Homeschooling: Ruf nach digitaler Souveränität durch freie Software

Die Gesellschaft für Informatik fordert, die Unabhängigkeit und Sicherheit von Schülern und Lehrern mit Open Source zu stärken. Die Hürden sind hoch.

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(Bild: fizkes/Shutterstock.com)

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Mit Sorge verfolgt die Gesellschaft für Informatik (GI), dass viele Schulen vor dem Hintergrund der Corona-Krise und dem aktuellen Leidensdruck beim Homeschooling "datenschutzrechtlich bedenkliche, proprietäre Softwarelösungen" einsetzen. Vor allem Programme, die Daten der Betroffenen in Drittstaaten wie die USA übertragen, seien bedenklich angesichts vorhandener "guter Alternativen". So existierten "leistungsfähige und leicht bedienbare Cloud-Lösungen und Lernmanagementsysteme", die einen datenschutzkonformen, rechtssicheren Betrieb auf europäischen Servern erlaubten.

Die GI nennt hier etwa die frei verfügbaren Programme Moodle und Ilias, die mit Plugins wie H5P interaktive kooperative Arbeitsformen unterstützten und eine "geeignete Grundlage der IT-Infrastruktur von Schulen" darstellten. Um solche Lösungen reibungslos betreiben zu können und Ausfälle zu vermeiden, müssten die Länder aber zwingend die dafür notwendigen personellen und technischen Ressourcen bereitstellen. Nur so sei es auch möglich, die quelloffenen Lösungen "kontinuierlich zu verbessern", um bedingungsfreundliche und wettbewerbsfähige Anwendungen weiterzuentwickeln.

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Generell plädiert der Verein dafür, die digitale Souveränität von Schülern, Schulen, Lehrern und des IT-Standorts durch Open-Source-Software zu stärken. Damit lasse sich transparent darzustellen, "welche Daten wie und von wem verarbeitet werden". Zugleich werde "die Abhängigkeit von großen Konzernen verringert". Die öffentliche Einsehbarkeit des Quellcodes erlaube es, Schwachstellen schneller zu finden und Sicherheitslücken zu schließen. So könnten alle Beteiligten "in der digitalen Welt selbständig, selbstbestimmt und sicher agieren".

"Die aktuell zu treffenden politischen Entscheidungen für digitale Infrastrukturen werden unser Bildungswesen über Jahre prägen", betonte GI-Vizepräsidentin Ulrike Lucke. "Übertragbare Standards und Formate" müssten gefördert werden, "um Lock-In-Effekte zu vermeiden". Es sei belegt, dass Schüler weit über ihre Schulzeit hinaus bei einem einmal kennengelernten digitalen Werkzeug verblieben. Die GI begrüßt daher, dass sich im Streit um die digitale Bildungsplattform in Baden-Württemberg ein breites Bündnis gegen die geplante Einführung von Microsoft Office 365 als Lösung für alle Schulen gebildet habe.

Zwei Drittel der Schüler, Eltern und Lehrkräfte erleben beim digitalen Unterricht während Corona-Zeiten hohe Hürden, hat die Initiative D21 derweil in einer repräsentativen, im Juli durch das Marktforschungsinstitut Kantar durchgeführten Umfrage herausgefunden. Das mit 42 Prozent am häufigsten genannte Problem war die uneinheitliche Vorgehensweise, wie und wo Unterrichtsmaterial zur Verfügung gestellt wird: Die Lehrmittel und das Ausfüllen von Fragebögen blieben meist analog.

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37 Prozent empfanden die ihnen abverlangte Selbstorganisation als belastend, 27 Prozent beklagten ungenügende Erklärungen zum Umgang mit der Technik. Eine seltenere Barriere bestand in der Infrastruktur: 16 Prozent der Betroffenen gaben an, nicht über genügend Geräte zu verfügen, 14 Prozent monierten eine zu schlechte Internetverbindung. "Ungenügender Datenschutz" stößt acht Prozent übel auf. 78 Prozent befürworten, dass Lehrkräfte verpflichtende Digitalfortbildungen erhalten sollen. 74 Prozent verlangen, dass Schulen öfter neue Lernformen und Arbeitsweisen ausprobieren. 60 Prozent befürchten, dass sich durch die momentane Situation Bildungsungerechtigkeiten verschärfen.

(mho)