Kopierschutz, Kopf, Tisch $@%&!

Heise-Redakteur Jürgen Schmidt macht einmal mehr bittere Erfahrungen mit Kopierschutz, der ihn an völlig legalen Aktivitäten hindert.

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(Bild: Profit_Image/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Lockdown, Winter, Freitag-Abend... Wie wäre es mit einer "heute Show", um auf andere Gedanken zu kommen? Also starte ich mein neues Macbook, gehe auf die Mediathek und stecke erwartungsfroh das HDMI-Kabel des Heimkinos (mit dem vorsorglich gekauften HDMI-to-USB-C-Adapter!) ein, während die bekannte Eröffnungsmelodie spielt *badummbummbumm*. Doch der Ton verstummt und auf der Leinwand erscheint nur eine Fehlermeldung zu HDCP.

What The Fuck?

Mittlerweile – einige Stunden Recherche später – verstehe ich sogar, was da passiert. Doch das macht es nicht besser. Im Gegenteil!

Ein Kommentar von Jürgen Schmidt

Jürgen Schmidt - aka ju - ist leitender Redakteur von heise Security und Senior Fellow Security bei heise. Von Haus aus Diplom-Physiker, arbeitet er seit über 15 Jahren bei Heise und interessiert sich auch für die Bereiche Netzwerke, Linux und Open Source.

Kurz und leicht vereinfacht: Mein Macbook und der AV-Receiver sprechen sich im Rahmen des HDMI-Handshakes ab:

Mac: "Ich kann 4K Ultra-HD"

AVR: "Cool, ich auch"

Beide: "Klasse, lass uns das machen"

Kleiner Nebeneffekt: Für Ultra-HD müssen die beiden gemäß Spezifikation High-Bandwidth Digital Content Protection (HDCP) 2.2 aktivieren. Da beide den Kopierschutz unterstützen, ist das noch kein Problem. Doch als der AVR das Bild dann ausgeben will, stellt er fest, dass der Beamer mit ihm nur das ältere HDCP 1.4 spricht. Das reicht für Full-HD (1080p) vollkommen aus und mehr kann der Beamer ohnehin nicht. Nebenbei bemerkt: Ich hatte auch noch nie das Gefühl, dass mir da was fehlt. Bei HDCP 2.2 muss jedoch jedes Gerät in der ganzen Kette mitspielen. Also gibt es die Fehlermeldung:

Dieser Inhalt wird nicht angezeigt, da Ihr TV kein HDCP 2.2 unterstützt

Dummerweise lassen sich weder das Macbook noch der AV-Receiver davon überzeugen, dass mir Full-HD völlig ausreicht und sie deshalb auf den HDCP-2.2-Schnickschnack getrost verzichten können. Bei der Playstation 4 Pro ging das noch: Die konnte man im BIOS auf HDCP 1.4 und Full-HD begrenzen. Mit dem Macbook bleiben mir aber nur noch folgende Optionen:

1) Ich verscherbel das neue Macbook Pro und kauf mir ein gebrauchtes, älteres Gerät, das lediglich HDCP 1.4 kann (auf dem älteren Macbook meiner Freundin lief die heute Show ohne Probleme – aber natürlich mit einiger Häme).

2) Ich werfe meinen voll funktionsfähigen Beamer weg und kaufe mir ein neues, 4K-fähiges Gerät, das ich nicht brauche.

3) Ich kaufe mir einen sogenannten HDMI-HDCP-Konverter wie den hier von Assmann. Der kostet rund 30 Euro und konvertiert laut Beschreibung HDCP-Signale von 2.2 nach 1.4 und umgekehrt.

4) Ich kaufe mir einen HDMI-Splitter mit sogenanntem "HDCP Bypass" für circa 15 Euro. Der gibt sich gegenüber dem AV-Receiver als HDCP-fähiges Endgerät aus und spielt das Videosignal trotzdem auf den angeschlossenen Geräten ohne HDCP ab. Problem gelöst.

Zumindest die letzte Option mit dem HDCP-Bypass ist allerdings in Deutschland illegal. Ja, Sie lesen richtig: Ich möchte mir nur Inhalte ansehen, die eigentlich keinem Kopierschutz unterworfen sein müssten, wie selbst erstellte Präsentationen oder Material aus der mit meinen Gebühren mitfinanzierten, öffentlich-rechtlichen Mediathek. Doch die Anschaffung und Einsatz einer Gerätschaft, die mir das ermöglicht, wäre illegal. Ob solche Gesetze tatsächlich kriminelle Raubkopierer an ihrem illegalen Tun hindern? Oder nicht vielmehr dazu da sind, geizige Konsumverweigerer wie mich dazu zu bewegen, doch endlich den neuesten heißen Scheiß zu kaufen?

Ein legaler Ausweg bedeutet, dass ich den Herstellern der Kopierschutz-Infrastruktur mit der Anschaffung neuer Geräte noch mehr Geld in den Rachen werfe. Da läuft etwas gewaltig schief. Das sind Schutzgeld-Methoden, wie man sie von der organisierten Kriminalität vulgo Mafia kennt. Genau so arbeiten Erpressungs-Trojaner: "Wenn du deine Daten sehen willst, musst du zahlen." Kopierschutz, der mich daran hindert, auf meinen Geräten ganz legal Inhalte anzusehen, an denen ich alle notwendigen Rechte habe, ist leider nicht illegal – aber auf alle Fälle äußerst asozial.

Was denken Sie, für welche der Optionen ich mich wohl entschieden habe? Erzählen Sie uns doch in den Kommentaren von Ihren Erlebnissen, bei denen Ihnen Kopierschutz bei ganz legalen Aktivitäten in die Quere kam.

(ju)