Scheuer-Plan: CDU-Obmann gegen geförderten Netzausbau in "grauen Flecken"

Auch in den eigenen Reihen stößt die Initiative von Minister Andreas Scheuer auf Bedenken, nicht erst die "weißen Flecken" auf der Internetkarte zu schließen.

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(Bild: Pixelvario/Shutterstock.com)

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Maik Beermann, Obmann im Ausschuss digitale Agenda der CDU/CSU-Fraktion, kann dem Vorhaben von Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, "zur Förderung des Breitbandausbaus in den grauen Flecken" derzeit nichts abgewinnen. Er sei dafür, erst die weißen Flecken der noch gänzlich nicht mit Internet versorgten Gebiete abzuarbeiten, "bevor man graue angeht", erklärte der Christdemokrat am Mittwoch bei einer Online-Debatte der Kampagne "Deutschland kann digital" zum "Sprung ins Gigabit-Zeitalter".

Scheuer hatte seine Kollegen bei den Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD im September informiert, nach "monatelangen, hartnäckigen Verhandlungen auf höchster Ebene" die Genehmigung der EU-Kommission für einen staatlich geförderten Netzausbau mit gigabitfähigen Anschlüssen auch in Gebieten erhalten zu haben, die bereits mit Bandbreiten mit 30 MBit/s und mehr versorgt sind.

Bis 2023 werde zwar zunächst nur "eine Förderung überall dort ermöglicht, wo noch keine Versorgung mit mindestens 100 MBit/s gegeben ist". Diese Grenze gelte aber nur bei "zuverlässig zur Verfügung stehenden Bandbreiten" und nicht für "sozio-ökonomische Schwerpunkte". Dieser Ansatz könnte aber etwa für ein kleineres Unternehmen im Schwarzwald einen "deutlichen Wettbewerbsnachteil" darstellen, das noch über gar kein Internet verfüge, gab Beermann zu bedenken. Es gelte daher, solche Hindernisse zunächst "schnellstens aus dem Weg zu räumen". Sonst dürften immer mehr ungewollte Offliner die Standortfrage im ländlichen Raum stellen. Es gelte daher, das Verkehrsministerium von einem Richtungswechsel zu überzeugen.

"Herr Kollege, da müssen wir gemeinsam ran", bot Gustav Herzog, Berichterstatter für digitale Infrastruktur der SPD-Bundestagsfraktion, Beermann seine Hilfe gegenüber Scheuer an. Zuvor hatte mit Margit Stumpp die Netzausbauexpertin der Grünen-Fraktion moniert, dass das Schließen grauer Flecken "nichts für die Daseinsvorsorge" bringe. Damit würden die Leute vergessen, "die noch im digitalen Nirwana sind". Die Abdeckung der weißen Flecken sei das eigentliche Teilhabeproblem.

Sie wolle zwar auch rasch hinkommen zu Gigabitgeschwindigkeiten, betonte Stumpp. Für sie ist aber klar: "Wir brauchen nicht überall als erstes den Glasfaseranschluss." Die Grüne ist daher froh, dass mit der laufenden Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) der Universaldienst als Recht auf schnelles Internet endlich Einzug halten solle. Leider habe die Bundesregierung dieses aber noch "völlig unzureichend ausgestaltet".

Herzog ließ durchblicken, dass Schwarz-Rot bei der TKG-Reform nach längeren Verzögerungen und Auseinandersetzungen "an den letzten Halbsätzen" feile. Die Unternehmen sollen beim Glasfaserausbau besser zusammenarbeiten können und schneller werden. Sie müssten beim Einsatz alternativer, nicht so tief in die Erde gehender Verlegemethoden wie Trenching aber Verantwortung für die gebaute Infrastruktur übernehmen. Zudem werde die Koalition beim Verbraucherschutz eine "große Schippe" drauflegen.

Auch wenn nach Jahren der staatlichen Breitbandförderung inzwischen mehr Bagger rollen, hinke Deutschland bei Glasfaseranschlüssen bis zur Wohnung oder zum Gebäude schon im EU-Vergleich weit hinterher, beklagte Béla Waldhauser, Sprecher der Allianz zur Stärkung Digitaler Infrastrukturen des eco-Verbands der Internetwirtschaft. Es seien nur vier Prozent der Häuser angebunden, was aus seiner Sicht "eine Katastrophe" darstelle. Vor allem für Anwendungen in den Bereichen Smart City, Industrie 4.0 und autonomes Fahren müsse die Bundesrepublik hier – auch im Interesse der digitalen Souveränität – deutlich aufrüsten.

Die Abdeckung von potenziell buchbaren Glasfaseranschlüssen liege bei 15 Prozent, ergänzte Sven Knapp aus dem Hauptstadtbüro des Bundesverbands Breitbandkommunikation (Breko). Es liefen aktuell sehr viele Ausbauprojekte für regionale Glasfasernetze, sodass bei den momentanen Kapazitäten der Baufirmen kaum mehr Spielraum bleibe. Die TKG-Novelle als "letztes großes Ausbaugesetz für die digitale Infrastruktur" dürfe nicht bremsen, sondern müsse etwa schnellere digitale Genehmigungsverfahren vorantreiben.

Geld sei genug da, unterstrich Christof Sommerberg von der Deutschen Glasfaser. Bau- und Planungskapazitäten müssten aber besser ausgenutzt werden. Bei den grauen Flecken sei das Potenzial für einen eigenwirtschaftlichen Ausbau groß, sodass der Staat hier nicht eingreifen müsse. Den "großen Wurf" der Entbürokratisierung erwartet der Branchenexperte auch mit der TKG-Reform nicht. Er bezeichnete es daher als "wichtiges Element, Geduld zu haben und die Erwartungen zu managen".

Die Initiative "Deutschland kann digital" hatten der Bundesverband IT-Mittelstand (BITMi) und der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) in Kooperation mit dem eco im März ins Leben gerufen. Der Breko zählt mittlerweile auch zu den Unterstützern. Die Beteiligten wollen damit die Leistungsfähigkeit der heimischen IT-Wirtschaft demonstrieren und der Politik im Superwahljahr Beine machen.

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