Alles Quak

Zu früheren Zeiten schlossen Hobbymeteorologen ein Exemplar der Gattung Hyla arborea in ein Glasbehältnis ein, um den Lauf des Wetters vorherzusagen. Heute behalten sie statt dessen ihren Computer im Auge.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Torsten Beyer
  • Kersten Auel
Inhaltsverzeichnis

Die früher so beliebte Technik der Wettervorhersage per Laubfrosch hatte einerseits eine rapide Abnahme (frog.simplenet.com/froggy/sciam/frogs-disappear.txt) der frei verfügbaren Exemplare eben dieser Gattung zur Folge. Andererseits: Nachdem die Chaostheoretiker den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Flügelschlag eines chinesischen Wanderfalters und einem Gewittersturm in Hamburg-Barmbeck nachweisen können, sind rustikale Prognoseverfahren wie die mit dem Laubfrosch doch etwas aus der Mode gekommen (oder zeitgemäß ausgedrückt: nicht mehr hip).

Was bleibt also, als dem Trend der Zeit folgend Frösche und Wetter (sogenannte Wetterfrösche also) im Internet zu suchen? Eine schöne Verbindung sozusagen der alten mit der neuen Welt bildet der virtuelle Wetterfrosch (www.isg.ch/tt/institute/neuro/quak.html) der ISG-Gruppe für Neuro-Computing im schweizerischen St. Gallen. Seine Vorhersage errechnet ein neuronales Netz jede Nacht auf der Basis historischer Wetterdaten. Die Sache ist also etwas mehr als bloß ein Gag. Wer sich für die ernsthafteren Tätigkeiten der Gruppe interessiert, findet auch einen Überblick über die Projektschwerpunkte (www.isg.ch/tt/institute/neuro/index.html). Für die Zeitgenossen, die es lieber etwas anschaulicher und dafür weniger verspielt mögen, ist ein Blick auf den Wetterserver der Illustrierten Stern genau das richtige.

Der Wetterbericht für Deutschland und Europa (www.stern.de/wetter/) wird jeweils stündlich aktualisiert. Wetterfühlige und anderweitig von der Atmosphäre Geplagte finden dort auch die Biowetter- und Pollenflugvorhersage (www.stern.de/wetter/bio_index.html) - leider nicht ganz so aktuell. Eine aktuelle Satellitenkarte rundet das Ganze ab. Allerdings beziehen sich die Wetterinformationen, die übrigens vom Deutschen Wetterdienst kommen, in erster Linie auf Deutschland und das europäische Ausland.

Auch der DWD sellbst bietet über das Internet ein reichhaltiges Angebot. Aber - allen Web-Angeboten gemein ist ja bekanntlich die Tatsache, daß es sich um sogenannte "poll-services" handelt. Das ist denglisch und heißt, man muß seinen Allerwertesten in die Luft heben und aktiv den jeweiligen Server abfragen. Das Gegenteil heißt "push-service" und bedeutet, daß der Server einem die Daten aktuell und regelmäßig (oder wenn sie sich ändern) zuschanzt. Heiße Diskussionen befassen sich damit zu begründen, welches Vehikel solchermaßen funktionierende Server bevorzugen sollten. Allgemein wird dabei übersehen, daß es seit circa 28 Jahren eine hervorragende Push-Technik im Internet gibt: EMail.

Genau dieses hochkomplexe Verfahren nutzt der "Donnerwetter"-Server (www.donnerwetter.de), um dem jeweiligen Interessenten einen täglichen Wetterbericht für seine Region zuzusenden. Für diesen kostenlosen Service kann man sich anmelden und aus 107 deutschen Regionen die interessierende auswählen. Leider steht dieser Service nur für Deutschland zur Verfügung. Österreichische (www.donnerwetter.de/region/a.htm) oder Schweizer Leser müssen mit den allgemeinen Vorhersagen für ihre Länder vorliebnehmen (www.donnerwetter.de/region/ch.htm). Dafür haben letztere die Nase vorn, wenn es darum geht, Informationen über angesagte Tauchgewässer zu bekommen. Hier können sie nachsehen, ob sie inner- oder außerhalb des Sees nasser werden (ourworld.compuserve.com/homepages/flex/wetter.htm).

