Onlinehandel: Nicht unsere Lieferanten verstopfen die Straßen

Oft ist von einem drohenden Verkehrsinfarkt in den Städten die Rede. Die Versandhandelsbranche schiebt den Schwarzen Peter an Carsharing und Pendler weiter.

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Der Grund dafür, warum hier der Verkehr stockt, ist nicht recht ersichtlich. Hier haben jedenfalls wohl nicht Transporter den Stau verursacht.

(Bild: BEVH)

Lesezeit: 3 Min.

Der Onlinehandel in Deutschland wächst stetig, in den vergangenen Jahren wurden gelbe, braune und andersfarbige Lieferwagen im Straßenbild augenfälliger, auch in zweiter Reihe parkend. Doch nicht ihre Lieferanten verstopften die Straßen in den Städten, dafür macht der Onlinehandel andere Schuldige aus, zum Beispiel Carsharing und Pendler.

Das Mengenwachstum im Onlinehandel mit privaten Endkunden habe kombiniert mit den deutlich stärker gewachsenen Paketlieferungen an gewerbliche Kunden nicht zu einer gravierenden Zunahme der Zustellfahrten durch Versanddienstleister im Vergleich zu allen anderen Verkehrsbewegungen in den Städten geführt, erläutert der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH). Die Sendungsmenge sei prozentual deutlich geringer angestiegen als die Bestellumsätze. Zudem würden immer mehr Bestellungen an Kunden ins Umland oder in kleinere Orte geliefert.

"Von einem 'Problemfall E-Commerce' für die Verkehrssituation in Großstädten auf Grundlage gestiegener Paketlieferungen kann überhaupt keine Rede sein", meint BEVH-Hauptgeschäftsführer Christoph Wenk-Fischer laut einer Mitteilung. Dabei bezieht er sich auf Erkenntnisse der Marktforscher von MRU, die auf Paket- und Lieferdienste spezialisiert sind. In der Beispielstadt Hamburg habe sich die Anzahl der Lieferverkehre für sämtliche gewerblichen und privaten Zustellungen von 2,1 im Jahr 2017 auf 2,2 Abfahrten pro Quadratkilometer im vergangenen Jahr erhöht. Demgegenüber gab es vor zwei Jahren 28 werktägliche Abfahrten je km2 der Lieferungen des stationären Einzelhandels oder der Gastronomie.

Zudem habe es 2017 rund 800, 2019 dann 1500 Carsharing-Fahrzeuge im Hamburger Stadtgebiet gegeben. Die Zahl der in Hamburg registrierten Pkw sei zwischen 2017 und 2019 um 25.000 auf etwas mehr als 795.000 gestiegen, die Zahl der nach Hamburg hineinpendelnden Umland-Bewohner um fast 30.000,

In der Rangliste der Paketlieferverkehre pro Tag und Quadratkilometer stand München mit 4,9 im vorigen Jahr an erster Stelle. Dahinter folgen Frankfurt und Düsseldorf mit 3,8 und 3,3. Berlin kommt mit 2,9 gleichauf mit Hamburg, hat MRU errechnet.

Indirekt geht der BEVH in seiner Mitteilung auf das Problem der Liefertransporter als ruhende Verkehrshindernisse ein und lässt MRU-Geschäfsführer Horst Manner-Romberg kommentieren: "Nach wie vor mangelt es an übergreifenden Lösungen und der Berücksichtigung von logistischen Anforderungen bei der Stadtplanung." Es fehle an Liefer- und Ladezonen, Flächen für Mikro-Hubs oder Liefer-Zeitfenstern.

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Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund regte bereits feiner abgestimmte Preiskonzepte an. Nicht jeder Onlinekunde wolle sofort und persönlich beliefert werden – es würden von den Anbietern schließlich parallel immer mehr Paket- oder Zustellboxen eingesetzt. Für eine verfeinerte Logistik in Städten gibt es bereits einige Ideen: Apcoa dient seine Parkhäuser an, Paketdienste experimentieren mit Lastenfahrrädern und die Post regte zum Unmut ihrer Mitbewerber eine "konsolidierte Zustellung" der Lieferkonkurrenten an.

(anw)