Schrott & Co

Nicht nur die Rücknahme und Wiederverwertung von PCs und Altgeräten wird im nächsten Jahr für die IT-Branche gesetzlich bindend. Auch weitere Regelungen verlangen so manche Investition, zumindest aber Kenntnisnahme.

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Von
  • Ute Roos
Inhaltsverzeichnis

Harmonisierungsbestrebungen im EU-Recht, die zunehmende Digitalisierung von Geschäfts- und Verwaltungsprozessen sowie der Ausbau technischer Kontrollinstrumente zur Verbrechens- und Terrorbekämpfung führen auch 2005 zu zahlreichen IT-relevanten Gesetzen und Verordnungen für Behörden, Diensteanbieter, Hersteller sowie Unternehmen.

Für Verwirrung und Unmut sorgte schon im Vorfeld die für Unternehmen ab dem 1. Januar 2005 geltende steuerrechtliche Verpflichtung zur Abgabe von elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen, Umsatzsteuervoranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen [1], denn die Software, die der Bund auf den Websites www.elster.de und www.elsterlohn.de kostenlos zur Verfügung stellt, läuft nur unter Windows-Betriebssystemen. Überdies sind die Auskünfte von Finanzämtern und Ministeriumsmitarbeitern, sofern diese überhaupt von den kommenden Änderungen Kenntnis haben, häufig widersprüchlich (siehe Editorial in diesem Heft).

Mit dem ersten Tag des neuen Jahres endet auch die Übergangsfrist, die der Gesetzgeber im Rahmen der Telekommunikationsüberwachungsverordnung den Providern für die Schaffung der technischen Voraussetzungen zur Überwachung von E-Mails eingeräumt hatte [2]. Ab nun hat der Verpflichtete „am Übergabepunkt eine vollständige Kopie der Telekommunikation bereitzustellen“, und zwar ohne dass der Überwachte oder sein Kommunikationspartner davon Kenntnis nehmen können. Von der Vorhaltung der Überwachungstechnik, deren Anschaffungs- und jährliche Unterhaltskosten Experten mit fünfstelligen Eurobeträgen beziffern, sind Anbieter ausgenommen, an deren Anlage „nicht mehr als 1000 Teilnehmer angeschlossen sind“.

Die diesjährige Neuregelung des Telekommunikationsgesetzes zieht auch die Novellierung weiterer Rechtsverordnungen in den nächsten Monaten nach sich [3]. Gemäß Zeitplan des federführenden Wirtschaftsministeriums (BMWA) sollen diese in der ersten Jahreshälfte 2005 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und damit wirksam werden. Erwähnenswert für Diensteanbieter ist hier unter anderem die Neuregelung der Telekommunikationsüberwachungsverordnung, die die oben genannte ablösen wird, der TK-Kundenschutzverordnung, der TK-Gebührenverordnung sowie der Verordnung zum automatisierten Auskunftsverfahren, etwa für Strafverfolgungs-, Verfassungsschutz- oder Finanzbehörden.

A propos Finanzbehörden: Durch das Zusammenspiel des im Frühjahr geänderten Kreditwesengesetzes, dem Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit und der damit einhergehenden Ergänzung der Abgabenordnung zum 1. April 2005 ist es ab diesem Zeitpunkt Finanz- und weiteren Behörden - beispielsweise Arbeitsämtern - erlaubt, automatisiert auf Konten- und Depotstammdaten sämtlicher Inhaber zuzugreifen [4]. Die Informationen geben Aufschluss darüber, wer wann und wo welche Konten oder Depots eröffnet und wer die Verfügung darüber hat. Die technische Infrastruktur müssen die Finanzinstitute zur Verfügung stellen, die Datenabrufe erfolgen ohne Kenntnisnahme durch die Institute und Kontoinhaber. Gegen diesen massiven Eingriff in das Bankgeheimnis haben eine Bank und ein Rechtsanwalt nun eine Verfassungsbeschwerde eingereicht.

