Digitale Bewerbungsgespräche verschlechtern die Job-Chancen

Derzeit sind Video-Bewerbungsgespräche ein probates Mittel. Eine Studie der Uni Ulm zeigt, dass das für die Kandidaten und Kandidatinnen nachteilig sein kann.

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Immer mehr Bewerbungsgespräche werden digital über Videokonferenzformate abgehalten

(Bild: Abt. Arbeits- und Organisationspsychologie / Uni Ulm)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • André von Raison

Personalverantwortliche setzen für Bewerbungsgespräche – insbesondere in Corona-Zeiten – verstärkt auf digitale Formate wie Videokonferenzen. Allerdings kommen die Kandidaten und Kandidatinnen der digitalen Auswahlinterviews deutlich schlechter weg als die mit einem persönlichen Vorstellungsgespräch. Den Ursachen dafür sind Psychologen und Psychologinnen der Universität Ulm in einer Studie auf den Grund gegangen.

Dazu führten sie 114 simulierte Auswahlinterviews mit Studierenden – je 57 als persönliches Gespräch und per Videokonferenz. Alle Interviews wurden zur besseren Auswertung aufgezeichnet. Zusätzlich mussten die Probanden in einem Online-Fragebogen ihre Wahrnehmung der Interviewsituation dokumentieren.

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Ein Ergebnis der Untersuchung: Identische Bewerberantworten wurden von den Interviewern in einer Videokonferenz kritischer als in einem persönlichen Gespräch bewertet. Das heißt, dass neben Beeinträchtigungen der Leistung aufseiten der Interviewten auch negativere Beurteilungen durch die Interviewer dazu beitragen, dass Personen per Videokonferenz schlechter abschneiden. Weitere Erkenntnisse aus der Studie betrafen Fairness-Aspekte und Datenschutz-Bedenken. So zeigte sich, dass die interviewten Personen Online-Vorstellungsgespräche für weniger fair hielten als persönliche Bewerbergespräche. Die Probandinnen und Probanden hatten zudem digitalen Gesprächsformaten gegenüber größere Datenschutzbedenken. Positiv gewürdigt wurde hingegen die größere Flexibilität, die in den Augen der Befragten mit dem Einsatz von Online-Tools wie Videokonferenzlösungen verbunden war.

Für Unternehmen sei es nicht ratsam, in einer Auswahlrunde unterschiedliche Interview-Formate zu verwenden, so die Forscher, da dies klar auf eine Benachteiligung der Beteiligten hinauslaufe, die über Videokonferenzformate Rede und Antwort stehen müssen. Prof. Dr. Klaus Melchers, Leiter der Abteilung Arbeits- und Organistionspsychologie, rät Bewerbern, wenn möglich das persönliche Vorstellungsgespräch vorzuziehen, weil sie da in der Regel besser wegkämen. Falls sich die Videokonferenz nicht vermeiden lässt, würde auch ein technischer Trick helfen: „Montieren Sie die Kamera so auf dem Bildschirm, dass sie die Reaktionen Ihres Gesprächspartners gut beobachten und gleichzeitig Augenkontakt über die Kamera herstellen können“.

Das Original der Studie finden Leser im Journal of Business and Psychology. Konferenzen via Teams & Co. nahmen im Zuge der Corona-Pandemie deutlich zu.

(avr)