Chevrolet Blazer vor

GM präsentiert den ersten nachrüstbaren E-Antrieb. Motor, Batterie und Elektronik des Chevrolet Bolt sollen Autos aus dem Konzern nachträglich elektrifizieren.

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Der Chevrolet Blazer K5 eignet sich ganz gut als ironisches EV-Demonstrationsobjekt.

(Bild: GM)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Florian Pillau
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In einem Restomod-elektrifizierten Chevrolet Blazer von 1977 präsentiert GM den ersten nachrüstbaren E-Antrieb eines Großserienherstellers. Er entstammt dem Chevrolet Bolt und soll sich für weitere Fahrzeuge aus dem Konzern eignen.

Die Idee ist nicht neu: Karabag elektrifiziert seit Jahren herkömmliche klassische Autos in Europa, Zelectric in den USA und seit rund einem Jahr gibt es die Möglichkeit, von eClassics mit offiziellem Segen von Volkswagen den Antrieb des VW E-Up in den VW Käfer oder den VW T1 transplantieren zu lassen. Käfer und Bulli sind nur populäre Beispiele – zum E-Mobil umbauen lässt sich prinzipiell jedes Auto. Die Möglichkeit einer nachträglichen Elektrifizierung ehemals fossil angetriebener Autos ist mit Werksfreigaben wie der für eClassics sehr nah an den Hersteller herangewachsen. Damit ist diese Lösung zwar sicher für eine kleine Handvoll mehr Kunden akzeptabel geworden, Entwicklung und Produktion blieben bisher aber fest in Händen kleiner Firmen.

Chevrolet Blazer EV (8 Bilder)

Der Blazer ist – vor allem in Europa – längst mehr als nur eine Geschmacksfrage. Als Saurier der Fossil-Ära mit Lkw-Technik, Platz für zwei Erwachsene und einem Benzinverbrauch von kaum unter 25 Litern auf 100 km ...

Nach einer wegen des Infektionsschutzes ins Netz verlagerten SEMA (2. bis 6. November 2020) wird sich das möglicherweise ändern: Mit GM will der erste Autohersteller – noch dazu einer der größten – einen E-Antrieb zum Nachrüsten vorstellen. Vorgestellt wird der Elektrifizierungssatz in einem Chevrolet Blazer K5 von 1977. Das Auto ist – vor allem in Europa – längst mehr als nur eine Geschmacksfrage. Als Saurier der Fossil-Ära mit Lkw-Technik, Platz für zwei Erwachsene und einem Benzinverbrauch von kaum unter 20 Litern auf 100 km ist er ein Monument im Kern-Feindbild aller Mobilitätswende-Beseelter und eignet sich daher ausgesprochen gut als Demonstratinsobjekt für GMs PR-Stunt.

Das SUV verliert den mit 130 kW nicht wirklich antrittskräftigen, mit 6,6 Litern Hubraum aber riesigen V8. Eingebaut wird der 200 kW leistende Elektromotor mit 360 Nm Drehkraft inklusive seiner Leistungselektronik des Elektroautos Chevrolet Bolt. Wir hatten den baugleichen Opel Ampera-e als Testwagen.

Pfiffig bezeichnet GM die Nachrüstung als "Crate Motor" (in Anlehnung an die in den USA besonders bei Tunern populäre "Crate Engine"). Überraschenderweise steht er über eine Viergangautomatik in Verbindung mit dem Allradantrieb, der Dreistufen-Wandlerautomat wird ersetzt. An Effizienz hat GM bei diesem Modell ganz offenbar weniger gedacht als an eine schnelle Lösung, Motor und Verteilergetriebe zu verheiraten. Tank und Auspuff kommen ins Recycling, dafür schraubt GM den 400-Volt-Akku mit 60 kWh auf die Ladefläche. Noch wirkt das ziemlich hemdsärmlig – aber der Blazer ist ja auch ein Demonstrationsobjekt.

GM sagt, die Nachfrage sei hoch genug gewesen, dass sich die Auflage des "Electric Connect and Cruise package" kommerziell lohnt. Es soll ab der zweiten Hälfte 2021 erhältlich sein und aus Motor, Batterie, AC-DC-Inverter, DC-DC-Wandler, Kabelbaum und Batterie-Klimatisierung bestehen. An Garagenbastler hat GM dabei allerdings nicht gedacht: Der Einbau soll nach einer entsprechenden Schulung von zertifizierten Fachbetrieben vorgenommen werden dürfen. Der erste Kunde ist Lingenfelter Performance Engineering, Spezialist fürs gepflegte Corvette-Tuning in Michigan.

Zwei Hauptgründe sprechen eigentlich zwingend für den Einbau durch einen geschulten Betrieb: Die Gefahren durch den Umgang mit den hohen elektrischen Leistungen und den Umbau sicherheitsrelevanter Nebenaggregate am Fahrwerk. So benötigt die Bremsanlage eine elektrische Unterstützung entweder per Unterdruckpumpe oder einen elektrischen Aktor. Ähnlich sieht es bei der hydraulisch unterstützten Lenkanlage aus. Gar nicht zusprechen von Komfortfeatures wie der Klimaanlage.

Apropos Tuning: GM könnte "Crate Motors" mit höheren Leistungen anbieten. Deutlich mehr Wumms versprechen die aktuellen "Ultium" Akku-Packs mit Kapazitäten zwischen 50 und 200 kWh und leistungsfähigeren Motoren. Sie kommen in Autos wie dem GMC Hummer EV mit 737 kW oder dem Cadillac Lyric, dort mit 330 kW Leistung und einer wohl 100 kWh fassenden Batterie für 480 km im Zyklus. GM kooperiert bei Ultium-Antrieben zudem mit Herstellern wie Honda.

(fpi)