Hass-Content bei Telegram: Klage soll Apple zu Rauswurf zwingen

Neonazis nutzen den Messenger zu Gewaltaufrufen, so eine Non-Profit-Organisation. Apple müsse die Regeln durchsetzen und die App entfernen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 90 Kommentare lesen

(Bild: sebastianosecondi / Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Leo Becker

Die Bereitstellung der Messaging-App Telegram im App Store hat Apple eine Klage eingehandelt: Der ehemalige US-Botschafter Marc Ginsberg und seine Non-Profit-Organisation "Coalition for a Safer Web" haben Apple auf Schadensersatz verklagt und wollen das Unternehmen zugleich per Verfügung zwingen, Telegram rauszuwerfen.

Apple wisse, dass Telegram zur "Anstachelung religiöser und rassistischer Gewalt" missbraucht werde und damit gegen die App-Store-Regeln verstoße, teilte die Organisation mit.

Apple sei mit dafür verantwortlich, Nutzer vor Gewaltaufrufen durch Extremisten zu schützen und müsse zudem sicherstellen, dass seine Dienste nicht für Hassinhalte missbraucht werden, heißt es in der am Sonntag eingereichten Klage (Ginsberg und Coalition for a Safer Web vs. Apple, United States District Court, Northern District of California, Aktenzeichen: 5:21-cv-00425). Die über Telegram verbreiteten Inhalte würden klar gegen Apples App-Store-Vorgaben verstoßen und seien weit "ungeheuerlicher" als die Inhalte in der Social-Media-App Parler, die Apple (und weitere Firmen) jüngst rausgeworfen haben.

Telegram diene als "bevorzugter Kommunikationskanal" für Neonazis und White-Supremacy-Gruppen und fördere die Verbreitung "juden- und schwarzenfeindlicher Inhalte", führt die Klageschrift an. Ginsberg, der als erster jüdischer US-Amerikaner als Botschafter in einem arabischen Land diente, sah und sieht sich der Klage zufolge auch persönlichen Anfeindungen ausgesetzt. Durch das Hosting von Telegram im App Store könne es weiterhin Drohungen gegen ihn und seine Familie geben, so Ginsberg.

Telegram sei ein "Superspreader" für Hassrede, folgerte Ginsberg in einem Interview. Die Non-Profit-Organisation bereitet auch eine Klage gegen Google vor wegen der Bereitstellung von Telegram bei Google Play, wie die Washington Post berichtet.

Die "Coalition for a Safer Web" verweist in der Klage darauf, dass man Apple schon seit vielen Monaten wiederholt auf die extremistischen Inhalte bei Telegram hingewiesen habe – ohne Reaktion.

Nach dem Sturm auf das US-Capitol Anfang Januar hatte Apple den Dienst Parler erst zu strikterer Content-Moderation aufgerufen und dann nach 24 Stunden entfernt. Sollte Parler besser gegen verbotene Inhalte vorgehen, würde man den Dienst zurück in den App Store lassen, betonte Apple-Chef Tim Cook jüngst in zwei Interviews.

Auch Telegram war von Apple 2018 für kurze Zeit aus dem App Store geworfen worden, hier war ein Mangel an Content-Moderation der Vorwurf – laut Apple wurde Kinderpornographie über den Messenger verbreitet. Telegram hat im vergangenen Jahr eine Kartellbeschwerde gegen Apple bei der EU-Kommission eingereicht, der Konzern schränke den Wettbewerb ein, so der Vorwurf.

(lbe)