Berliner Totalitarismus als Bankrotterklärung

Auf dem Weg zur regierungskonformen Zivilgesellschaft werden Geimpfte zu Auserwählten, im Hintergrund formiert sich Big Data

Die Kaschierung der Ohnmacht nimmt immer skurrilere Formen an: Eine derangierte Politik flüchtet sich in regressive, um nicht zu sagen: totalitaristische Ansprüche – und offenbart dabei als Nebeneffekt einiges an Wahrheit abseits der Show auf der politischen Bühne und in den medialen Programmritualen. So ist es wohl auch der Schleier der "Erfolgsära" Merkel, der sich gerade deutlich zu heben beginnt und Blöße zeigt.

Mit der Gesetzesverschärfung im Infektionsschutz nimmt die Interventionsspirale jetzt weiter Fahrt auf. Sie geht immer weiter in Richtung einer systematischen Planung und Kontrolle der Alltagsabläufe. Droht das Leben im Überwachungsstaat? Letztlich doch nur, weil wir damit einverstanden sind.

Eine Strategie, die keine ist

Sicher ist, die Autokraten werden wie gewohnt als unsere Wohltäter auftreten. Die Leute – das Volk – überlassen sich der Illusion, auf die Art freizuwerden, gespeist von "Hoffnung". Das ist Ziel und schon Ergebnis einer erfolgreichen Inszenierung, die Art emotionaler Aufladung, die beim breiten Publikum gut ankommt. "Hoffnung" ist und ersetzt aber keine Politik.

Im Mittelpunkt aller Kampagnen steht das Impfen als Strategie, die keine ist. Impfstoffe werden auch ohne gesamtgesellschaftlichen Plan entwickelt. Alles, was rund ums Impfen an Strategie im eigentlichen Sinne vorbereitend und flankierend wichtig und erforderlich gewesen wäre, lief und läuft schief, von der Beschaffung angefangen. Es gibt auch erkennbar nicht den politischen Willen, neben der Impfstoffforschung endlich die dringend benötigte Covid-19-Therapie zu fördern und Medikamente zu entwickeln, die helfen, eine Infektion zu überstehen.

Bereits existierende Corona-Medikamente sind kaum öffentlich bekannt. Hier hat die Politik völlig versagt, die nötigen Rahmenbedingungen zu initiieren und Anreize zu schaffen.1

So setzt die Politik zwar auf Impfstoffe, mit einseitiger politischer Propaganda, bietet aber weiterhin außer zunehmend rigorosem Aktionismus keinen Fahrplan und keine Alternativen. Je länger das verpatzte Impfstoffmanagement sich hinzieht, desto mehr Menschen sterben auch aus Mangel an Covid-19-Therapiemöglichkeiten. Diese Politik besteht aus einer grausamen Vielzahl von Defiziten, national und auf Ebene der EU.

Das Scheitern der EU

Das Scheitern der EU in Sachen Impfen ist total. Das europäische Impfprogramm liegt weit hinter dem von Israel und Großbritannien nach dem Brexit zurück; und auch das US-amerikanische Programm zieht trotz schwerster Covid-Probleme an den Europäern vorbei. Nach den gegenwärtigen Daten wird die Normalisierung in Europa mindestens ein Jahr hinter der in den USA und Großbritannien zurückbleiben – und außer Unsummen an Geld, zerstörten Existenzen und einem bleibend lädierten Mittelstand viele zusätzliche Menschenleben kosten.

Das Bürokratiemonster EU blockiert in dieser Frage jede Art strategischer Intelligenz und macht sich selbst, wie es scheint, zu einem Teil des Problems, anstatt entschlossen und wirksam zu handeln.

Während Mitgliedsstaaten der EU seit Monaten auf Impfstofflieferungen warten, mischen im Rennen um Leben und Tod ominöse Geschäftemacher eifrig mit, wie das ZDF-Magazin "Frontal21" unlängst berichtete. Vertriebspartner der Hersteller bieten auf Parallelmärkten über Zwischenhändler offenbar die Vakzine mit zum Teil brutalen Gewinnmargen an.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn tut das Problem beiläufig mit der Bemerkung "Goldgräberstimmung" ab, die Hersteller leugnen offiziell, abgehängte Länder bestätigen indes die Bestellung von Millionen von Dosen – und bezahlen für die begehrte Ware bis zum 16-Fachen der vertraglich zwischen Pharmaunternehmen und EU ausgehandelten Preise.

Und bevor auch nur annähernd "durchgeimpft" ist – in dem verräterischen Unwort werden Individuen zu Nummern wie in der Massentierhaltung –, bevor also "durchgeimpft" ist, treibt ein sinnloser Impfdarwinismus Geimpfte und Nichtgeimpfte auseinander. Daran ändern auch die lachenden Gesichter der Impfpropaganda nichts, von Uschi Glas bis Günther Jauch, die den politischen Ideologen bereitwillig ihr Konterfei zur Verfügung stellen und dabei behilflich sind, das Fernsehvolk bei der Stange zu halten.

Die Aura der Auserwählten

Aldous Huxley (1894-1963) schlug in seinem Roman "Schöne neue Welt" 1932 die Weltformel vor: Zuchtauswahl durch Klonen + andauernde Jugend + permanenter Lustgewinn + wirtschaftlicher Wohlstand = Glück.

Ersetzt man bei der Zuchtauswahl das Klonen durch Impfen, sind wir im Jahr 2021 angekommen, mitten in der Pandemie, die das totgeglaubte Gespenst der Menschenverbesserung gerade zu neuem Leben erweckt, ohne sich annähernd dessen bewusst zu sein, was für Blüten die anhaltende Stümperei da hervortreibt.