Die Beschleunigung der Ausgabe von qualifizierten elektronischen Signaturen ist Ziel des ersten Gesetzes zur Änderung des Signaturgesetzes [5]. In der Praxis bedeutet das, dass das Identifizierungsprocedere stark vereinfacht wird: So dürfen etwa Signaturaussteller zukünftig zur Identifizierung auf vorhandene Kundendaten zurückgreifen. Da die persönliche Anwesenheit für die Unterweisung ebenfalls entfällt, ist somit die vollständige elektronische Beantragung einer Signatur möglich. Ein Termin für die Gesetzesänderung ist derzeit noch nicht bekannt.

Der 13. August 2005 ist der Stichtag für das salopp „Elektroschrottgesetz“ genannte Elektro- und Elektronikgerätegesetz [6]. Neben Vorschriften, welche Materialien und Stoffe überhaupt und in welcher Menge für die Produktion elektrischer und elektronischer Geräte eingesetzt werden dürfen, schreibt das Gesetz insbesondere die Rücknahme sowie fachgerechte Entsorgung und Wiederverwertung von Altgeräten durch die Hersteller vor. Alle Hersteller müssen sich überdies registrieren lassen und eine Garantie für die Finanzierung der Entsorgung nachweisen.

Zusätzliche Vorschriften, die mit diesen Registrierungs- und Nachweispflichten zusammenhängen, werden schon am 1. Mai 2005 in Kraft treten. Die Verabschiedung des Elektroschrottgesetzes soll noch in diesem Jahr erfolgen. Weitere Informationen sind über die Website der Projektgesellschaft „Elektro-Altgeräte Register“ abrufbar, die eine branchenübergreifende Registrierungs- und Koordinierungsstelle zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben einrichten will (www.ear-projekt.de).

In Sachen Voice over IP zieht die Regulierungsbehörde für Telekommunikation derzeit in Erwägung, die Zuteilungsregelungen für Ortsnetzrufnummern zu ändern. Für die Internet-Telefonie würden sowohl ortsungebundene als auch ortsgebundene Telefonanschlüsse benötigt. Bis Mitte Dezember konnten alle Marktbeteiligten die „Eckpunkte zur Vergabe von Ortsnetzrufnummern für VoIP“ [7] kommentieren. Geplant ist derzeit, dass nicht nur Netzbetreiber, sondern ebenso VoIP-Anbieter ohne eigenes Netz Ortsnummern beantragen können, die diese wiederum an ihre Kunden vergeben könnten. Termine waren bis zum Redaktionsschluss noch nicht veröffentlicht.

Nach wie vor in der Schwebe sind die strittigen Themen deutsches Urheberrecht sowie auf EU-Ebene Softwarepatente und Vorratsdatenspeicherung.

Rechtsgrundlagen und Internet-Quellen
Rechtliche Grundlage Quelle im Internet
[1] Einkommenssteuergesetz (EStG) § 41a Abs. 1, § 41b Abs. 1 und 2 http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/estg/
Umsatzsteuergesetz (UStg) § 18 Abs. 1 http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/ustg_1980/ (alte Fassung)
Steueränderungsgesetz 2003 (StÄndG 2003) http://217.160.60.235/BGBL/bgbl1f/bgbl103s2645.pdf (enthält die neuen Formulierungen)
[2] Telekommunikationsüberwachungsverordnung (TKÜV) § 30 Abs. 1 www.datenschutz-berlin.de/recht/de/rv/tk_med/tkuev22012002.htm
[3] Telekommunikationsgesetz (TKG) §§ 45 Abs. 1, 66 Abs. 4, 108 Abs. 2, 110 Abs. 2 und 9, 112 Abs. 3, 142 Abs. 2, 144 Abs. 4 www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/tkg_2004/index.html
[4] Kreditwesengesetz (KWG) § 24c www.bafin.de/gesetze/kwg.htm
Abgabenordnung (AO) §§ 93 und 93b www.steuernetz.de/gesetze/ao04/
Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit Artikel 2 und 3 http://217.160.60.235/BGBL/bgbl1f/bgbl103s2928.pdf
[5] Erstes Gesetz zur Änderung des Signaturgesetzes (1. SigÄndG) http://dip.bundestag.de/btd/15/034/1503417.pdf
[6] Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) www.bmu.de/files/elektrog.pdf
[7] Eckpunkte zur Vergabe von Ortsnetzrufnummern für VoIP www.regtp.de/reg_tele/03113/index.html

(ur)