Elbphilharmonie, BER, S21: Da war es nur noch einer

Bild: mariohagen/Pixabay.com

Voller Neid blicken die Stuttgarter nach Berlin. Der dortige Flughafen wird tatsächlich eröffnet, aber vorerst nicht ohne Subventionen auskommen

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Am morgigen Samstag ist es also nun soweit. Mit nur acht Jahren Verspätung bekommt Berlin seinen neuen Flughafen, den BER Flughafen Berlin Brandenburg "Willy Brandt", wie er offiziell genannt wird. Eigentlich hätte dieser ja schon im Juni 2012 eröffnet werden sollen, aber diverse Baumängel, Planungsfehler und Nachbesserungen zögerten die Fertigstellung immer weiter hinaus.

(Hier eine informative Chronik der Verzögerungen, die der Berliner Tagesspiegel erstellt hat.)

Die Berliner nahmen es mit erstaunlichem Langmut und die regelmäßigen Verschiebungen des Eröffnungstermine sorgten bei den Hauptstädtern zuletzt nur noch für ein resigniertes Schulterzucken. Zumindest bei den eher im Zentrum der Metropole Lebenden.

Im Westen, Nordwesten und Norden, wo man sehr unter dem in den letzten Jahren immer mehr wachsenden Fluglärm des nun ausgedienten Airports Tegel litt, sorgten die fortgesetzten Verzögerungen und gebrochenen Versprechen für zunehmende Verärgerung.

In der weiträumigen Nachbarschaft der BER – der Flughafen liegt am südöstlichen Stadtrand in der brandenburgischen Gemeinde Schönefeld – war man hingegen eher froh, noch eine Weile verschont zu bleiben.

Seit 2010 hatte es gegen die geplanten An- und Abflugschneisen diverse ausdauernde, teils wöchentliche Proteste gegeben, an denen sich zeitweise über 10.000 Menschen beteiligten. In Brandenburg gab es 2012/13 zudem ein erfolgreiches Volksbegehren für ein Nachtflugverbot.

Auch für die morgige Eröffnung ist Protest angekündigt. Zu den Fluglärmgegnern und betroffenen Anwohnern aus Berlin und den Nachbargemeinden werden sich auch diverse Umweltverbände und der örtliche Ableger des Jugendklimanetzwerks Fridays for Future gesellen.

Letztere sind natürlich vor allem wegen der Klimaschädlichkeit des Luftverkehrs dabei. Erstaunlich wenig werden hingegen in der Berliner Öffentlichkeit die Unsummen aufgewendeter Gelder thematisiert. Rund sieben Milliarden Euro hat der Bau den Steuerzahler bisher gekostet.

Und die Schuldenuhr tickt weiter. Wegen der Verzögerungen und der gegenwärtigen Corona-Krise arbeitet die Betreibergesellschaft hochdefizitär. Die Gesellschafter, das heißt, der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg werden, um einen Konkurs abzuwenden, noch einige weitere Milliarden Euro hinzuschießen müssen.

So kann es kommen, wenn sich Landespolitiker ein Denkmal setzen wollen. Berlins letzter christdemokratischer Regierender Bürgermeister Eberhardt Diepgen hatte sich 1996 mit aller Macht durchgesetzt. Die Spreemetropole sollte in die gleiche Liga wie London und Paris katapultiert werden.

Dabei hätte man auch gemeinsam mit Leipzig ein weiter draußen liegenden Flughafen bauen können, der weniger Anwohner belästigt hätte. Beim neuen Airport sprechen die gegen den Fluglärm Aktiven von 1,5 Millionen betroffenen Menschen.

Immerhin sind der Leipziger und der Berliner Hauptbahnhof nur zwei Stunden mit dem ICE von einander entfernt. Zum BER muss man nun mit S- oder Regionalbahn fahren, was vom Berliner Hauptbahnhof in den meisten Varianten eine Dreiviertelstunde oder etwas länger dauert.

Doch alle Klagen und Verfassungsbeschwerden konnten den Bau nicht verhindern, aber zumindest besseren Schallschutz und Einschränkungen bei den Nachtflügen durchsetzen. Seit den 1990ern waren verschiedene örtliche Bürgerinitiativen und der Bürgerverein Berlin Brandenburg auf allen Ebenen gegen das Vorhaben vorgegangen, hatten auf Rechtsverstöße, übersehene Gefahren für die benachbarte Gasinfrastruktur, alte Giftstoffbelastungen und ähnliches hingewiesen.

Letzterer hat über die Vorgänge eine umfangreiche und lesenswerte "Chronique Scandaleuse" veröffentlicht. Die offizielle Chronik der Betreibergesellschaft fällt hingegen deutlich schlanker aus und erwähnt erwartungsgemäß die erheblichen Widerstände in der betroffenen Bevölkerung mit keinem Wort.