Neid und Propaganda wirken dabei als unseliges Paar, aber gewohnt gekonnt zusammen. Die taz beschreibt die Weltoptimierung in der Krise gerade so:

Sobald das Vakzin erst im Blut ist, sind die Glücklichen schön, gottgleich, erhaben und gewähren allen anderen, ein Zipfelchen des Glücks zu berühren. (…) Es ist die Aura von Auserwählten, denn Geimpfte dürfen nun überallhin. (…) Uns ist klar, dass wir ungeimpften Parias sie unbotmäßig bedrängen, aber wir wollen indirekt Teil ihres neuen, ungehemmten Lebens sein und den Windhauch des Möglichen um unsere Nasen wehen spüren.

Über "Impfstoff als Statussymbol" berichtet die FAZ in ihrer Wochenendausgabe2, Titel: "Impfst du noch, oder reist du schon?" Das Glitzerland der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) zählt sich dem Bericht zufolge bereits zur "ersten Impf-Liga": Die Hälfte der rund zehn Millionen Einwohner am Golf sind (Stand Mitte April) "durchgeimpft". In Dubai, der "City of Gold" mit der weltweit höchsten Millionärsdichte, sieht man daher ganz entspannt den Sommer kommen. Die magische Zukunftsformel heißt: "Vaccinated".

Fatales Duo: Corona und Big Data

Unter der Hand gedeihen derweil weiter fröhlich Überwachungsphantasien. Ziel ist die Kontrolle über unsere persönlichen Daten, der weltweit transparente Mensch, den man getrost an die Kandare nehmen kann. Die Corona-Krise bringt Staaten und Protagonisten aus dem Worldwide Business dem Ziel immer näher, hierfür die digitalen Voraussetzungen zu schaffen: Corona und Big Data gehen fatalerweise Hand in Hand.

Milliardär Bill Gates beschreibt Covid-19 als ersten Anwendungsfall dieser Horrorvision. Vor Jahresfrist, am 24. März 2020, erklärte er im Interview mit TED-Moderator Chris Anderson:

Letzten Endes brauchen wir Bescheinigungen darüber, wer eine genesene Person ist und wer eine geimpfte Person ist, denn Menschen sollen nicht um die Welt reisen, solange es Länder gibt, die die Situation nicht unter Kontrolle haben. Es soll aber auch nicht unmöglich sein, dass Menschen dorthin gehen und zurückkommen und sich bewegen können. Letztendlich wird es eine Art digitalen Immunitätsnachweis geben, der die weltweite Öffnung [nach dem Lockdown] erleichtern wird.

Handelsblatt-Journalist Norbert Häring verlinkte dieses Interview und verfolgte nach, wie der Videoclip mit der Aufzeichnung der Rede passend zurechtgestutzt wurde; inzwischen wurde das ursprüngliche YouTube-Konto komplett gelöscht.

Häring kommentiert zu den Plänen:

All das [= die Erfassung der Identität] will das von der US-Homeland Security und dem Weltwirtschaftsforum vorangetriebene Known-Traveller-Programm entwickeln und durchsetzen. Bill Gates ist eines der einflussreichsten Mitglieder des Weltwirtschaftsforums, wenn nicht das einflussreichste.

Das "Known Traveller Digital Identity-Projekt", kurz KTDI, beschreibt den Anspruch, die Grundlagen für ein globales Identitäts-System zu legen, das in Kooperation zwischen Regierungen, Regulierern, Fluggesellschaften, Technologieanbietern und anderen Spielern funktioniert und einen globalen Standard setzt. Vermarktet wird diese Erfassung auch als "digitale Inklusion", vermeintlich zur Einbeziehung benachteiligter Menschen in die Vorzüge der modernen Welt. Häring: "Dank Covid-19 rückt die Schöne neue Welt in Riesenschritten näher."

Bitte nicht "Noch-mehr-Staat!"

Die bundesdeutsche Regierung handelt derweil ersichtlich in Panik: Um keinen Preis möchte man aus der angeschlagenen Ära Merkel mit dem Prädikat "Corona-Chaos" ausscheiden. Die Zeit dafür läuft in der Tat ab. Entschlossenheit, mehr Befugnisse, mehr Lenkung sollen Stärke und Kompetenz signalisieren und so dabei helfen, den Eindruck von Planlosigkeit, Inkompetenz und Agonie am Ende noch zu stoppen.

Der österreichische Publizist Hannes Hofbauer beschreibt den Hang zum gemalten Selbstbild in der Krise in einer kritischen Analyse (und mit Blick auf Gesamteuropa) so3:

Im "entschiedenen Handeln" versteckt sich (…) die Idee, den immer spürbarer werdenden Vertrauensverlust mit autoritären Maßnahmen zu kompensieren.

Auf die Weise hofft man augenscheinlich, den Unionsgedanken im Wahljahr zu retten.

Fazit: Die Komplexität und Dynamik der Krise machen eine intellektuelle und wissenschaftliche Excellent-Initiative nötig, nicht eine größere Ansammlung von Macht. Niemand braucht den starken Mann/die starke Frau, bitte nicht "Noch-mehr-Staat!". Die angestrebte Zentralisierung ist eine Bankrotterklärung. Wenn es tragfähige, gut untersuchte, durchdachte und plausible Konzepte gibt, gibt es auf der Gegenseite - sowohl auf Länderebene als auch in der Bevölkerung - auch Verständnis und Bereitschaft zur Kooperation und Konsens.

Noch mehr Gängelung ist kein Ersatz.

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