Deutsche Bahn: Stellwerksausfälle bremsen rund 220.000 Züge pro Jahr

Gut 14.000 Störungen in Stellwerken mit Technik aus der Kaiserzeit führen bei der DB zu verspäteten Zügen. Rund drei Prozent der Probleme sind hartnäckig.

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Blick auf Weichen- und Signalhebel des mechnischen Stellwerks Lehrte, das 1986 stillgelegt wurden.

(Bild: Deutsche Bahn)

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Viele Stellwerke im deutschen Schienennetz arbeiten noch mit Technik aus der Kaiserzeit oder stammen aus den 1960ern. Dies führte 2019 zu 14.459 und 2018 zu 14.285 Störungen bei der Deutschen Bahn (DB), die "Auswirkungen auf den Zugverkehr hatten", erklärte der parlamentarische Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann (CDU) in einer heise online vorliegenden Antwort auf eine Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Oliver Krischer.

Die Anzahl der dadurch verspäteten Züge betrage 1,7 beziehungsweise 1,9 Prozent. "Pro Tag sind das durchschnittlich 600 Züge und im ganzen Jahr sogar 219.000 Züge", erklärt Krischer. Bei zwischen 0,03 und 0,04 Prozent des Bahnverkehrs bleibt es zudem nicht bei kleineren Verzögerungen, da die Züge zudem umgeleitet werden müssen.

Die DB hatte Ende Oktober 2019 ihr erstes digitales Stellwerk für den Fernverkehr in Rostock-Warnemünde in Betrieb genommen, bis zu 2600 sollen in den kommenden Jahren folgen. Bis Oktober lag die Zahl der Stellwerksstörungen bei 9476, sodass die Statistik aufs Jahr gerechnet nahezu gleich bleiben dürfte. In den ersten Monaten 2020 soll sich die Anzahl der verspäteten Züge auf ein Prozent reduziert haben. Laut Schätzungen kam die Bahn 2019 auf eine Pünktlichkeit von knapp über 75 Prozent, anvisiert hatte sie 76,5 Prozent.

Als Gründe für die Entwicklung nennt Ferlemann "vor allem die zunehmende Auslastung des Netzes", Werkstoffmängel an Bauteilen in älteren Anlagen und auch "extreme Hitzephasen in den Jahren 2018/19". Sommerliche Temperaturrekorde machen demnach nicht nur den Klimaanlagen etwa in ICEs zu schaffen. Rund 97 Prozent der Störungen konnten in weniger als 24 Stunden behoben werden.

Bund und die DB wollen in den nächsten Jahren verstärkt in eine moderne Leit- und Sicherheitstechnik investieren, betonte der Staatssekretär. Die Digitalisierung sei hier neben der laufenden Ausrüstung des Netzes mit dem europaweit einheitlichen Sicherungs- und Steuerungssystem ETCS der wichtigste Baustein.

Krischer stellt die Antwort nicht zufrieden. "Jahrzehntelang ist in die Schieneninfrastruktur zu wenig investiert worden", moniert der Fraktionsvize. Ältere Stellwerktechnik versage "gerne, wenn es besonders kalt oder warm ist". Die damit entstehenden Probleme verursachten bis zu 30 Prozent aller Zugverspätungen. Dies sei im Vergleich zu den Nachbarländern ein viel zu hoher Wert.

(anw)