Corona-Pandemie: Einmal erreichte Immunität könnte Jahre halten

Eine neue Studie legt nahe, dass Abwehrzellen gegen SARS-CoV-2 nach Impfung oder überstandener Infektion über einen längeren Zeitraum im Körper aktiv bleiben.

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(Bild: NIH)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Neel V. Patel
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Wer sich von einer COVID-19-Erkrankung erholt hat, ist womöglich auch acht Monate nach der Infektion gegen das Coronavirus immun. Zu diesem Ergebnis ist eine neue Studie gekommen. Die Interpretation der Resultate liefert ein erfreuliches Signal: Die Immunität gegen das Virus hält womöglich mehrere Jahre an. Solle sich dies bestätigen, lindert das Ängste, dass die Corona-Impfung mehrfach wiederholt werden müsste, um die Pandemie in den Griff zu bekommen.

"Es gab ursprünglich viele Bedenken, ob das Virus vom Immunsystem gut erinnerbar wäre", sagt Shane Crotty, Virologe und Professor am La Jolla Institute für Immunologie in Kalifornien und Co-Autor des neuen Papers. "Stattdessen scheint das Immungedächtnis hier ziemlich gut zu sein."

Die vergangene Woche im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlichte Studie kontrastiert mit früheren Ergebnissen, die nahelegten, dass die Immunität gegen Covid-19 nur von kurzer Dauer sein könnte, sodass Millionen derer, die schon eine Infektion durchgemacht haben, dem Risiko einer erneuten Ansteckung ausgesetzt wären.

Diese Zwickmühle wäre nicht überraschend gewesen, da Infektionen mit anderen Coronaviren – etwa den berühmten jährlichen Erkältungen – in der Regel Antikörper produzieren, die recht schnell wieder schwinden. Doch nach der neuen Studie sollten Wiederansteckungen nur für einen kleinen Prozentsatz der schon immunen Bevölkerung zu einem Problem werden.

Das gilt offenbar sowohl für zuvor infizierte und gesundete als auch für geimpfte Menschen. Tatsächlich legt die Studie allerdings auch nahe, dass eine kleine Anzahl von genesenen Personen keine langanhaltende Immunität entwickelt. Doch Impfungen sollten dieses Problem ausgleichen, indem eine Herdenimmunität im Großteil der Bevölkerung erwirkt wird.

Crottys Paper untersuchte Blutproben von 185 Männern und Frauen, die sich von Covid-19 erholt haben – die meisten davon nach einer leichten Infektion, obwohl sieben Prozent auch im Krankenhaus aufgenommen wurden. Jede Person gab mindestens eine Blutprobe, je zwischen sechs Tagen und acht Monaten nach Auftritt der ersten Symptome. 43 der Proben wurden nach sechs Monaten genommen.

Das Team, das die Untersuchung durchführte, berechnete die Grade unterschiedlicher immunologischer Marker, die zusammenarbeiten, um eine Wiederansteckung zu verhindern: Antikörper (die Krankheitserreger für den Körper markieren, damit sie vom Immunsystem entweder zerstört oder in ihrer Aktivität neutralisiert werden), B-Zellen (die Antikörper produzieren) und T-Zellen (die infizierte Zellen töten).

Das Wissenschaftlerteam fand heraus, dass Antikörper nach acht Monaten mäßig im Körper abnahmen, wenngleich es graduell starke Unterschiede zwischen Individuen gab. Die Anzahl der T-Zellen nahm hingegen nur bescheiden ab und die Menge der B-Zellen blieb stetig oder nahm teilweise auf – bislang ungeklärte – Weise sogar zu.

Das bedeutet, dass freie Antikörper zwar abnehmen, doch die Komponenten, die ihre Produktion wieder ankurbeln und einen Angriff auf das Coronavirus koordinieren können, in beachtlicher Menge vorhanden bleiben.

Crotty meint, dass der gleiche Mechanismus, der zu einem Immungedächtnis nach einer Infektion führt, auch die Basis für eine Immunität nach einer Impfung bildet – es darf also von derselben Entwicklung bei geimpften Menschen ausgegangen werden.

Allgemein gilt die Immunität bei anderen Coronaviren als nicht gerade herausragend. Allerdings zeigt ein Vergleich mit SARS – sozusagen dem Vorgänger oder Cousin des neuen Coronavirus –, dass entsprechende T-Zellen bis zu 17 Jahre Körper verbleiben. Das gibt Anlass zur Hoffnung, dass die Immunität gegen Covid-19 womöglich jahrzehntelang anhalten könnte.

Die La-Jolla-Studie ist allerdings nicht perfekt, was auch die Forscher um Crotty einräumen. So wäre es besser gewesen, jedem Probanden mehrere Blutproben abzunehmen. "Immunität variiert von Person zu Person und Individuen mit einem ungewöhnlich schwachen Immungedächtnis könnten immer noch anfällig sein für eine Wiederansteckung", warnt der Virologe.

Man könne keine sicheren Schlussfolgerungen über eine Immunität gegen Covid-19 ziehen, ehe Jahre vergangen sind. "Dafür ist es einfach zu früh." Trotzdem seien die Ergebnisse ein guter Indikator dafür, dass eine funktionierende und langfristige Impfkampagne die Pandemie beenden könne.

(bsc)