Über 1,8 Milliarden Sterne: Gaia-Himmelsatlas noch größer und noch präziser

Das Weltraumteleskop Gaia schreibt weitgehend geräuschlos Wissenschaftsgeschichte. Der größte Himmelsatlas ist nun noch einmal viel präziser und größer.

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So werden sich die Sterne am Nachthimmel in den nächsten 400.000 Jahren verschieben.

(Bild: ESA/Gaia/DPAC; CC BY-SA 3.0 IGO. Acknowledgement: A. Brown, S. Jordan, T. Roegiers, X. Luri, E. Masana, T. Prusti and A. Moitinho)

Lesezeit: 3 Min.

Die ESA hat das Gaia Early Data Release 3 (EDR3) veröffentlicht und stellt Wissenschaft und Allgemeinheit damit einmal mehr den präzisesten Atlas der Milchstraße zur Verfügung. Die Daten des Weltraumteleskops Gaia sind besonders genau und werden nach Überzeugung der beteiligten Forscher für Jahrzehnte den Standard für die Untersuchung der Struktur unserer Milchstraße bilden.

Der erste Teil des dritten Datensatzes enthält nun Messwerte zu mehr als 1,8 Milliarden Himmelskörpern, darunter auch mehr als 330.000 in der weiteren Nachbarschaft unserer Sonne (bis zu 100 Parsec beziehungsweise 326 Lichtjahre). Allein diese Zahl ist 100 Mal größer als im Katalog naher Sterne von Wilhelm Gliese, einer der bisherigen Standards.

Das Weltraumteleskop Gaia war 2013 gestartet und lichtet als gegenwärtig vielleicht wichtigstes Observatorium im All mit einer Gigapixelkamera kontinuierlich den Sternenhimmel ab. Mittels der Parallaxenmessung kann es auf seinem Weg um die Sonne die Position unzähliger Sterne und im Lauf der Zeit auch deren relative Bewegung genau bestimmen.

Mit der Zeit werden die Daten nicht nur präziser, es können auch immer mehr Objekte in den Katalog aufgenommen werden. Die 2016 veröffentlichte erste Sammlung enthielt Messdaten zu etwa einer Milliarde Sterne, 2018 waren es schon fast 1,7 Milliarden, jetzt sind es noch einmal über 100 Millionen mehr. Die Daten dienen als Grundlage für die verschiedensten Studien in nahezu allen Bereichen der Astrophysik.

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Zur Freigabe des ersten Teils des dritten Datensatzes (der komplette soll im Jahr 2022 folgen) hat die ESA einige Erkenntnisse hervorgehoben, die dadurch ermöglicht wurden. So hat Gaia den neuen Zensus der weiteren Nachbarschaft unserer Sonne ermöglicht, in der sich demnach mehr als 330.000 Himmelskörper finden. Das dürften 92 Prozent aller Objekte in diesem Gebiet sein, schreiben die Forscher. Zu fast 75.000 Sternen aus dieser Sammlung hat Gaia außerdem genaue Daten zur Bewegung um die Milchstraße gesammelt, was Prognosen über deren künftige Bahnen ermöglicht. In den kommenden 500 Millionen Jahren werden sie demnach deutlich auseinander driften.

Darüber hinaus habe man ermittelt, dass das Sonnensystem mit 0,23 Nm/s2 beschleunigt wird. Der Orbit unseres Sonnensystems in der Milchstraße ändert sich demnach jedes Jahr etwa 115 Kilometer, konnten die Wissenschaftler auf der Basis der optischen Gaia-Daten ermitteln.

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Gaia soll noch bis 2025 Daten sammeln, pro Tag zu etwa 850 Millionen Objekten, was 20 Gigabyte an Daten ergibt. Der dadurch erstellte Himmelskatalog steht nicht nur Forschern und Wissenschaftlern offen, sondern auch jedem Interessierten, etwa Hobby-Astronomen. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit sorgt er gegenwärtig für schon seit längerem für eine wahre Revolution in der Astrophysik.

[Update 08.12.2020 – 10:45 Uhr] Die Angabe zur Beschleunigung des Sonnensystems wurde korrigiert.

(mho)