Microsoft und die GPL: Freiheit, die ich meine ...

Die von Microsoft verkündete neue Offenheit, die Pluspunkte im Kartellverfahren der EU bringen sollte, könnte sich als subtiler Angriff auf renommierte Open-Source-Projekte entpuppen.

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Von
  • Peter Siering

Mitte März hatte Microsoft seinen neuen Schmusekurs mit dem Mitbewerb angekündigt und gleich Taten folgen lassen: Erweiterungen, die die Redmonder für Windows 2000 am Authentifizierungsprotokoll Kerberos vorgenommen und bisher für Dritte mehr oder minder unter Verschluss gehalten hatten, wurden als Internet-Draft offen gelegt. Gleichzeitig kündigten sie an, auch den Code des "Common Internet File System" (CIFS) freizugeben. Damit hat Microsoft zwar inzwischen begonnen, die Einsichtnahme zur Implementierung alternativer Software aber unter besondere Vertragsbedingungen gestellt.

Dieser Vertrag definiert eine so genannte "IPR Impairing License". Sie könnte eine Software unter GPL generell verbieten, die auf den von Microsoft preisgegebenen Informationen aufbaut, befürchtet etwa die Arbeitsgruppe zu Software-Patenten des Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII). In bestem Juristenenglisch beschreibt Microsoft diese "IPR Impairing License":

"shall mean the GNU General Public License, the GNU Lesser/Library General Public License, and any license that requires in any instance that other software distributed with software subject to such license (a) be disclosed and distributed in source code form; (b) be licensed for purposes of making derivative works; or (c) be redistributable at no charge."

Für diese Lizenzformen gilt dann laut dem Microsoft-Dokument:

"3.3 IPR Impairing License Restrictions. For reasons, including without limitation, because (i) Company does not have the right to sublicense its rights to the Necessary Claims and (ii) Company's license rights hereunder to Microsoft's intellectual property are limited in scope, Company shall not distribute any Company Implementation in any manner that would subject such Company Implementation to the terms of an IPR Impairing License."

Derzeit wird in Open-Source-Kreisen dieser Schritt Microsofts heiß diskutiert. Dabei spielt auch die Patentierbarkeit von Software eine Rolle. In seiner Lizenz erwähnt Microsoft explizit zwei Patente auf Verfahren innerhalb von CIFS, und zwar die US-Patente mit den Nummer 5,265,261 und 5,437,013.

Die Patente und das GPL-Verbot könnten den Entwicklern des freien SMB-Servers Samba das Leben schwer machen -- sie könnten zukünftig von Microsoft zum Nachweis genötigt werden, dass sie in Samba implementierte Funktionen nicht über die Lektüre der offen liegenden Dokumente in Erfahrung gebracht, sondern anderweitig erarbeitet haben. Allgemein werden in Open-Source-Kreisen die Klauseln in Microsofts Lizenzvertrag zu CIFS als direkte Attacke auf GPL-Software gewertet. Ob allerdings etwa die FreeBSD-Lizenz nicht unter diese Restriktionen fällt, ist bislang unklar -- immerhin hat Microsoft selbst beispielsweise eine Implementation der Common Language Infrastructure (CLI) von .NET für FreeBSD als so genannte Shared Source herausgegeben. (ps)