18C3: Netzbetreiber warnt vor Einsatz des IMSI-Catchers

Das umstrittene Abhörgerät führt laut T-Mobile zu erheblichen Netzstörungen, erfüllt aber die Einsatzziele nur notdürftig.

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Der Einsatz des umstrittenen IMSI-Catchers zur Überwachung von Mobiltelefonen führt den Netzbetreibern zufolge zu erheblichen Störungen des Funkverkehrs, erfüllt aber die Ziele der Ermittler und der Geheimdienste nur über Umwege. Das verdeutlichte Gerhard Kramarz-von Kohout, Leiter Technisches Sicherheitsmanagement bei T-Mobile am heutigen Freitag auf dem 18. Chaos Communication Congress in Berlin. Noch sei die Verwendung des Lokalisierungsgeräts, das tief in das Fernmeldegeheimnis auch unbeteiligter Nutzer eingreife, zudem rechtlich nicht für alle Einsatzzwecke geregelt.

Das vom Bundestag vor Weihnachten abgesegnete zweite Anti-Terrorpaket aus dem Bundesinnenministerium schafft zwar erstmals von Januar an eine gesetzliche Einsatzgrundlage für den IMSI-Catcher . Die gilt allerdings nur für die Geheimdienste, nicht für Strafverfolger, wie Kohout betonte. Zu diesem Zwecke müsste der Gesetzgeber eigentlich erst eine entsprechend klare Regelung in die Strafprozessordnung einbauen, auch wenn die Bundesregierung die Nutzung des IMSI-Catchers durch die Polizei als "halblegal" betrachte.

Ganz abgesehen von der rechtlichen Situation sieht T-Mobile genauso wie die anderen Netzbetreiber die "Gefahr erheblicher Netzstörungen" vom IMSI-Catcher ausgehen. Ein von dem Abhörgerät "gefangenes" Handy sei für mehrere Minuten nicht im System eingebucht und der Nutzer könne daher keine Notrufe absetzen, erläuterte Kohout. Das könnte im Zweifelsfall "katastrophale Folgen" haben. Zudem könne es auch weitab vom eigentlichen Einsatzort zu Gesprächsabbrüchen kommen, vor allem, wenn das eine Funkzelle simulierende und darin eingebuchte Handys in das "falsche Netz" umleitende Gerät mit mehr als der eigentlich vorgesehenen 0,1 Watt Leistung betrieben werde.

Die Netzbetreiber sehen damit etliche Lizenzprobleme auf sich zukommen, die mittelbar auch zivilrechtliche Prozesse von Kunden nach sich ziehen könnten. So wird den Mobilfunkanbietern nicht nur das -- von der Polizei oder Geheimdiensten kurzfristig ausgehebelte - exklusive Nutzungsrecht ihrer GSM-Frequenzen zugestanden, sondern ihnen auch eine Versorgungspflicht mit einer zu gewährleistenden Mindestqualität auferlegt. Auch einen "Notrufdienst" müssen die Betreiber sicherstellen. Bedenklich sieht Kohout ferner die Verletzung der Privatsphäre, die vor allem bei "Fehlversuchen" der Lauscher stark zunähmen. Da unter Umständen auch "ganze Gespräche" dem Sicherheitsmanager von T-Mobile zufolge vom IMSI-Catcher aufgezeichnet werden könnten, "sind viele Unbeteiligte betroffen."

Die Einsatzziele des Geräts, über dessen genaue Funktionsweise der Münchener Hersteller Rohde und Schwarz genauso wie seine staatlichen Kunden Stillschweigen wahren, sind laut Kohout mit dem Stand der Technik nur auf Umwegen zu erreichen. Die Ermittler und Dienste dringen auf den Einsatz des IMSI-Catchers mit dem Argument, damit Terroristen und andere Kriminelle lokalisieren zu können. Möglich ist damit allerdings nur "die Verfikation eines Aufenthaltorts" eines Handys, so Kohout. Die angebliche "Wunderwaffe" fragt hauptsächlich die weltweit eindeutige Identitätsnummer (International Mobile Subscriber Identity - IMSI) von Handys ab. Überprüfen lässt sich damit zunächst nur, ob sich ein Verbrecher tatsächlich an einem vermuteten Standort befindet.

Um auf Basis der vom IMSI-Catcher gelieferten Vorerkenntnisse eine gesetzlich geregelte Abhöraktion starten zu können, brauchen die Ermittler zudem Name und Rufnummer des Verfolgten. Eine Zuordnung der IMSI zu diesen Daten können inländische Netzbetreiber liefern. Kaum eine Chance sieht Kohout allerdings bei ausländischen Anbietern. Kein Catcher helfe zudem bei Kriminellen weiter, die regelmäßig ihre Karten und ihre Handys wechseln.

T-Mobile fordert von der Regierung nun fundierte Feldversuche mit dem IMSI-Catcher und hat dazu die Nutzung ihres Labors angeboten. Auf Basis dieser Forschung müsse die Regulierungbehörde für Telekommunikation und Post dann entscheiden, ob eine "erhebliche Störung" anderer Mobilfunkteilnehmer vorliege. Die Frequenzverteilungsverordnung untersage nämlich derlei Eingriffe. (Stefan Krempl) / (wst)