Bio-Programmierung: Code des Moderna-Impfstoffs gegen Corona veröffentlicht

Eine Forschungsgruppe hat sich Impf-Abfälle geschnappt und im Labor sequenziert. Nun ist auch für den Moderna-Impfstoff klar, wie er die Immunreaktion auslöst.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 233 Kommentare lesen
Update
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Dusan Zivadinovic

Wissenschaftler der Universität Stanford haben Reste der von BioNTech und Moderna hergestellten Corona-Virus-Impfstoffe BNT162b2 und mRNA-1273 vor dem Mülleimer gerettet, sequenziert und den so ermittelten mRNA-Code veröffentlicht. Dabei kam heraus, dass sich die beiden Impfstoffe nur unwesentlich unterscheiden. Das deckt sich mit der sehr hohen Wirksamkeit der beiden Impfstoffe (95 Prozent und 94,1). Die US-amerikanische Behörde für Lebens- und Arzneimitte FDA (Food and Drug Administration) hatte die Sequenzierung der Impfstoffe für Forschungszwecke genehmigt.

Neben allgemeinem Interesse der Öffentlichkeit am Code, den BioNTech und Moderna für die Immunisierung verwenden, ist die Fingerübung der Wissenschaftler auch für die Diagnostik von Bedeutung: Mediziner, die die veröffentlichten Sequenzen in Proben von Patienten finden, wissen nun eindeutig, dass diese keinen infektiösen Ursprung haben, sondern einen therapeutischen.

Die veröffentlichten mRNA-Sequenzen unterscheiden sich nur wenig. Beispielsweise sind die Stopp-Codon-Elemente verschieden lang. Sie dienen dazu, die Übersetzung der mRNA zum Spike-Protein zu beenden (Translation). Das nachfolgende Element (3’ UTR) ist beim BioNTech-Impfstoff deutlich länger. Generell trägt dieser Abschnitt in mRNAs zur Steuerung der Synthesegeschwindigkeit bei und zur geordneten Ablösung vom Syntheseapparat, dem Ribosom. Man hat in der Vergangenheit verschiedene UTR-Enden aus Tieren, Menschen und Pflanzen isoliert. Das von BioNTech genutzte UTR-Ende kombiniert zwei sehr effiziente Elemente und ist deshalb länger.

Nebenbei haben die Forscher die gesammelte Impfstoffflüssigkeit nicht nur umgehend analysiert, sondern auch Reste, die sie 42 Tage lang bei 4°C gelagert hatten. Dabei kam heraus, dass auch nach diesem sehr langen Zeitraum viele mRNA-Moleküle noch unbeschädigt sind und die ursprüngliche Sequenz aufweisen.

Die mRNA ist zwar nicht der einzige Bestandteil des Impfstoffs, aber der wichtigste. Die Forscher interpretieren das Ergebnis so, dass die mRNA offenbar nicht allein entscheidend dafür ist, wie kalt der Impfstoff aufbewahrt werden muss, um den erwünschten Immunisierungsgrad aufrechtzuerhalten. Andere Bestandteile der Flüssigkeit können ebenfalls Zerfallsprozessen unterworfen sein, was den Transport und die Lagerung bei sehr niedrigen Temperaturen erfordert.

Bei den mRNA-Impfstoffen, die man gegen das SARS-Cov-2 entwickelt hat, handelt es sich genau besehen um biologische Programme. Sie bringen menschliche Zellen dazu, das Spike-Protein des SARS-Cov-2-Virus in Massen herzustellen, um die Immunabwehr gegen das tatsächliche Virus in Stellung zu bringen. Die labortechnisch ermittelten Sequenzen haben die Forscher auf GitHub veröffentlicht. Vorangestellt sind wie üblich die verwendeten Materialien und Methoden.

Wie die einzelnen Elemente des BioNTech-Impfstoffs zusammenspielen, um zum Beispiel die angeborene RNA-Abwehr der Zelle zu umgehen oder die produzierten Spikes an die Zelloberfläche zu bringen und den Impfstoff anschließend zu zerstören, beschreiben wir ausführlich im Beitrag Corona-Impfung erklärt: So funktioniert der programmierbare BioNTech-Impfstoff.

[Update]: 30.03.2021, 15:14, korrigiert: Stopp-Codonelemente anstatt Stopp-Codons (dz)