Ausprobiert: Prusament PVB, mit Isopropanol glättbares 3D-Druck-Filament

PVB soll sich leicht in 3D drucken lassen und durch Behandlung mit Spezialalkohol glasklar werden. Wir haben es ausprobiert.

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Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Carsten Wartmann
Inhaltsverzeichnis

Beim FFF-3D-Druck formt man das Thermoplast durch Hitze in die gewünschte Form, dabei bleiben eigentlich immer Schichten sichtbar. Je nach Material kann man diese hinterher chemisch glätten, indem man die Oberfläche anlöst. ABS kann man mit Aceton glätten, aber Aceton ist nicht ganz ungefährlich und ABS nicht leicht zu drucken. PLA und PETG lassen sich gut drucken, aber nur mit Chemikalien glätten, die wir nicht guten Gewissens in der eigenen Werkstatt empfehlen können.

PVA (Polyvinylbutyral) hingegen soll Eigenschaften von PLA, wie dessen gute Druckbarkeit, mit mechanischen Eigenschaften von PETG verbinden und ist gleichzeitig mit gut erhältlichem und unproblematischem Isopropanol (IPA) glättbar. Durch die Lösbarkeit in Isopropanol sind Teile aus PVB aber auch perfekt klebbar untereinander, ideal für mehrteilige Drucke. Dies sollte es für dekorative Drucke gut geeignet machen. Mit dem Isopropanol lässt sich aber auch die Transparenz der Objekte sehr erhöhen. Sonstige "transparente" Filamente sind ja durch die Layer und die beim Druck entstehende raue Oberfläche eher nur lichtdurchlässig statt tatsächlich glasklar. Das macht neugierig, deshalb haben wir probiert, wie gut sich das Filament im praktischen Einsatz schlägt.

Perfekt aufgespult

Wir orderten ungefärbtes Prusament PVB direkt vom Hersteller Prusa. Die Lieferung erfolgte schnell; die 500-Gramm-Spule kostete ohne Versand knapp 24 Euro, ist also deutlich teurer pro Kilo als PLA oder PETG. Wie immer bei Prusa war die Spule in einem dichten und wieder verwendbaren Zip-Beutel mit Entfeuchtergel verpackt und das Filament perfekt aufgespult. Auf einem Label wird die Dickentoleranz ausgewiesen und man kann für jeden Meter Filament, online per Barcode, die Abweichungen kontrollieren und weitere Informationen zum Material bekommen. Noch mehr steht in den sehr guten Datenblättern bei Prusa.

Die Daten unserer Testspule

Nun aber zu den bekannten Nachteilen von PVB. Wie man an den Spulendaten sieht, ist die Maßhaltigkeit zwar insgesamt gut, aber im Vergleich zu anderen Prusa-Spulen mit PLA und PETG sind die Abweichungen doch doppelt bis fast das Zehnfache größer. In der Praxis ist das zwar nur bei sehr feinen Drucken auf perfekt eingestellten Druckern relevant, aber gerade wenn man hinterher glätten oder trasparente Deko-Objekte drucken will, doch störend. Hierzu muss aber gesagt werden, dass unsere Spule schon vor einiger Zeit hergestellt wurde und schon etwas länger im Lager bei Prusa lag. Eventuell wurden die Herstellungsverfahren seither noch verbessert.

Für mechanische Bauteile ist die, wie bei PLA, niedrige Temperatur-Resistenz von ca. 55°C zu beachten. Prusa empfiehlt gleichzeitig eine Druckbett-Temperatur von 75°C, dies weist schon auf eine hohe Tendenz zum Warping hin – derTendenz, dass sich längere Objekte verbiegen und vom Druckbett lösen. Weiterhin wird eine niedrigere Haftung der Layer untereinander angegeben, dies kann aber durch die spätere Behandlung mit Isopropanol etwas verbessert werden, besonders fragil waren die Drucke in unserem Test aber auch ohne diese nicht.

Prusament PVB (5 Bilder)

Der auf 60% der originalen Größe reduzierte "Treefrog" ist ein ideales Testobjekt für neue Filamente.

Zuerst wurde von uns ein Treefrog in 60% seiner normalen Größe (Länge etwa 50mm) gedruckt. Es wurde ein Prusa i3 Mk2 mit modifiziertem Bauteillüfter benutzt, als Software PrusaSlicer mit dem von Prusa bereitgestellten Profil. Kritische Stellen sind hier die Vorderbeine, die besonders bei 60% Größe gut die Tendenz zum Curling (Hochbiegen von feinen Details) anzeigen. Der Bauch, der ein recht steiler Überhang ist, ist ein weiterer guter Indikator für die Qualitöt eines Filaments.

In unserem Versuch trat sehr deutliches Curling auf, die Haftung der erst partiell gedruckten Beine reichte aber aus, dass die eine oder andere Kollision von Druck mit der Düse nicht zu einem Fehldruck führte. Es wurden weitere Versuche durchgeführt, unter anderem mit weniger Kühlung und geringerer Druckbett-Temperatur. Leider alles erfolglos, es gingen einige gehbehinderte Frösche vom Bett. Die einzige Methode, die erfolgreich war, bestand darin, die Druckgeschwindigkeit zu verringern. Dies kann global oder per Autocooling im PrusaSlicer geschehen, was dafür sorgt, dass die frischen Schichten Zeit zum Auskühlen haben. Weiterhin steigert ein langsameres Drucken auch die Transparenz, dazu gleich mehr.

Die Haftung ist auf den meisten PEI-beschichteten Druckbetten (siehe Prusa-Material Guide) gut, allerdings neigt auch PVB zum Warpen. Dies kann durch eine höhere Druckbett-Temperatur abgemildert werden, allerdings steigt so wieder die Curling-Tendenz, besonders in Layern nahe dem Druckbett. Zudem ist PVB auch hygroskopisch, d.h. es zieht aus de Luftfeuchte Wasser und damit sinkt die Druckbarkeit. Es sollte also trocken gelagert werden oder muss vor dem Drucken aufwändig getrocknet werden. Man muss also beim Drucken mehr beachten als bei PLA und PETG und dies, verbunden mit dem deutlich höheren Kilopreis, führt dazu, dass man PVB eigentlich nur einsetzen will, wenn man die Drucke hinterher tatsächlich glätten oder glasklar machen will.