Nun verhält es sich ja mit dem Wetter so, daß insbesondere seine Vorhersage in hohem Maße geeignet ist, Schadenfreude oder ungläubigen Neid hervorzurufen. Immer dann nämlich, wenn das Wetter vor Ort verschieden ist von dem Orte, an dem man a) gerne wäre, b) gestern war oder c) ein wichtiger Bekannter/Verwandter weilt. Die damit verbundenen Gefühle kann der geneigte Leser noch durch einen konkreten Einblick in die Wetterverhältnisse vor Ort verstärken. Was bedeutet schon die Aussage ‘drei Grad Nieselregen’ für das eigene Gefühlsthermometer, wenn man statt dessen frierende, nasse Menschen über eine Kreuzung hasten sehen kann und selbst in der Sonne sitzt?

Die Donnerwetterfrösche haben sich die Mühe gemacht, eine Deutschlandkarte mit Standorten über das Internet zugänglicher Kameras zu versehen. Ein Klick auf den jeweiligen roten Punkt läßt die lieben Verwandten Tante Käthes Urlaubsregen auf Rügen quasi live miterleben. Was gibt es schöneres als Schadenfreude...

Neben den beschriebenen Diensten bietet Donnerwetter einen ganz "normalen" Vorhersageteil mit Sektionen für Reise- und Straßenwetter sowie ein Wetterlexikon. Alles ist kostenlos und grafisch sehr ansprechend realisiert. Da fragt man sich, womit die Leute ihr Geld verdienen.

Da wir gerade bei Kamerabildern sind: wer Lust hat zuzuschauen, wie man "Wetter macht", klicke mal http://emb.net/meteomed/kamera/livecam1.html an. Mit etwas Glück saust dort gerade Wetterstar Jörg Kachelmann durchs Bild.

Wer es für ein Gerücht hält, daß das Gute nahe läge und statt dessen lieber in die Ferne schweift, sollte einen Blick nach Colorado werfen. Dort gibt es Informationen zum Wetter im Weltraum(!). Dem nächsten Marsurlaub steht damit nichts mehr im Wege. Der geneigte Weltraumbummler findet hier alles, was er über Sonnenwinde, Magnetstürme und dergleichen mehr wissen muß. Neben fundierten (englischen) Informationen über die Wetterphänomene im Weltall bietet dieser Server eine Menge sehr beeindruckender Photos extraterrestrischer Wetterereignisse.

Vielleicht interessiert aber gar nicht das Wetter im Weltraum, sondern das irdische, wie es vom Weltraum her aussieht. Ein Klick auf die Web-Seite des Instituts für Meteorologie der FU Berlin genügt, und ein MPEG-Filmchen mit einer zwölfstündigen Animation der Meteosat-Satellitenbilder rauscht über den Bildschirm.

Ähnliche Infos bietet ein [gopher://gopher.ssec.wisc.edu/11/gsdc.d Gopher-Server] für den nordamerikanischen Raum. Und auch [gopher://gopher.ncc.go.jp/11/INFO/weather/gms Asienurlauber] kommen auf ihre Kosten.

Satellitenbilder, Temperaturgradienten und dergleichen vermitteln zwar den Eindruck hoher Wissenschaftlichkeit und Wahrheit; Mystik und Stil eines Froschglases, umhergeworfener Knochen oder Kaffeeprütt jedoch lassen sie vermissen. Wer nach all diesem Hightech-Kram wieder "back to earth" möchte, findet unter www.edv.agrar.tu-muenchen.de/dvs/persons/becker/bauernrg.html Wetterprophezeihungen auf Basis alterprobter Bauernregeln.

Besitzer eines Exemplars der Gattung Hyla arborea, die nach der Lektüre dieses Artikel ihren alten Prognosevorlieben abschwören und immer brav das Internet nutzen werden, stehen natürlich vor der Frage, wohin mit dem Kerl. Einerseits bietet sich - politisch korrekt - der Weg zum lokalen Tierschutzheim an. (Die Verwertung des Vorhersagenden als Vorspeise lassen wir - ebenfalls politisch korrekt - lieber aus.) Andererseits - der Vorschlag für Sadisten - könnte man ja mal nachschauen, wie er eigentlich funktioniert, der kleine grüne Freund. Ein Online-Tutorial liefert eine Anleitung zum Aufmachen. (ka)